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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Haus sinken. Er wollte noch nicht hineingehen.
    Titch schien nichts dagegen zu haben, aber er bedeutete ihm mit Gesten, ein wenig zur Seite zu rücken, wohl, damit er nicht einfach über den Haufen gerannt wurde, wenn jemand das Haus verließ, und Skar gehorchte. Eine Weile blieb der Quorrl einfach stehen, dann setzte er sich in der gleichen Haltung wie Skar auf die Treppe und starrte ins Leere. Skar spürte, daß da etwas war, was Titch wissen wollte, eine Frage, die ihm nicht erst seit ein paar Sekunden, sondern schon lange auf der Seele lag, und er glaubte sogar zu wissen, wie sie lautete. Aber der Quorrl schwieg, und nach einer Weile stand Skar wortlos auf und kehrte freiwillig in sein Gefängnis zurück.

E r verließ den winzigen Raum während der nächsten drei Tage nicht, und er bekam auch Titch und Kiina während dieser Zeit nicht zu Gesicht. Die nächsten achtundvierzig Stunden verbrachte er im Grunde mit nichts anderem als den zwei Tätigkei-ten, in denen er in den letzten Wochen eine gewisse Übung erlangt hatte: Schmerzen und Fieber erleiden und gefangensein. Und langen, wenn auch manchmal recht mühsamen Gesprächen mit Scrat.
    Die alte Quorrl erwies sich als überraschend redselig, aber auch fast ebenso neugierig. Für jede Frage, die er stellte, mußte er drei beantworten, und Scrats Wissensdurst schien unstillbar.
    Sie wollte alles über die Welt wissen, aus der er kam, und die Menschen, die in ihr lebten: Was sie taten, wie und warum. Es gab keine Antwort, mit der sie wirklich zufrieden gewesen wäre. Auf der anderen Seite erfuhr Skar eine Menge über Cron und das Leben auf seinem Gut. Nach seinem eigenen ersten Eindruck war er überrascht, welch hohe Meinung Scrat von diesem riesigen Quorrl hatte. Was er nicht erfuhr, war, was in Cant vor sich ging. Nicht, weil Scrat es ihm nicht sagen wollte, sondern weil sie es einfach nicht wußte. Wie es aussah, hatte mit Ausnahme Crons selbst und einer Handvoll seiner engsten Vertrauten niemand auf diesem Gut jemals eine Reise unternommen, die weiter als zehn Meilen gewesen wäre.
    Erst am Morgen des dritten Tages sah er Titch wieder. Er schlief noch, und vor dem Schießscharten-Fenster war noch Nacht, als der Quorrl lautstark in sein Zimmer gepoltert kam und ihn wenig sanft an der Schulter rüttelte, bis er müde und widerwillig die Augen öffnete.
    »Was…?!«
    »Steh auf«, sagte Titch. »Rasch. Und nimm alles mit.«
    In seiner Stimme war ein fast panischer Unterton, der Skar schlagartig vollends wach werden ließ. Ohne Zeit mit einer Frage zu verschwenden, stand er auf, sammelte seine Kleider ein und sah sich noch einmal aufmerksam um, ob er nichts vergessen hatte. Titch wartete reglos unter der Tür, aber es fiel ihm schwer, zu verbergen, wie ungeduldig er war. Etwas war passiert, dachte Skar. Der Quorrl hatte Angst.
    Sie verließen die Hütte und überquerten den Hof, steuerten jedoch diesmal nicht Crons Wohnhaus an, sondern gingen in die entgegengesetzte Richtung, zu einem großen, würfelförmigen Gebäude, das als einziges hier auf dem Hof ganz aus Stein erbaut war und keine Fenster hatte. Auf halbem Wege begegnete ihnen eine Gruppe Quorrl, mit denen Titch einige hastige Worte in seiner Muttersprache wechselte. Skar verstand sie nicht, aber die Betonung und die raschen, nervösen Gesten, mit denen Titch sprach, verrieten ihm ihren Sinn sehr deutlich. »Krieger?« fragte er einfach, als sie weitergingen.
    Titch warf einen hastigen Blick nach Norden, ehe er antwortete. »Ja. Aber sie kommen nicht unsertwegen.«
    »Warum verstecken wir uns dann?«
    Titch starrte ihn finster an. Seine Antwort bestand nur darin, daß er schneller ging, nicht aus einer Erklärung. Sie erreichten den würfelförmigen Bau. Titch hämmerte mehrmals lautstark mit der Faust gegen die Tür, und Skar konnte hören, wie drinnen ein schwerer Riegel zurückgezogen wurde. Metall klirrte, dann öffnete sich in der Tür ein schmaler Spalt aus gelbem Fackellicht, in dem die Silhouette eines riesenhaften Quorrl erschien. Skar wußte, daß sie Cron gegenüberstanden, obwohl er sein Gesicht nicht erkennen konnte, denn vor dem hellerleuchteten Hintergrund der Tür blieb der Quorrl ein flacher finsterer Schatten. Dicht hinter Titch huschte er ins Haus und blieb wieder stehen, während Cron die Tür schloß und sorgsam den Riegel vorlegte. Neugierig sah er sich um. Der Raum war groß —allerdings nicht so groß, daß er die ganze Breite des Gebäudes eingenommen hätte — und fensterlos.

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