Ephraim Kishon fur Manager
ab, arbeiteten in fünf Nachtschichten, stahlen Milchflaschen am Morgen und elektrische Birnen aus den Toilettenräumen der öffentlichen Ämter, ihre Frauen verschafften sich einen kleinen Nebenverdienst, indem sie an Stelle
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verschämter Bräute ins rituelle Bad stiegen, aber der Lebensstandard senkte sich um keinen Millimeter.
Führende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft erhoben warnend die Stimme: »Unsere Produktionsrate ist nur um 0,3 Prozent gestiegen. Unsere internationale Verschuldung beläuft sich auf mehr als 5 Milliarden Dolar. Bürger, ihr spielt mit dem Feuer!«
Im Gegenzug ließ sich Weinreb einen Kamin in sein Empfangszimmer einbauen und tauschte seinen Wagen gegen ein neues Modell um. Die Regierung, nicht faul, bewilligte den Parlamentariern eine noch nicht dagewesene Gehaltserhöhung und traf eine Reihe von Maßnahmen zur Senkung des Lebensstandards darunter eine 102prozentige Einkommensteuer unverheirateter Väter mit zwei Kindern. Tatsächlich kam es zu einer vorübergehenden Standard-Stabilisierung, aber nach einigen Tagen wurden neue Steigerungen registriert, die sich besonders in der Lederwarenbranche und im Einkauf importierter Delikatessen geltend machten. »Warum?« schluchzte die Regierung. »Warum senkt ihr nicht... den Lebensstandard ... warum?«
Weinreb zog die Regierung beiseite und flüsterte ihr ins Ohr, so daß es kein Unbefugter hören konnte:
»Wir schätzen einen hohen Lebensstandard genauso wie ihr.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Ach so«, machte die Regierung. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
Und das war die Einleitung zur Debatte über die Inflation.
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Eine historische Begegnung
Unlängst hatte ich in Haifa zu tun und machte auf der Rückfahrt in einem Einkehrgasthaus halt, um einen kleinen Imbiß zu nehmen. Am Nebentisch sah ich einen älteren Juden in kurzen Khakihosen sitzen. Ein nicht alltäglicher, abernoch kein besonders aufregender Anblick. Erst der buschige graue Vollbart machte mich stutzig. Überhaupt kam mir die ganze Erscheinung sonderbar bekannt vor. Immer sonderbarer und immer bekannter. Wäre es möglich...? »Entschuldigen Sie.« Ich trat an seinen Tisch. »Sind wir einander
nicht irgendwo begegnet?« »Kann sein«, antwortete der ältere Jude in den kurzen Khakihosen.
»Wahrscheinlich bei irgendeinem ideologischen Seminar. Da stößt man manchmal auf mich. Mein Name ist Marx. Karl Marx.«
»Doch nicht... also doch! Der Vater des Marxismus?«
Das Gesicht des Alten leuchtete auf.
»Sie kennen mich?« fragte er errötend. »Ich dachte schon, daß mich
alle vergessen hätten.« »Vergessen? Aber keine Spur! Proletarier aller Länder,
vereinigt
euch!«
»Wie bitte?«
»Ich meine - wissen Sie nicht - Proletarier aller Länder -«
»Ach ja, richtig. Irgend so etwas habe ich einmal... ja, ich erinnere mich. Kam damals bei den Massen ganz gut an. Aber das ist schon lange her. Nehmen Sie Platz.«
Ich setzte mich zu Karl Marx. Vor Jahren, drüben in der alten Heimat, hatte ich ihn studiert. Besonders gut wußte ich über den »Zyklen-Charakter ökonomischer Krisen« und über das »Ende des Monopolkapitalismus« Bescheid. Es war ein unverhofftes Erlebnis, dem Schöpfer dieser großartigen Theorienjetzt persönlich zu begegnen. Er sah zerknittert und verfallen aus, viel älter, als es seinen 130 Jahren entsprochen hätte. Ich wollte etwas zur Hebung seiner Laune tun. »Vorige Woche war in der Wochenschau Ihr Bild zu sehen«, sagte ich. »Ja, man hat mirdavon erzählt. In China, nicht wahr?« »Beim Maiaufmarsch in Peking. Mindestens eine halbe Million Menschen. Sie trugen große Bilder von Ihnen und Mao Tse-tung.«
»Mao ist ein netter Junge«, nickte mein Gegenüber. »Vor ein paar Wichen hat er mir sein Foto geschickt.« Behutsam holte der Patriarch ein Foto im Postkartenformat hervor. Es zeigte Maos Kopf und eine handschriftliche Widmung: »Lekowed mein groissen Rebbe, Chawer Karl Marx, mit groisser Achting - Mao.« »Schade, daß ich nicht chinesisch verstehe«, sagte Marx, während er das Bild wieder in die Tasche steckte. »Mit den Chinesen ist alles in Ordnung. Aber die anderen ...« »Sie meinen die Russen?«
»Bitte den Namen dieser Leute in meiner Gegenwart nicht zu erwähnen! Sie sind meine bitterste Enttäuschung, >Pioniere der Weltrevolution< - daß ich nicht lache! Über kurz oder lang wird man sie von den Amerikanern nicht mehr unterscheiden können.« »Meister«, wagte ich zu
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