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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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nächsten huschend, schafften Ryko und Yuso es zu uns. Sie trugen eine Uniform; die beiden Soldaten, die mit ihnen gewürfelt hatten, waren zweifellos tot oder irgendwo gefesselt. Hart für sie, aber ein Sieg für uns. Jetzt waren wir drei Soldaten und zwei Blütenfrauen. Alle begierig, das Drachenauge in der Zelle zu sehen.
    »Ist alles in Ordnung mit euch?«, flüsterte Ryko Dela zu.
    Ich spürte, wie der Klang seiner Stimme ihre Anspannung milderte.
    »Lady Eona ist verletzt«, berichtete sie. »Messerstich im Unterarm. Sie hat viel Blut verloren.«
    Auf diese Nachricht hin kauerte Yuso sich vor mir nieder und musterte mich. »Könnt Ihr trotzdem weitermachen?«
    Ich nickte, doch ich schloss die Augen, da sich wieder alles zu drehen begann. Yusos schwielige Hand strich mir über die Wange und sein Daumen tastete nach meinem rasenden Puls. Seine Berührung ähnelte der von Sethon so sehr, dass ich zusammenzuckte.
    Er zog seine Hand stirnrunzelnd zurück. »Wir warten nicht bis zum Wachwechsel. Wir gehen jetzt hinein.«
    »Dann haben wir nur eine halbe Stunde, bis die Ablösung kommt«, flüsterte Ryko.
    »Da ist nichts zu machen. Lady Eona hat nicht mehr genug Kraft, um zu warten.« Yuso packte mich bei meinem gesunden Arm und zog mich hoch. »Ryko, trag sie.«
    Mehrere Hände halfen mir auf Rykos breiten Rücken. Ich drückte das Kinn an seine festen Schultern und ließ den verletzten Arm über seine Brust baumeln. Er war inzwischen völlig taub und ich spürte, wie diese Taubheit auf meinen ganzen Körper übergriff. Alles erreichte mich wie aus weiter Ferne: Die Geräusche waren gedämpft, die Gegenstände verschwommen, und selbst Rykos Wärme drang kaum durch den kalten Panzer meiner Erschöpfung.
    Von Säule zu Säule zu schleichen, dauerte eine scheinbare Ewigkeit. Die Wächter tranken noch eine unerlaubte Flasche miteinander und Ryko bewegte sich immer dann ein Stück weiter vor, wenn sie von der Hand des einen in die des anderen wanderte und beide dadurch abgelenkt waren. Bei jedem Warten zählte ich meine Atemzüge. Endlich schoben wir uns um die Ecke des Pavillons und damit aus dem Blickfeld der Wächter. Ryko betrachtete die Übungsarena vor uns – der dunkle Saal und die geharkten Sandflächen waren menschenleer – und lief dann zu den schmalen Stufen an der Rückseite des Gebäudes.
    Einer nach dem anderen rannte von dem dunklen Portikus zu uns herüber. Ryko schlang die Arme fester um meine Taille. Als er den Kopf zu mir drehte, berührten sich unsere Nasen beinahe.
    »Alles in Ordnung?«, flüsterte er.
    »Alles in Ordnung«, log ich.
    Er nickte, doch er ließ sich nicht täuschen.
    Yuso winkte uns vorwärts. Wir gingen um die Sandflächen herum und hielten auf die lange rückwärtige Kasernenmauer der Kaiserlichen Garde zu. Vor dem Staatsstreich waren Ryko, Yuso und die anderen Gardisten in dem Gebäude einquartiert gewesen, doch nun waren gut zweihundert Soldaten dort untergebracht – oder sogar noch mehr, falls Mama Momo recht hatte. Die dunkle Mauer begrenzte die gesamte Länge der Übungsarena und erstreckte sich bis hinter den Pavillon der Herbstlichen Gerechtigkeit. Mir war gar nicht klar gewesen, wie nah die Kaserne bei den Kerkerzellen lag. Gefährlicherweise in Rufweite.
    Am Rand der Übungsarena bedeutete Yuso uns, stehen zu bleiben.
    »Von hier aus«, flüsterte er.
    Ryko setzte mich behutsam ab. Ich schwankte und spürte, wie helfende Hände mich im Rücken stützten: Dela, ein Anker in der wirbelnden, kippenden Welt.
    »Sie kann nicht allein gehen«, flüsterte sie über meine Schulter hinweg.
    »Dann geht sie zwischen euch beiden«, befahl Yuso.
    Dela legte mir von links einen Arm um die Schultern, Ryko legte mir von rechts einen Arm um die Taille. So hielten sie mich aufrecht und mein verletzter Arm war nicht zu sehen.
    Yuso wiederum schlang seinen Arm um Vidas Schultern und sah sich kurz zu uns um. »Bereit?«
    So schritten wir durch das vornehme Tor, das die Übungsarena vom Hof der Gerechtigkeit trennte: drei betrunkene Soldaten und ihre kichernden Begleiterinnen auf der Suche nach neuer Unterhaltung.
    Unter dem eisernen Griff von Ryko und Dela ging ich weiter. Ich grinste zu ihrem Gelächter und zu ihren Scherzen und hoffte, man würde meiner Miene die Strapazen nicht ansehen. Wir gingen am Pavillon der Herbstlichen Gerechtigkeit vorbei; im Lichtkreis der Lampen wirkten Delas Augen wie ausgehöhlt und der Schweiß an Rykos Schläfen glänzte.
    Ich wagte einen Blick auf die

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