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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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dreckverschmiert. Neben mir blickte Ryko finster hoch. Er trug um den Kopf den tiefblauen Schal der Trang Dein – rebellischen Insulanern, die noch im Vorjahr von der Armee rücksichtslos unterworfen worden waren –, und bis auf ein geflochtenes Lederband über der Brust war sein muskulöser Oberkörper nackt. Nun senkte er den Kopf wieder und blickte auf seine gefesselten Hände. Dieser Teil des Plans hatte mir missfallen: Unserem besten Kämpfer die Hände zu fesseln, war Wahnsinn. Doch wir sollten Frischfleisch für das Vergnügungsviertel sein, und ein Trang Dein konnte nicht in Ruhe dorthin gehen.
    »Und du machst dich zu breit«, maulte ich.
    »Besser, als so ein mageres Flittchen zu sein«, gab Vida um der beiden Soldaten willen zurück, die sich dem Wagen näherten.
    Ich drückte mich in die vordere Ecke, und das resolute Herantreten der Männer ließ mein Herz rascher schlagen. Dela drehte sich auf dem Kutschbock zu uns um. Ihr Haar hing in zwei fettigen Strähnen unter einer Kappe hervor, und sie hatte Stoppeln im Gesicht. Den Schirm der Kappe hatte sie tief in die Stirn gezogen, um den eleganten Schwung ihrer Brauen zu verbergen. Dem Anschein nach war sie ein gedungener Schläger. Ihr Blick huschte über Rykos hängende Schultern und seine aufgescheuerten Handgelenke. Ryko hatte darauf bestanden, die Schnur so festzuzurren, dass sie ihm in die Haut schnitt, sonst würde es verdächtig aussehen. Dela hatte ihm angeboten, das zu übernehmen, doch er war mit der Schnur zu Yuso gegangen.
    »Maul halten«, fuhr Dela uns an. »Oder ihr bekommt meine Peitsche zu spüren.«
    Ein dicker Soldat hob die Hand und sie hielt den Wagen an. Hinter uns brachte Yuso sein Pferd zum Stehen, saß ab, band das Tier an die Hinterseite des Wagens und verbeugte sich vor den Soldaten. Er spielte die Rolle des Menschenhändlers und selbst ich hätte sie ihm fast abgenommen. Ein schütterer Bart hatte sein zerfurchtes Gesicht verwandelt und der kalte Blick, mit dem er uns musterte, zeugte von der Sorge eines Mannes, der seinen Viehbestand prüft.
    »Wohin seid Ihr unterwegs?«, fragte der Soldat und taxierte Vida und mich aus schmalen Augen. Sein Kamerad ging um den Wagen herum und bückte sich, um die Unterseite des Wagens zu kontrollieren.
    »Ins Vergnügungsviertel«, sagte Yuso.
    »Verkauft Ihr die zwei?«
    Yuso nickte.
    Der Soldat verscheuchte eine Fliege von seinem Gesicht. »An wen?«
    »An Mama Momo.«
    »Vielleicht komm ich dich mal besuchen, was, Mädchen?«, sagte er grinsend und knuffte mich in den nackten Arm.
    Ich schrak zurück und die harten Bretter des Wagens gruben sich in meinen Rücken. Die feuchte Berührung und sein stinkender Atem riefen mir wieder die Nacht des Staatsstreichs in Erinnerung – als Sethons Soldaten sich im Blutrausch suhlten und nur Ryko zwischen mir und ihrer Grausamkeit stand.
    Der Soldat stieß ein leises Johlen aus und warf seinem schlanken Kameraden einen Blick zu. »Ich schätze, die hat noch keiner gehabt.«
    »Und deshalb ist sie mehr wert, als Ihr Euch leisten könnt, mein Freund«, sagte Yuso, doch ich sah, wie seine Miene sich verhärtete. Der andere Soldat lachte.
    »Ich kann warten, bis der Preis sinkt«, sagte der mit den schmalen Augen, ging um Hinterseite des Wagens herum und wandte sich Ryko zu. »Ein kräftiger Kerl. Verkauft Ihr den auch an Momo?«
    Yuso folgte ihm und beide taxierten Ryko wie ein Pferd. »Der ist aus ihrer Leibeigenschaft geflohen. Die alte Dame hat eine hübsche Belohnung auf ihn ausgesetzt.«
    »Ah.« Der Soldat sah auf die gefesselten Handgelenke des Insulaners, beugte sich vor und schlug ihm mit der flachen Linken gegen die Stirn, sodass Ryko aufschauen musste. »Du kannst von Glück sagen, dass nicht ich dich gefunden hab, du kastrierter Köter.«
    Ryko hob die Hände und bleckte die Zähne.
    Noch bevor ich Luft holen konnte, hielt Yuso dem Insulaner ein Messer an die Kehle. »Hände runter.« Ryko ließ die Fäuste sinken. Der gewalttätige Ausdruck in seinem Blick war nicht nur gespielt.
    »Schlagkräftig«, bemerkte der Soldat.
    Yuso packte Ryko im Nacken und drückte ihm den Kopf wieder nach unten. »Den lässt Momo wahrscheinlich auch anschaffen.«
    Der Soldat lachte unbehaglich. »Das wäre der alten Hexe durchaus zuzutrauen.« Er trat einen Schritt zurück und warf seinem Kameraden einen schnellen Seitenblick zu. »Alles klar?« Der andere Mann nickte und winkte uns durch.
    Yuso steckte sein Messer wieder ein, band das Pferd los und schwang

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