Epicordia
dass dies ein gutes Zeichen sei. Sie wollte es gerne glauben,
blendete alle Gedanken an die Hand aus und setzte sich auf.
Das Zimmer war dunkel. Das hieÃ, dass Geneva sich im
Bett an der gegenüberliegenden Wand schlafen gelegt haben musste.
So leise es ging, schlich sie zum Fenster, schob eine
der schweren Gardinen zur Seite und blickte hinaus in die steinerne Welt der
Höhlen.
Es war nicht ganz so dunkel wie an der Oberfläche,
aber durchaus äuÃerst schummrig und dämmrig. Konturen waren nur mit Mühe zu
erkennen.
Oh man I said Iâm under the gun
round here.
Sie lieà ihre Gedanken schweifen.
Wenn Epicordia ein Ort war, den man nur in
Ausnahmefällen und mit Erlaubnis betreten konnte, dann musste irgendjemand aus
Epicordia wissen, warum sich die mechanischen Gottesanbeterinnen hier
aufhielten. Irgendjemand musste sie hereingelassen haben.
Bloà wer?
Lara lieà ihren Blick über die nach südländischer Art
meist flachen Bauten schweifen, die gelblich verputzt und mit roten Dachschindeln bedeckt waren. Doch in der Nacht
waren auch die Häuser hier unten bloà grau in grau. Das eigenartige, nächtlich
schwache Licht der Steine fiel durch Hunderte kleiner Torbögen, die Häuser und
Villen und all deren Auswüchse verbanden. Alles, was hier erbaut war, wisperte
ebenso Geschichten durch die StraÃen und Gassen, wie es die Häuser in Ravinia
taten.
Wie viele Leute mochten wohl in Epicordia leben?
Tausend?
Vielleicht mehr.
Auf jeden Fall zu viele, als dass es einfach werden
würde, herauszufinden, wer etwas wissen könnte.
Oder waren es vielleicht die grässlichen
Spinnmenschen? Die Spinngarde, die die Eingänge in diese unterirdische Welt
bewachte?
Aber was hätten sie davon?
Was hätte überhaupt irgendjemand davon, dass die
Gottesanbeterinnen die Tunnel bevölkerten?
Da. Eine Bewegung.
Im Dunkel.
Zuerst hatte Lara es nur am Rande ihres Blickfeldes
und eher nebenher wahrgenommen. Doch nun konzentrierte sie sich, blinzelte,
kniff die Augen zusammen, um zu erkennen, was dort vor sich ging.
Zwei menschliche Schemen schienen aus dem Tor des
Anwesens zu schlüpfen.
Laras Neugier war geweckt. Jetzt musste es schnell
gehen â und vor allem leise. Alles andere war einmal mehr egal. Lara huschte so
leise wie es eben ging aus dem Zimmer. Noch während sie die Treppe
hinuntereilte, pulte sie ein Zopfgummi aus ihrer Hosentasche und klemmte es
Sekunden später in die schwere Eichenholztür der Villa, um später wieder
hineinzukommen und nicht stundenlang in der Nacht dieser eigenartigen Höhlen herumirren zu müssen, bis man ihr
Verschwinden bemerkte und sie wieder einlieÃ.
Am Ende des kantigen Kopfsteinpflasterweges waren die
beiden Gestalten so gerade noch auszumachen. Lara beeilte sich, ohne auffällige
Geräusche zu machen.
Nach einigen StraÃen- und Häuserecken erreichten die
von ihr Verfolgten ein weiteres Anwesen, das an GröÃe und Pomp dem der Familie
Bastiani in Nichts nachstand.
Lara kniff die Augen zusammen, um etwas mehr erkennen
zu könnenââ¦
⦠und stolperte auf dem Kopfsteinpflaster.
Instinktiv versuchte sie sich mit der Hand an der
Häuserecke abzustützen, hinter der sie sich verborgen hatte. Ein Schmerz
durchfuhr sie und Lara stieà unwillkürlich einen Schrei in die Nacht aus,
während sie auf dem Hosenboden landete.
Verflucht.
Aber es war zu spät. Sie hörte Schritte herannahen.
Na klasse, dachte sie. Wenn das nicht die zweite
Riesendummheit innerhalb von vierundzwanzig Stunden war.
Sie versuchte sich an der Mauer hochzurappeln, doch
bevor sie wieder auf den FüÃen stand, waren die beiden Umrisse vor ihr aus der
Dunkelheit aufgetaucht.
»Lara?«, fragte eine Stimme.
»Robina?«, fragte sie ungläubig zurück. »Was tust du hier?«
»Das Gleiche könnten wir dich fragen«, warf Francesco
ein und wollte Lara am Arm wieder aufhelfen. Doch Lara zuckte erneut vor
Schmerz zusammen und so lieà er sie selbst aufstehen.
»Ich folge euch«, erklärte sie pampig.
»Ja, offensichtlich«, seufzte Robina. »Aber warum?«
»Warum? Warum?«, äffte Lara sie nach. »Weil wir
irgendjemanden suchen, der etwas mit diesen mechanischen Mistviechern zu tun
hat. Und jetzt sag mir doch bitte, dass es völlig okay ist, wenn sich nachts
heimlich Leute davonschleichen.«
»Hm«, machte Francesco. Er schien dabei zu
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