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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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begannen zu wimmern. Die, die sich bewegen konnten, wichen so weit von der Tür zurück, wie es der beengte Raum möglich machte, und die anderen begannen an ihren Ketten zu zerren.
    Es dauerte einen Moment, bis Skar begriff, was Crons Tun bedeutete. Entsetzt und ungläubig zugleich starrte er Titch an.
    Ich soll… dort hinein?« stammelte er.
    »Nicht für lange, Skar«, sagte Titch hastig. »Aber es muß sein.« »Niemals«, sagte Skar.
    Cron lachte böse. »Es liegt bei dir, ob du freiwillig zu deinen Brüdern gehst oder nicht«, sagte er. »Gehen wirst du. Aber du solltest daran denken, daß es bei
mir
liegt, ob ich dich wieder herauslasse oder nicht.«
    Die Drohung in seinen Worten war nicht zu überhören. Skar machte einen Schritt, blieb noch einmal stehen und sah zu Titch hoch. Der Quorrl wich seinem Blick aus.
    »Bitte, Skar«, sagte er. »Sie werden gleich hier sein. Wenn sie dich irgendwo anders als
hier unten
finden, dann sterben wir alle.« »Meint ihr nicht, daß sie hier ganz besonders aufmerksam nachsehen werden?« fragte Skar.
    »Sicher«, antwortete Cron. »Aber sie suchen nach einem Satai, der den Göttern den Krieg erklärt hat. Nicht nach einem verkrüppelten Mann, der kaum genug Kraft hat zu stehen. Geh!«
    Er unterstrich das letzte Wort mit einer herrischen, befehlenden Geste, und Skar trat widerstrebend durch die Gittertür.
    Cron verriegelte das Schloß hinter ihm wieder und wandte sich ohne ein weiteres Wort zum Gehen, aber Titch blieb noch einen Moment da. Auch er schwieg, aber in seinem Blick war etwas, was Skar schaudern ließ; ein stummes Flehen um Vergebung, als wäre das, was er hier sah, noch nicht einmal das Schlimmste.
    Drei, vier Sekunden lang blickten sie einander nur an, dann fuhr der Quorrl herum und rannte aus dem Keller.
    Widerstrebend drehte sich Skar wieder herum und blickte in die Reihe ausgezehrter, schmutziger Gesichter, die ihm entgegenstarrte. Der Anblick erfüllte ihn mit Grauen, zugleich aber auch mit Ekel und Abscheu, obwohl es Männer und Frauen
seines
    Volkes waren, denen er gegenüberstand. Der Gestank war ekelerregend. Auf dem Boden lag verfaultes Stroh, dazwischen Kot und Unrat. Ihm wurde übel. Er machte einen Schritt, blieb 221
    wieder stehen und sah sich hilflos um.
    »Wer… wer seid ihr?« fragte er. »Wie kommt ihr hierher, und wie —«
    »Gib dir keine Mühe, Skar«, sagte eine Stimme neben ihm.
    »Sie können dir nicht antworten.«
    Eine eisige Hand schien nach Skars Herzen zu greifen. Er fuhr herum, riß erschrocken die Augen auf und unterdrückte nur noch im letzten Moment einen Schrei, als er erkannte, wer da zu ihm gesprochen hatte.
    »Kiina!«
    Das Mädchen war so schmutzig und heruntergekommen wie die anderen Gefangenen, und es hockte mit angezogenen Knien in der äußersten Ecke des Verließes, so daß er es bisher nicht einmal gesehen hatte. Kiina blickte ihn an, aber sie machte keine Anstalten, aufzustehen und zu ihm zu kommen. Als er zu ihr ging, sah er, daß sie gefesselt war: ein daumenbreiter Metallring spannte sich um ihr rechtes Fußgelenk, der mit einer Kette an der Wand befestigt war.
    Eine Hand griff nach ihm, als er sich auf Kiina zubewegte.
    Instinktiv schüttelte Skar sie ab und fuhr herum, als andere Finger sich in sein Haar zu krallen versuchten. Ein schmutziges, vom Wahnsinn gezeichnetes Gesicht tauchte vor ihm auf, Finger tasteten nach seinen Augen. Skar schlug sie beiseite und wich einen Schritt zurück, aber der Mann folgte ihm, die Hände wie Krallen nach seinem Gesicht ausgestreckt und kleine, quietschende Töne ausstoßend. Speichel lief über sein Kinn und zeichnete glitzernde Spuren in den eingetrockneten Schmutz darauf. »Verschwinde«, sagte Skar. »Laß mich in Ruhe!«
    Der Mann schien seine Worte nicht zu verstehen. Er kam weiter näher und versuchte abermals, Skars Gesicht zu berühren. Skar packte ihn, versetzte ihm einen Stoß, der ihn rückwärts taumeln und zusammen mit drei oder vier weiteren Gefangenen zu Boden fallen ließ, aber sofort waren andere heran, fünf, sechs, sieben Männer und Frauen, die in eindeutig drohender Haltung auf ihn zutraten. Aus dem Chor wimmernder Stimmen war ein drohender Singsang geworden. Und plötzlich bekam Skar Angst. »Verschwindet«, sagte er drohend. »Kommt nicht näher.« Niemand reagierte auf seine Worte. Skar wich einen weiteren Schritt zurück, spürte, daß er fast an der Wand angelangt war und spreizte die Beine. Drohend hob er die Arme und ballte die rechte Hand zur

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