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Eobal (German Edition)

Eobal (German Edition)

Titel: Eobal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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habe, in die Tischplatte zu beißen. Obgleich er gerade aus der Kantine für Führungskräfte der Polizeizentrale gekommen war und dort wie immer opulent und zufriedenstellend gespeist hatte, fühlte er dieses Bedürfnis in sich aufsteigen. Er war sehr damit beschäftigt, hinter einer gewissen Söldneraktion in einem Gewerbegebiet aufzuräumen, in deren Verlauf 21 Zivilisten und sieben Söldner gestorben waren – sowie wahrscheinlich eine unbekannte Anzahl meranischer Landesoldaten, über deren Schicksal er jedoch nichts wusste und auch nicht wissen wollte. Es war einiges sehr gründlich schiefgelaufen und die Tatsache, dass die Botschaft des Kalifats sich seltsam bedeckt hielt, war eher Anlass zur Sorge als zur Beruhigung. Der Umstand, dass seine Männer erst auf der Bildfläche erschienen waren, als das meranische Dropship bereits wieder auf dem Weg in den Orbit gewesen war, hatte bei vielen Anwohnern für beträchtliche Unruhe gesorgt. Und nicht nur dort, wie zu befürchten war. Egal, wie tief eobalische Beamte im Korruptionssumpf steckten, eine Grundregel wurde jedem eingetrichtert, der eine gewisse Position erreichte: Provoziere niemals das Kalifat. Auf keinen Fall. Für kein Geld der Galaxis.
    Das Problem war: Als man ihn gebeten hatte, in die andere Richtung zu schauen, um gewisse unsichere Elemente im Ring der Perlenhändler ausschalten zu lassen, hatte er nicht einmal gewusst, dass er damit das Kalifat provozieren würde. Es wurden ja Perlenhändler getötet und nicht beschützt – obgleich die Aktion letztlich dem Schutz des restlichen Rings gedient hatte. Und dass die beiden Terraner aus dem Konsulat ins Feuer geraten waren – na ja, das war doch eigentlich nichts, das dem Erzfeind der Akte das Wasser in die Augen trieb.
    Hatte er jedenfalls gedacht.
    Falsch hatte er gedacht.
    Nun saßen ein Dutzend Söldner im Hochsicherheitsgefängnis und seine Kontaktleute bei den Händlern insistierten, dass diese so schnell wie möglich freizulassen waren. Doch das Kalifat wies darauf hin, dass diese Männer am gewaltsamen Tod zahlreicher meranischer Soldaten beteiligt gewesen waren. Es sagte nicht, am Tode wie vieler Männer. Volgaan hatte das Gefühl, dass es so viele gar nicht sein konnten. Aber das Kalifat legte sich nur fest, wenn es ihm zum Vorteil gereichte, was derzeit offenbar nicht der Fall war. Und Theod Volgaan saß zwischen allen Stühlen. Das Schlimmste aber war, dass sich die Regierung, vor allem sein Verwandter, der Präsident, noch nicht gemeldet hatte. Keine öffentliche Exkulpation, kein Verweis oder Tadel, keine Rückendeckung – überhaupt nichts. Das machte ihm richtig Sorgen.
    Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch, betrachtete die Tischplatte aus edlem, importiertem Mahagoni und verspürte Appetit.
    Dann öffnete sich seine Bürotür.
    Das durfte sie eigentlich nicht. Sein Vorzimmer hatte die strikte Anweisung, jeden Besucher abzuwimmeln. Die Tatsache, dass diese Anweisung jetzt nicht ausgeführt wurde, verhieß nichts Gutes. Volgaan versteifte sich hinter seinem Tisch, als er den Ankömmling erkannte.
    Präsident Joaqim Luurt, mehr oder weniger gewähltes Staatsoberhaupt dieser Welt, trat ins Büro, begleitet von drei Leibwächtern. Die Tatsache, dass Volgaan beim »Weniger« seiner Wahl mitgeholfen hatte, war einer der Gründe, warum er heute auf diesem Posten saß.
    Einem Posten, den er möglicherweise in wenigen Momenten verlieren würde.
    Luurt war klein und stämmig, aber ohne Fett unter der Haut. Das breite Gesicht auf dem muskulösen Hals schimmerte rot in der Beleuchtung des Büros und ein feiner Schweißfilm stand auf seiner Halbglatze. Der Präsident war ganz sicher nicht hergekommen, um Volgaan sein tiefstes Vertrauen auszusprechen.
    Luurt war, wie die meisten eobalischen Präsidenten vor ihm und voraussichtlich auch noch vieler seiner Nachfolger, durch eine geschickte Mischung aus Korruption, Erpressung, Manipulation und blanker Drohung an die Macht gekommen. Die Tatsache, dass er nicht nur bereits eine zweite Amtszeit innehatte, sondern diese auch noch durchlebte, legte beredtes Zeugnis über seine außergewöhnlichen Fähigkeiten ab. Natürlich gehörte dazu die Grundeinstellung, niemandem zu trauen und keine allzu engen persönlichen Bindungen einzugehen – das betraf auch und gerade seine Verwandtschaft. Volgaan machte sich daher keinerlei Illusionen über das Maß an Zuneigung, das der Präsident für ihn empfand. Er war ihm nützlich gewesen, mehr als einmal, und

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