Eobal (German Edition)
äußeren Anschein her den Eindruck gewinnen, dass hier eine selbstbewusste Macht deutliche außenpolitische Akzente zu setzen vermochte und sich ihrer gewichtigen Rolle in der galaktischen Politik sehr sicher war. Daxxel, der mit etwas schief sitzendem Smoking aus dem Konsulatsgleiter stieg, wollte nicht leugnen, dass die Regierung Eobals über ein gewisses Selbstbewusstsein verfügte, aber das hatte wenig damit zu tun, dass der Planet irgendeine wichtige Rolle in den interstellaren Beziehungen gespielt hätte. Es war vielmehr das Selbstbewusstsein von erfolgreichen Gaunern, die über die Dummheit der Ehrlichen lachten und dabei auch noch einen Hauch von Grandeur zu verbreiten trachteten. Wichtigtuer, wenn man bei den Fakten blieb, aber dann doch bedeutsam genug, dass jemand wie Daxxel hierher entsandt wurde.
Auch Josefine Zant entstieg dem Gleiter. Die Ausgehuniform stand ihr ausgezeichnet und war offenbar in Vorbereitung auf ihren diplomatischen Einsatz maßgeschneidert worden. Zant war bis auf einen Ziersäbel unbewaffnet. Daxxel hatte sich nicht getraut, sie zu fragen, ob diese Waffe im Zweifelsfalle auch zu anderen als nur dekorativen Zwecken genutzt werden konnte, doch er hegte die Vermutung, dass es sich um mehr als ein Schmuckstück handelte. Schusswaffen waren natürlich verboten, spätestens seit dem Vorfall vor drei Jahren, als der antarianische Botschafter in einem Wutanfall – und unter Alkoholeinfluss – ein Delegationsmitglied von Sidon III erschossen hatte.
Es regnete.
Eilfertige Bedienstete in blauer Livree eilten mit altmodischen Regenschirmen zu den ankommenden Limousinen und spannten den Schutz über den Gästen auf. Auch Daxxel kam in den Genuss dieses Services. Gemeinsam schritten sie die gut zwanzig Treppenstufen zum geöffneten Portal hinauf, betraten ein kleines Foyer mit einer Garderobe und gaben die Einladungen ab. Momente später kündigte ein Zeremonienmeister ihre Ankunft im Ballsaal an, ohne dass davon irgendjemand sichtbar Notiz nahm.
Der Saal hatte gigantische Ausmaße. Er wurde in seiner Mitte von einem großen Springbrunnen dominiert, dessen sprühendes Wasserspiel in verschiedenen Farben schimmerte. Der Marmorboden war blank poliert und glänzte trotz der vielen Extremitäten, die ihn bearbeiteten, immer noch wie ein Spiegel. Ein Buffet, mit dem man das Armenviertel der Hauptstadt eine Woche lang ernähren konnte, fand bereits eifrigen Zuspruch. Auf einer seitlich versetzten Empore spielte ein kleines Orchester unaufdringliche Tanzmusik. Nur wenige Tanzpaare hatten sich gefunden, die meisten Gäste waren zu zweit oder in kleinen Gruppen in angeregte Gespräche vertieft. Der Saal war halb voll und es wurden offenbar noch viele weitere Besucher erwartet.
Daxxel blickte nach oben.
In der Luft schwebten kleine Gondeln, die bis zu vier Personen Platz boten und zumindest den Anschein eines vertraulichen Gespräches erzeugten. Daxxel machte sich keine Illusionen, er ging davon aus, dass der eobalische Geheimdienst den Saal hinreichend mit Wanzen und Kameras ausgestattet hatte.
»Ah, Exzellenz, welch Freude!«
Seine Aufmerksamkeit wurde durch eine heraneilende Person beansprucht. Die Frau war von beachtlichen Körpermaßen – in alle Richtungen – und trug ein weites, wie ein Wandvorhang herabfallendes Gewand sowie eine schwere, mit wertvollen Edelsteinen besetzte Kette. Das Doppelkinn unter ihrem etwas zu stark geschminkten Gesicht wackelte ekstatisch, als sie Daxxels Rechte in zwei schaufelförmige, sehr weiche Hände wickelte und schüttelte. Die Außenministerin von Eobal, Clarene Trent II., hielt sich für ausgesprochen leutselig und umgänglich, was sie durch forcierte Fröhlichkeit und, bei längeren Treffen, einen Strom von Zweideutigkeiten zu belegen versuchte. Darüber hinaus war sie in etwa so unfähig wie der Rest der hiesigen Regierung, nur mit dem Unterschied, dass bei ihr der Hass gegen Terra besonders schwer wog. Vor drei Jahren hatten terranische Ermittler einen ihrer Brüder wegen diversen Betrügereien festgenommen und er war zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Trotz aller Versuche Eobals, daraus ein diplomatisches Problem zu machen, hatte sich Terra geweigert, den Inhaftierten vorzeitig zu entlassen, nicht zuletzt, weil eines der Betrugsopfer Mitglied der terranischen Regierung gewesen war. Der Fall war damals heftig durch die Gazetten gegangen, und Clarenes gescheiterter Versuch, sich für ihren Bruder zu verwenden, hatte sich offenbar als
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