EONA - Das letzte Drachenauge
wandte sich an die beiden Jäger. »Sollte Lord Ido sich bewegen, schickt ihn zurück in die Schattenwelt.« Die beiden Männer verbeugten sich eifrig.
Ich spürte eine verzweifelte Hoffnung in mir aufsteigen – Sethon war sich offenbar nicht völlig sicher, ob er uns beide unter Kontrolle halten könnte.
»Kommt, Lady Eona«, sagte er. »Nun dürft Ihr einen Eurer Geliebten sterben sehen.«
Er zerrte mich auf die Beine, zog mich vom Podest und führte mich zu Kygo. Auf dem Weg dorthin blieben wir vor Ryko stehen, der sich noch immer keuchend krümmte.
»Was ist los mit ihm?«, fragte Sethon.
Ich legte meinen ganzen Hass auf ihn in mein Schweigen. Ich würde Sethon auf keinen Fall etwas sagen – schon gar nicht über meine Macht.
Er wandte sich an Yuso. »Was wisst Ihr darüber?«
Der Hauptmann verbeugte sich. »Wenn Lady Eona Lord Ido ihrem Willen unterwirft, spürt der Insulaner das – sogar die intimsten Energien. Ich glaube, das geht auch umgekehrt.«
»Ach wirklich?« Sethon lächelte mich an. »Das probieren wir später.« Ein kleines Stück von Kygo entfernt stieß er mich auf die Knie und rief einen der Jäger herbei. »Bewach Lady Eona.«
Ich spürte die heiße Hand des Jägers im Nacken, doch ich war voll auf Kygo konzentriert – genau wie er auf mich. Schweiß tropfte ihm von Stirn und Schläfen und seine Miene war ganz angespannt vor Angst, doch ich sah die verzweifelte Hoffnung in seinen Augen und nickte fast unmerklich. Ich werde es versuchen, ich werde es versuchen, sagte ich ihm mit dem Herzen.
Und dann trat Sethon zwischen uns. Kygo hielt dessen prüfendem Blick stand.
»Also, Neffe, nun ist es so weit«, sagte Sethon. Er beugte sich vor, strich mit seinem dicken Zeigefinger über die Perle und atmete triumphierend aus.
»Der Thron und das Land sind mein rechtmäßiges Erbe«, erwiderte Kygo gemessen und drehte das Kinn von der streichelnden Hand seines Onkels weg.
»Euer rechtmäßiges Erbe?« Sethon schüttelte den Kopf. »Ich hätte schon vor langer Zeit den Thron besteigen sollen, statt Eures kraftlosen Vaters.«
»Mein Vater hat dieses Land gehegt und gepflegt«, sagte Kygo. »Ihr habt es bereits entzweigerissen, um Eures Ruhmes willen.«
»Das könnte man auch von Euch und Euren Versuchen behaupten, meinen Thron einzunehmen.« Sethon warf dem Arzt, der in der Nähe wartete, einen Blick zu. »Ist alles bereit? Ich will, dass es schnell geht. Zwölf Stiche in nur zwölf Atemzügen. Verstanden?«
»Ja, Majestät.« Die Hand, in der er Nadel und Goldfaden hielt, zuckte, als hätte er eine Lähmung. »Aber es ist am Hals, Majestät. Das ist sehr schmerzhaft, und wenn Ihr Euch bewegt, kann es sein, dass ich nicht –«
»Ich werde mich nicht bewegen«, fuhr Sethon ihn an. »Wartet auf dem Podest auf mich.«
Der Arzt verbeugte sich und begab sich auf die kleine Bühne.
Sethon winkte dem Soldaten hinter Kygo. »Halt ihm den Kopf fest.«
Ich spürte, wie mein Körper sich zusammenzog. Der Mann – ein älterer Soldat – packte Kygo mit der einen Hand am Kinn, mit der anderen an der Stirn und drückte ihm den Kopf in den Nacken. Kygo verkrampfte sich, als Sethon Kinras Schwert hob.
»Naiso«, keuchte er.
Ich wollte auf Knien zu ihm hinrutschen, doch ich spürte sogleich die mahnende Hand des Jägers auf der Schulter.
Kygos Stimme brach. »Kümmert Euch um das Land.«
Ich nickte. Tränen stiegen mir in die Augen, sodass ich sein Gesicht einen Moment lang nur verschwommen sah.
»Halt ihn still«, befahl Sethon dem Soldaten, der Kygo den Kopf in den Nacken drückte. »Ich will die Perle nicht beschädigen.«
Der Mann presste Kygos Hinterkopf fester an seinen Oberkörper und flüsterte: »Vergebt mir, mein Prinz.«
Kygo erbleichte. »Ihr tötet Euren König.«
Sethon legte die Spitze von Kinras Schwert an den Rand der Perle. Der Stahl würde endlich bekommen, wonach er sich verzehrte.
»Eona.« Kygo sah an der Klinge vorbei zu mir. »Es ging nie bloß um Macht. Das weißt du, nicht wahr?«
Ehe ich nicken konnte, wich die wilde Liebe in seinem Blick blankem Schrecken, als Sethon ihn mit der Schwertspitze in den Hals stieß. Kygos vernehmliches Einatmen klang wie ein Todesröcheln und er wand sich im Griff der Soldaten. Ich hielt seinen Blick fest, und jeder Schnitt in sein Fleisch schnitt durch meinen Geist. Blut lief ihm über die nackte Brust und an der Klinge hinab.
Sethon löste die Perle heraus. »Ich habe sie!« Er ließ Kinras Schwert fallen und es landete
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