Eobal (German Edition)
Sie in mein Quartier zu einem Imbiss einladen.« Er warf einen Blick auf Zant, die sich bisher zurückhaltend benommen hatte. »Sie beide. Meine Männer sagen mir, die Sergeantin hat gut gekämpft. Es ist eine hohe Ehre, wenn ein meranischer Mann dies über eine Frau sagen kann.«
Josefine Zant senkte den Kopf und nahm das Lob entgegen, ohne dass man ihr ansehen konnte, was sie wirklich darüber dachte. Daxxel, der die Anstrengungen der letzten Stunden in den Knochen spürte und längst jedes Gefühl für die verstrichene Zeit verloren hatte, nickte schwach.
»Ein Bissen würde mich sehr freuen«, erwiderte er.
»Dann verlassen wir die Brücke. Folgen Sie mir!«
Ohne den Offizier eines weiteren Blickes oder Grußes zu würdigen, wandte sich der Botschafter ab. Daxxel verneigte sich knapp vor dem Schiffskommandanten, der ihn kalt musterte, dann folgte er RagaNahir.
Der Weg bis zur Kabine des Botschafters war nicht weit. Als sich die Tür öffnete, erkannte Daxxel, dass zwischen einem kleinen terranischen Konsul und einem angesehenen Emissär des Kalifats aus einer noch angeseheneren Familie doch ein signifikanter Unterschied bestand. Mochten die Meraner auch denken, dass die Existenz eine Strafe sei und man so bald wie möglich wieder in das Jenseits übersiedeln sollte, so hatten sie doch ein Händchen dafür, sich in dieser Strafe einigermaßen gemütlich einzurichten. Die Gemächer RagaNahirs jedenfalls boten allen Luxus, zu dem das Kalifat fähig war. Die Einrichtung war bequem und wirkte teuer, kunstvolle Wandteppiche verschönerten das Ambiente, allerlei Kunstwerke, vor allem Skulpturen, waren in dem großen Raum verteilt. Eine Tür führte zu einem weiteren Raum, sicher das Schlafgemach. Daxxel versuchte, keinen allzu erstaunten Eindruck zu machen, konnte aber einen gewissen Neid nicht verhehlen. Selbst, wenn es der Akte gestattet worden wäre, ein Schiff im Eobal-System zu stationieren – mehr als eine Standard-Einzelkabine hätte er nicht erwarten dürfen. Die Unterkunft RagaNahirs erinnerte eher an einen umgebauten Laderaum.
Der eigentliche Blickfang war jedoch nicht das Mobiliar oder eines der durchaus geschmackvollen Accessoires, sondern LedaNahir, die sich auf eine Couch drapiert hatte, angetan mit einem eher leichten Kleid, formal zwar, aber nicht steif. Daxxel musste sich nahezu zwingen, seinen Blick von der Meranerin abzuwenden, und es lag nicht an der Raumtemperatur – obgleich die Meraner eine etwas höhere Durchschnittstemperatur bevorzugten als Terraner –, dass er leicht zu schwitzen begann.
»Setzen wir uns. Aperitifs?«
Er hörte sich irgendetwas Belangloses sagen und suchte sich einen Platz. Als er in die weichen Polster sank, lenkte ihn doch etwas von dem faszinierenden Anblick der Meranerin ab: eine tiefe, lähmende Müdigkeit. Er sah zu Josefine Zant, die sich ebenfalls gesetzt hatte und keinen wesentlich frischeren Eindruck machte.
Er lächelte ihr freundlich zu.
Gläser und Karaffen klirrten, als RagaNahir, ganz der perfekte Gastgeber, sich an der kleinen Bar zu schaffen machte. Daxxel erinnerte sich nicht einmal mehr daran, was er gerade bestellt hatte.
Es klirrte erneut. Ein angenehmer, glockenheller Ton. Daxxel sah wieder zu LedaNahir und lächelte auch diesmal.
Sekunden später schlief er tief und fest.
Kapitel 19
Als er wieder aufwachte, war es dunkel, er lag offensichtlich in einem Bett, war zugedeckt und … trug einen Pyjama.
Für einen Moment gab sich Daxxel gewissen Phantasien hin, wie sie bei Männern, vor allem im Halbschlaf, sehr beliebt waren. Sie hatten damit zu tun, wer ihm den Pyjama angezogen hatte und was dabei noch passiert war oder hätte passieren können oder passieren sollen. Es waren angenehme Phantasien und Daxxel genoss sie einige Minuten lang. Wie immer in solchen Fällen: Je wacher er wurde, desto weniger konnte er sich in diesen Träumereien verlieren und schließlich verlor er die Freude daran.
Er schlug die Augen auf, sah eine Metalldecke über sich, spürte die sanften Vibrationen der weiterhin auf Hochlast beschleunigenden Ruhm des Kalifen unter sich und wusste, dass es Zeit war, aufzustehen. Sein erster Blick galt seiner Uhr, wenn ihn nicht alles täuschte, hatte er gut zehn Stunden geschlafen. Ein wenig schämte er sich dafür. Er hatte schlappgemacht, daran bestand kein Zweifel. Welche Einschätzung RagaNahir wohl geäußert hatte, als er ihn schnarchend auf seinem Sofa entdeckte? Und wo genau war in LedaNahirs persönlicher
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