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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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auf, Eona«, sagte Kygo.
    Ich erhob mich und meine Beine zitterten vor Wut. Er ging wieder mit raschen Schritten hinter mir auf und ab, sodass er meinen Blicken entzogen war. Mit allen anderen Sinnen bemühte ich mich, seinen Bewegungen im Saal zu verfolgen. »Warum soll ich dieser Weissagung glauben, Eona?« Jetzt war er links von mir. »Ich kann die alte Frauenschrift nicht lesen. Der Contraire könnte Euch zuliebe lügen.«
    »Lady Dela ist Euch treu ergeben. Genau wie ich.« Dabei hätte ich es bewenden lassen sollen, doch in meinem Unmut fuhr ich fort: »Und ich bin es auch immer gewesen.«
    Er kam auf mich zu, bis er kaum mehr eine Handbreit von mir entfernt war. Zu nah. Ich hob die Augen nicht, doch ich spürte den durchdringenden Geruch seiner männlichen Wut – und ich merkte, dass etwas jenseits der Worte den Raum zwischen uns füllte.
    »Treu ergeben? Treu ergeben seid Ihr nur Euren eigenen Zielen«, erwiderte er. »Von Anfang an habt Ihr alle dazu gebracht, in die Arena zu gehen, und seither habt Ihr nicht damit aufgehört.«
    Bei diesem ungerechten Urteil blickte ich auf. »Alles, was ich getan habe, geschah im Dienst für Euch«, gab ich wütend zurück. »Ihr kämpft gegen Schatten, die es gar nicht gibt. Ihr gebt mir die Schuld, weil Ihr Euch vor Dingen ängstigt, die Ihr nicht versteht.«
    Das Blut stieg ihm ins Gesicht. »Ihr haltet mich für ängstlich?«
    Gut möglich, dass er mich nicht mehr als Naiso haben wollte, doch er würde dennoch die Wahrheit von mir zu hören bekommen. »Ja«, fauchte ich. »Ihr seid ängstlich, weil Ihr keine Ahnung habt.«
    Er hob die Faust. Ich spannte mich an und wartete auf einen Schlag, doch er wandte sich ab. Mit drei Schritten war er bei dem vollbeladenen Tisch, packte ihn an der Kante und stieß ihn um, sodass das Holz krachte und die Pergamente zu Boden segelten. »Wisst Ihr, was das alles ist?«, fragte er. »Das sind unsere Zahlen. Jedem unserer geübten Kämpfer stehen zwanzig Soldaten meines Onkels gegenüber, jedem Pferd zehn Pferde. Der Großteil unserer Waffen sind keine Schwerter, nicht einmal Jis, sondern Spaten und Mistgabeln!«
    »Dann seid vielleicht Ihr es, der Verderben bringt.« Ich merkte, dass diese Bemerkung gesessen hatte. Ein leichtes Unbehagen prickelte unter meiner Wut, doch ich beachtete es nicht. »Gesagt zu bekommen, man bringe Verderben, fühlt sich nicht gut an, nicht wahr, Kygo?«
    Er kam auf mich zu. »Ich bin der Kaiser«, schrie er. »Und Ihr seid nur eine Frau. Und wisst gar nichts .«
    »Und doch habt Ihr mich zu Eurem Naiso ernannt«, rief ich und sein Hohn verleitete mich zu einer waghalsigen Herausforderung. »Ihr habt gesagt, Ihr wollt die Wahrheit hören? Gut, hier ist sie: Ihr redet Euch ein, dass ich lüge und dass ich nur meine eigenen Interessen verfolge, doch alles, was ich getan habe, war in Eurem Interesse.« Ich zählte an den Fingern ab: »Ich habe Euch die Wahrheit über mein Geschlecht gesagt, ich habe Euch aus Eurem Blutrausch befreit, ich habe Euch aus der Schattenwelt erweckt. Und ich habe Euch nicht geheilt, also habe ich auch nicht Euren Willen gefährdet. Und doch misstraut Ihr mir noch immer.« Eine Eingebung brach dröhnend durch meinen Zorn: »Weil Ihr Angst habt vor mir!«
    Diese Worte auszusprechen, war wie ein Sprung in den Abgrund.
    Er blieb vor mir stehen und seine Augen sprühten vor Zorn. Wir starrten uns an und dieser Moment war entweder ein Neuanfang oder das Ende.
    »Ich habe keine Angst vor Euch«, sagte er schließlich. »Ich habe Angst vor dem, was Eure Macht bedeutet.« Die Anspannung fiel so plötzlich von ihm ab, dass er schwankte.
    Ich nickte, mit einem Mal selbst erschöpft. »Ich auch. Ich weiß so wenig, und doch muss ich jetzt die Drachen retten.«
    Er berührte die Perle an seinem Hals. »Ja.«
    »Das ist zu viel.« Ich machte eine ausholende Bewegung mit dem Arm, als könnte ich alles wegschieben.
    Kygo fasste mich am Handgelenk. »Und doch ist das Eure Bürde – so wie meine Bürde das Kaiserreich ist.«
    Bei seiner Berührung verrauchte meine ganze Wut. Ich schnappte nach Luft, als sein Griff fester wurde und die Müdigkeit aus seinen Augen verschwand. Er zog mich an sich.
    »Wir haben keine Wahl, Eona«, sagte er.
    Entsprangen seine Worte unserer Verpflichtung oder der Energie, die zwischen uns übergesprungen war? Ich neigte den Kopf, um mich vor seinem durchdringenden Blick zu schützen, doch nun sah ich die sinnliche Rundung der Kaiserlichen Perle und das Spiel des Lichts

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