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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und blinzelte schließlich zu den Daktylen hinauf. Die Sonne stand genau hinter ihnen, so daß er sie nur als schwarze Schatten erkannte, aber er wußte mit unerschütterlicher Sicherheit, daß auch sie tot waren, ausgelöscht von derselben, gnadenlosen Kreatur, die auch die beiden jungen Frauen getötet hatte.
    »Du bist völlig sicher, daß du heute nacht nicht einen kleinen Spaziergang unternommen hast, von dem ich nichts weiß?« fragte Titch. Der Klang seiner Stimme strafte die bewußt lockere Wahl seiner Worte Lügen. Sie klang belegt, auf eine Art und Weise betroffen, die Skar dem Quorrl bisher gar nicht zugetraut hatte. Stumm schüttelte er den Kopf, schob sein Schwert in den Gürtel zurück und sah sich genauer um, wobei er es fast krampfhaft vermied, die beiden toten
Errish
zu seinen Füßen anzublicken. Aber das nutzte ihm nichts. Er mußte die Toten nicht untersuchen, um zu wissen, was sie umgebracht hatte. Er hatte die Antwort in Titchs Augen gelesen, als er sich zu ihm herumgedreht und ihn angesehen hatte, das stumme, lodernde Entsetzen, das er schon einmal in den Blicken des Quorrl gesehen hatte. Titch kannte die entsetzlichen Wunden, die der
Daij-Djan
schlug, so gut wie er.
    Und selbst, wenn es nicht so gewesen wäre: die Spuren des Kampfes, der hier stattgefunden hatte, waren überdeutlich, und der logische Teil von Skars Bewußtsein lieferte ihm die wenigen restlichen Teile, die nötig waren, das Mosaik vollends zusammenzusetzen. Anschi und ihre Mädchen waren wohl tatsächlich aufgebrochen, um in den Bergen nach ihm zu suchen, aber sie war zumindest klug genug gewesen, eine Wache zurückzulassen; und sei es nur, weil sie vielleicht angenommen hatte, er könnte zurückkehren, um nach den Quorrl zu sehen. Vielleicht war das der Grund, aus dem niemand sich die Mühe gemacht hatte, ihn oben in der Höhle zu suchen, ja, möglicherweise hatte Anschi den Betrug sogar durchschaut und genau
gewußt,
wo er war, war aber davor zurückgeschreckt, ihn gewaltsam aus dem Berg herauszuholen. Und wozu auch? Es reichte, eine Wache zurückzulassen, die den Höhleneingang im Auge behielt.
    Ja, dachte er schaudernd — so mußte es gewesen sein. Anschi hatte sich taktisch klüger verhalten, als er es ihr bisher zugebilligt hatte. Nur eines hatte sie nicht vorausahnen können.
    Daß er nicht allein war.
    Etwas hatte die beiden jungen Frauen getötet; gnadenlos und mit großer Grausamkeit, aber keineswegs schnell: eine dunkle, entsetzlich
breite
Blutspur zog sich über eine Strecke von fast zwanzig Schritten zu einem der erstarrten Körper, und in die Felsen unterhalb der Daktylen waren glasierte schwarze Blitze eingebrannt. Zumindest eine der beiden
Errish
war noch dazu gekommen, ihre Scannerwaffe zu ziehen und sich zu verteidigen. Skar fragte sich, ob sie noch Zeit gefunden hatte, zu begreifen, daß sie gegen eine Kreatur kämpfte, die man nicht töten
konnte.
    »Sie... werden wiederkommen«, sagte Titch stockend. Seine Stimme zitterte. Skar spürte, daß er nur sprach, um überhaupt etwas zu sagen und das entsetzliche Schweigen zu durchbrechen. Der Blick des Quorrl irrte unstet durch das Tal, wie der Skars krampfhaft darum bemüht, nicht die beiden toten
Errish
zu streifen, als hätte er Angst, sich mit etwas von dem zu besudeln, was sie umgebracht hatte.
    Aber er wich auch ihm aus.
    Und plötzlich war Skar gar nicht mehr so sicher, ob er wirklich wußte,
wovor
der Quorrl Angst hatte.
    »Laß uns gehen, Titch«, sagte er.
    Der Quorrl rührte sich nicht, aber er sah ihn auch jetzt noch nicht an, sondern starrte aus weit aufgerissenen Augen auf einen imaginären Punkt irgendwo zwischen ihm und den Felsen auf der anderen Seite des Tales.
    »Titch.«
    »Sie haben unsere Pferde mitgenommen. Und fast unsere ganze Ausrüstung.« Natürlich war es nicht das, was der Quorrl wirklich fühlte. Er klammerte sich einfach an ein paar scheinbar praktische Probleme, um die andere Frage nicht stellen zu müssen, deren Antwort vor ihm lag.
    »Sie haben Kiina mitgenommen«, erinnerte Skar. »Ich muß sie suchen.«
    »Suchen? Und wo?«
    »Das weißt du so gut wie ich«, antwortete Skar, plötzlich wieder zornig. »Aber du mußt nicht mitkommen, wenn du nicht willst.« »Du gibst mich frei?« Titch lachte leise, aber es klang überhaupt nicht amüsiert, sondern nur bitter, fast wie ein Schrei. »Du verlangst nicht mehr, daß ich lebe?«
    »Meinetwegen schneid dir doch die Kehle durch, du blödes Fischgesicht«, fauchte Skar. »Ich kann

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