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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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stürzten uns auf ihn, doch der blaue Drache duckte sich weg und kratzte dabei mit einem seiner geschwungenen Hörner an unserem Bauch entlang. Wir krümmten uns.
    Unter uns strömten die Widerständler den Hang hinab und rückten zwischen Idos tiefen Gräben vor. Die Soldaten, die auf dem Landrücken gefangen waren, ritten ihnen tapfer entgegen. Beide Streitkräfte stießen aufeinander und die winzigen Punkte aus Hua zerbarsten zu einem Morast wogender Energie. Der dünne Faden zwischen dem blauen Tier und Ido leuchtete, so als zeigte ein Pfeil an, wo sich das Rattendrachenauge befand.
    »Schickt die Jäger los«, befahl Sethon den Flaggenmännern. »Ido ist direkt vor uns.«
    Das Schwenken der Fahnen übermittelte das Kommando nach unten. Am Fuß der Plattform zerfiel die Formation der Jäger und ihre hellen Punkte gingen auf im wogenden Energieknoten der Schlacht.
    Der blaue Drache brüllte und drehte sich mit einer schnellen, geschmeidigen Wendung zu dem noch unvollendeten Erdspalt hin. Wir fegten herum und rammten ihn mit unserem massigen, zum Angriff gesenkten Kopf und der Aufprall erschütterte nicht nur den roten Drachen, sondern auch meinen Menschenleib. Unsere riesigen Kiefer schlossen sich um den Hals des blauen Tieres. Sethon lachte neben mir, als der Rattendrache mit seinen Opalklauen verzweifelt um sich schlug und sich schließlich aus unserem tückischen Griff befreite.
    Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid!, schrie ich innerlich, doch ich wusste, dass Ido mich nicht hören konnte.
    »Schickt den Rest des roten Bataillons in den Kampf«, befahl Sethon den Flaggenmännern. »Wir bringen das jetzt zu Ende.«
    Da der zweite Spalt noch nicht fertig war, konnte Verstärkung heranfluten. Die dünne Silberlinie wurde zunnächst aufgehalten, doch dann durchstießen die Soldaten die zerrissenen Reihen des Widerstands. Wir flitzten dem blauen Drachen nach und schrien unseren Trotz hinaus, doch wir konnten den Angriff nicht aufhalten, der uns von innen aufgezwungen wurde. Unten stand der dünne Faden der Macht, der Ido mit seinem Tier verband, unter Belagerung. Ein zuckender Kreis aus hellem Hua umgab Ido, doch ein kleinerer Kreis wehrte den Angriff mit letzter Kraft ab: Widerstandskämpfer, die Ido mit ihren Schilden schützten und die Jäger, die ihn gefangen nehmen wollten, zurückzuschlagen versuchten. Als der innere Kreis für einen Moment aufgebrochen wurde, konnten zwei Hua-Punkte durch die Abwehr dringen. Der Machtfaden flackerte und riss. Der Rattendrache brüllte auf.
    »Sie haben ihn!«, jubelte Sethon.
    »Nein«, schrie ich. »Nein!«
    »Beendet Eure Vereinigung.«
    Ich spürte, wie sein Zwang sich um meine Macht legte und mich vom Spiegeldrachen losriss. Die vibrierenden und pulsierenden Farben der Energiewelt bogen sich in die Gestalt des triumphierenden Sethon. Ich stürzte mich auf ihn, mit meinen perlengefesselten Händen, die jetzt nutzlos waren, doch im Geiste schlug ich ihm meine Finger wie Krallen in sein selbstzufriedenes Gesicht. Er packte mich an den Schultern.
    »Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit«, sagte er. »Schaut.« Er zwang mich, auf das Schlachtfeld zu blicken.
    Die Ebene vor uns war nicht mehr wirbelndes Hua. Da waren nur noch kämpfende Leiber, Schreie und aufeinanderprallender Stahl. Staub und Blut spritzten durch die Luft, während Männer herumwirbelten und zustießen. Doch selbst meine ungeübten Augen erkannten, dass die Reihen des Widerstands an Boden verloren. Sie konnten sich nicht halten.
    Sethon blickte über das Chaos. »Wie fühlt es sich an, der Erfüllungsgehilfe bei der Niederlage Eurer Freunde zu sein, Lady Eona?«
    Es fühlte sich an, als würde mir das Herz aus dem Leib gerissen.
    Die Widerstandsarmee ergab sich, später als Sethon erwartet hatte. Kygos Anhänger kämpften bis ans Ende ihrer Kräfte und ihrer Hoffnung und mussten sich schließlich geschlagen geben, weil sie die Unterstützung der Drachenaugen verloren hatten und die Gegner zahlenmäßig überlegen waren. Stumm sah ich zu, wie eine tapfere Kämpfergruppe nach der anderen besiegt und entweder getötet oder gefangen genommen wurde, bis das schmale Schlachtfeld, das Ido durch die beiden Erdspalten geschaffen hatte, zum Beuterevier für plündernde Soldaten und für Aasvögel wurde, die mit ihrem schwarzen Gefieder von Leiche zu Leiche hüpften und sich an den Toten gütlich taten. Ich hatte schon lange keine Tränen mehr und mein Geist war so ausgedörrt, dass ich nicht einmal

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