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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Neffen wichtig?«
    Ich riss die Augen wieder auf, als der Hauptmann aus dem kleinen Gefolge hinter uns trat, und hielt den Atem an, während er langsam die Reihe der Gefangenen abging und argwöhnisch Abstand zu den knienden Männern hielt, deren offener Hass ihm entgegenschlug. Ein Widerständler spuckte aus und sein Speichel landete vor Yusos Füßen.
    Der Hauptmann blieb vor Dela stehen.
    »Das ist der Contraire, Majestät«, sagte er.
    Dela trug eine Männerrüstung und hatte die Haare zu einem hohen Männerzopf zurückgebunden, doch sie war ganz und gar eine weibliche Kriegerin, grimmig und gnadenlos. Ihre Wunde im Gesicht war wieder aufgeplatzt und das Blut an ihrer Wange sah aus wie eine Kriegsbemalung.
    »Ich wünsche dir einen langsamen, qualvollen Tod«, sagte sie.
    Yuso zeigte ungerührt auf Ryko. »Und das ist der Insulaner. Er hat den Prinzen von Anfang an begleitet.«
    »Warum habt Ihr das getan?«, fragte Ryko. Seine Stimme war hart und scharf wie eine Klinge – doch ich hörte darin den schrecklichen Schmerz darüber, dass er von seinem Hauptmann betrogen worden war.
    »Er hat meinen Sohn in seiner Gewalt, Ryko«, erwiderte Yuso zwischen zusammengebissenen Zähnen.
    Die Männer starrten einander kurz an. Dann ging Yuso weiter und blieb gleich darauf erneut stehen. »Das ist Tozay, sein General.«
    Meister Tozay hob den Kopf; sein faltiges Gesicht war grau und ausgezehrt und die breiten Schultern hingen herab. Er war stets das Bollwerk hinter Kygo gewesen. Jetzt sah ich nur noch einen Besiegten.
    »Schafft sie auf die Plattform«, befahl Sethon. »Alle sollen sehen, wie ich die Perle nehme und den Widerstand breche, ein für alle Mal.«

25
    S ethon schritt auf dem kleinen Podest in der Mitte vor mir auf und ab. Wieder hatte er mir einen Platz auf dem Boden vor seinem Thron zugewiesen, damit alle das Drachenauge ihm zu Füßen sehen konnten. Er hatte die Rüstung und das Untergewand abgelegt und trug nur Hose und Stiefel und sein narbiger, äußerst muskulöser Oberkörper war wegen der Hitze und der unbarmherzigen Nachmittagssonne schweißüberströmt. Ich konnte den Gestank seiner Vorfreude riechen.
    »Zieht ihn aus«, sagte er zu den wartenden Wächtern.
    Auf diesen Befehl hin hob Kygo den Kopf. Ich wusste, dass er keine andere Bewegung mehr zu machen wagte. Er hatte sich einmal gegen seine Wächter zur Wehr gesetzt und einem Mann den Kiefer gebrochen, und seine Wut hatte Dela zehn Stockschläge auf den Rücken eingetragen. Ich warf einen raschen Blick auf den Contraire, der zitternd vor Schmerzen hinter ihm auf den Knien lag, die bleichen Schultern mit roten Striemen überzogen. Sethon hatte Kygo gedroht, ich würde die Nächste sein, falls er sich erneut widersetzte.
    Flink schnitten die beiden Wächter die Lederschnürung von Kygos Kampfweste durch und zogen ihm die Rüstung vom Leib. Dann fuhr das Messer durch sein eng anliegendes Hemd. Seine Augen waren grimmig auf den Horizont geheftet, als ihm der schweißnasse Stoff von der Haut gezogen und sein Oberkörper entblößt wurde. Ich hörte, wie Sethon nach Luft schnappte, als er seine Beute so offen vor sich sah. Ohne den Stehkragen wirkte die Perle noch größer und ihre goldene Fassung war tief in Kygos Hals eingenäht. Wenn die Perle entfernt wurde, dann würde dabei auch sein Hals betroffen.
    Sethon wusste um die Wichtigkeit, ein großes Schauspiel zu inszenieren. Das hatte ich im Palast gesehen, als er Kygos Mutter und Kygos kleinen Bruder, der noch ein Säugling war, vor einer johlenden Soldatenmenge getötet hatte. Nun sah ich es wieder, als er sich darauf vorbereitete, die Perle zu holen. Er hatte befohlen, den Baldachin zu entfernen, und die Flaggenmänner und sein Gefolge nach unten geschickt, damit sie den Soldaten, die den Kommandoturm in einem betäubenden Mosaik aus Farben umgaben, nicht die Sicht versperrten. Von seinen Gefangenen und deren Bewachern abgesehen, befanden sich nur noch drei weitere Männer auf der Plattform: Großlord Tuy, der Arzt und Yuso. Ich fragte mich, warum Sethon den Hauptmann bei sich behielt. Vielleicht, um uns durch die Anwesenheit unseres Verräters zu verhöhnen. Er ließ keine Gelegenheit aus, anderen Schmerz zuzufügen.
    Nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt hatten, verbeugten sich die beiden Wächter und zogen sich zurück, wobei der eine Kygos Kampfweste, der andere das zerfetzte Hemd trug. Dela sah nicht auf, als sie vorbeigingen. Ich biss die Zähne aufeinander und erinnerte mich an die höhnische

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