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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Wächter. Als unsere stolpernde, kichernde Prozession über den Hof kam, rückten sie vor dem Eingang enger zusammen. Sie beobachteten, wie wir uns näherten, und alle Anzeichen, dass sie getrunken oder sich gelangweilt hatten, waren verschwunden.
    Ryko fuhr mir mit der Nase durch das Haar und flüsterte: »Wir haben es fast geschafft.«
    Neben der Tür hing ein Bronzegong an einem festen Holzrahmen, und sollte uns ein Fehler unterlaufen, würden die Wächter damit die Männer in der Kaserne alarmieren. Übermannt von den Gefahren, die uns bevorstanden, schloss ich kurz die Augen. Selbst wenn es uns gelänge, in Idos Zelle vorzudringen, und wenn ich ihn heilen könnte, müssten wir noch an diesen zweihundert Männern vorbei.
    Ich öffnete die Augen, als Yuso sich vor den Wächtern verbeugte. »N’Abend.« Er schwankte, als er sich zu uns umwandte, und sein betrunkenes Grinsen war überaus gekonnt. »Die reizende Dara und die reizende Sela hier« – er deutete vage auf Vida, fuhr herum und stieß mir den Zeigefinger gegen die Brust – »würden sich gern das mächtige Drachenauge anschauen.« Er blinzelte den Wächtern zu. »Sie haben noch nie eins gesehen.«
    Yuso war ein überzeugender Lügner.
    Der ältere Wächter schüttelte den Kopf. »Entschuldigt, verehrter Leopard. Wie Ihr sicher wisst, ist das unmöglich.« Er trug das Dienstgradabzeichen Bär, bekleidete also einen niedrigeren Rang als der, dem Yuso die Uniform gestohlen hatte.
    Yuso grinste. »Ach komm schon, da hab ich was anderes gehört«, erwiderte er. »Enttäuscht doch die Mädchen nicht. Wir haben es ihnen versprochen.« Er packte Vida bei der Taille und zog sie an sich. Sie quiekte und kicherte. »Sag ›Bitte‹, Dara.«
    »Bitte«, sagte Vida. »Lasst uns rein. Wir könnten euch hinterher … gefällig sein.«
    Bär sah seinen jüngeren Kameraden an, der das Abzeichen der Schlange trug, also den niedrigsten Dienstgrad hatte.
    »Wir werden in einer Viertelstunde abgelöst, Sir«, murmelte Schlange. Er musterte Vida und lächelte.
    »Die da sieht aus, als wäre sie krank«, sagte Bär und wies mit dem Kopf auf mich. Ich spürte, wie Ryko mich näher an sich zog.
    Dela schnaubte. »Sela hat heute Abend ein bisschen zu viel gehabt, stimmt’s, Süße?«
    Ich lächelte verträumt und schmiegte den Kopf an Rykos Brust.
    Bär musterte mein Gesicht genauer. »Ist das eine echte Päonie?« Er klang argwöhnisch. »Die kostet eine Tigermünze.«
    »Natürlich ist die nicht echt«, erwiderte Dela schnell. »So was können wir uns nicht leisten.«
    »Warum ist sie dann geschminkt wie eine Päonie?« Bär senkte sein Ji.
    Durch seine gefütterte Weste hindurch spürte ich, wie Rykos Herz zu rasen begann. Trotz unserer ganzen Planung hatten wir uns keinen Grund ausgedacht, warum eine Päonie sich mit Soldaten von niedrigem Rang herumtrieb.
    Mit letzter Kraft brachte ich ein schrilles Kichern zustande und hob den Kopf. »Die Maske kostet bloß einen halben Tiger. Ich geh auch als Orchidee, aber für das Doppelte – dafür ist ein Tanz dabei.« Ich ließ schwerfällig die Hüften kreisen und war froh, dass Ryko mich dabei im Arm hielt.
    »Ein Tanz?«, fragte Schlange und sein Blick verweilte auf meinem Körper.
    Ich brachte noch ein Lächeln zustande. »Und zwar kein langweiliger Tanz, wie die echten Orchideen sie aufführen – ein richtiger Tanz.«
    Bär räusperte sich und sein Blick sprang zu seinem Untergebenen. »Solche Aufmerksamkeiten könnten wir uns nie leisten, nicht einmal zum halben Preis.« Er kratzte sich am Kinn. »Nicht bei unserem sehr, sehr niedrigen Sold.« Er ließ diese Feststellung wie eine Frage klingen.
    Yuso lächelte. »Wie viel soll es also kosten, das Drachenauge zu sehen?«
    »Einen sechstel Tiger. Pro Person«, sagte Bär sofort.
    »Unerhört«, konterte Yuso. »Einen zwölftel Tiger pro Nase.«
    »Abgemacht.« Bär fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und tauschte einen selbstgefälligen Blick mit Schlange. »Aber beeilt euch. Mit dem Stundenschlag werden wir abgelöst.«
    Yuso ließ ihm die Münzen in die Hand rieseln und es klang beinahe wie eine kleine Gebetsglocke.
    Bär öffnete die Holztür und spähte in eine schwach beleuchtete Kammer. »Ich hab hier fünf für dich. Sie haben bezahlt.«
    Er trat zurück und winkte uns mit breitem Lächeln hinein. »Viel Spaß!«
    Zuerst trat Yuso mit Vida ein, deren gekicherter Dank die Wächter ablenkte. Als Ryko und ich den beiden über die Schwelle folgten, trat Dela eilig

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