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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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widersprechen, aber Skar schnitt ihm mit einer entschiedenen Geste das Wort ab.
»Ich«,
sagte er betont, »traue mir durchaus zu, dort hinunterzukommen, ohne gesehen zu werden. Du auch?«
    »Nein«, antwortete Titch. »Aber ich komme trotzdem mit.«
    Skar resignierte. Er hatte einfach keine Lust, schon wieder mit dem Quorrl zu streiten — und er sah im Grunde sehr wohl ein, daß Titch recht hatte. Während der letzten acht oder zehn Stunden hatte er mehr Glück gehabt, als selbst mit dem Wort
Zufall
noch zu erklären war, und vielleicht war es besser, es nicht über die Maßen zu strapazieren. Und außerdem hatte er schlicht und einfach Angst, allein zu sein. Das
Ding
in ihm war nicht besiegt. Es schlief nicht einmal, sondern wartete ab. Skar wußte nicht, was geschehen würde, wenn er allein einer
Errish
gegenübertrat. Ohne ein weiteres Wort hob er seinen Mantel vom Boden auf, hüllte sich in den schwarzen Stoff und trat aus der Höhle heraus.
    Es gab auf den ersten Metern nicht besonders viel Deckung, aber die frühe Stunde kam ihnen zugute. Die Sonne stand noch tief, und selbst kleine Felsen warfen Schatten, die lang und tief genug waren, sie notdürftig zu verbergen. Und der Quorrl legte trotz seiner Größe und Massigkeit ein erstaunliches Geschick an den Tag: Titch huschte fast lautlos neben ihm her, und mehr als nur einmal fiel es selbst Skar schwer, seinen schuppigen Körper zwischen den Felsen auszumachen, durch die sie sich hindurchschlängelten. Skar beobachtete scharf die Umrisse der beiden Daktylen, während sie sich den Hang hinunterarbeiteten. Die beiden riesigen Flugechsen rührten sich noch immer nicht, und Skars Vermutung, daß irgend etwas mit ihnen nicht stimmte, wurde fast zur Gewißheit. Er wußte, wie scharf die Sinne dieser geflügelten Reptilien waren. Die Daktylen hätten sie einfach gewittert, wenn schon nicht gehört.
    Unbehelligt erreichten sie das Ende des Geröllhanges und tauchten zwischen den Felsen unter, die Anschis Lager umgaben. Skar blieb stehen, lauschte. Nichts. Die einzigen Laute, die er hörte, waren das Rascheln des Windes und seine und Titchs gedämpfte Atemzüge. Titch warf ihm einen fragenden Blick zu und machte eine Bewegung, weiter zu gehen, aber Skar schüttelte den Kopf. Lautlos zog er sein Schwert, deutete mit der freien Hand in die dem Talkessel abgewandte Richtung und lief los, ehe der Quorrl Gelegenheit bekam, zu widersprechen. Überflüssig oder nicht, er zog es schon aus reiner Gewohnheit vor, sich dem Lager aus der entgegengesetzten Richtung zu nähern. In weitem Bogen umrundete er die Felsen, auf denen am Abend zuvor Anschis Drachen gesessen hatten, näherte sich der Ebene und hielt wieder an. Ein eisiger Schauer lief über seinen Rücken, als er die gewaltigen Spuren im Sand sah, die die Drachen hinterlassen hatten: Abdrücke riesiger, vierzehiger Klauen, so lang wie ein Mann, der mit ausgestreckten Armen und Beinen dalag, und tief genug, daß er sich bequem darin hätte verbergen können. Titch würde...
    Titch würde gar nichts, denn Titch war nicht da.
    Skar sah erschrocken hoch, blickte nach rechts und links und hinter sich und blinzelte sogar zu den Felsen über seinem Kopf hoch, ehe er sich eingestand, daß er allein war. Er hatte ganz automatisch angenommen, daß der Quorrl ihm folgen würde, aber Titch hatte es nicht getan. Skar unterdrückte einen Fluch, fuhr herum und rannte zu den Felsen zurück, so schnell er konnte. Trotzdem kam er zu spät.
    Titch stand auf der anderen Seite des Tales, als er in das steinerne Oval stürmte, breitbeinig, mit gezogenem Schwert und leicht nach vorne gebeugt, und für einen Moment kam er Skar auch ohne seine goldene Rüstung wie ein schimmernder Racheengel vor, der wie ein Sturmwind über die beiden
Errish
hereingebrochen sein mußte, die vor ihm lagen.
    Skar fluchte, ließ auch den letzten Rest von Vorsicht fallen und rannte mit weit ausgreifenden Schritten auf den Quorrl zu, »Titch!« brüllte er. »Du verdammter Narr! Was —«
    Titch sah auf, als er seine Stimme hörte, und im gleichen Moment, in dem Skar in sein Gesicht blickte, erkannte er seinen Irrtum. Auf den Zügen des Quorrl stand nichts als Verblüffung und Schrecken. Der Sand unter den beiden reglosen Gestalten zu seinen Füßen hatte sich dunkel gefärbt, aber die Klinge seines Schwertes war sauber. Titch hatte die beiden
Errish
nicht getötet. Verwirrt blieb Skar neben ihm stehen, sah erst Titch, dann die beiden
Errish
und dann wieder Titch an

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