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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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beschönigen.
    Â»Kannst du mir verraten, warum ich so dumm bin?«,
jammerte Lara und schlug mit dem Hinterkopf gegen die Holzwand der kleinen
Laube von Patrick Davenport. Sie war den Tränen nahe, alles schmeckte nach
bitterer Selbsterkenntnis, da sie wieder einmal absolut leichtsinnig und
unüberlegt gehandelt hatte.
    Â»Du bist vielleicht etwas voreilig«, gab Patrick nun
zu bedenken.
    Aha. So falsch lag Lara mit ihrer Selbsteinschätzung
also offenbar doch gar nicht. Gott, was fühlte sie sich klein und dumm. Warum
nur tat sie so etwas?
    Dann setzte Patrick sich mit zwei Tassen frisch
gebrühtem Tee an das andere Ende seines Sofas und reichte Lara eine von ihnen.
    Â»Danke«, murmelte Lara kleinlaut.
    Â»Dumm bist du aber ganz sicher nicht«, griff der
Schreiber den Faden wieder auf.
    Danke, dachte Lara. Aufrichtig. Doch sagte sie nichts.
    Ihre Hand pochte unter dem dicken Verband, aus dem nur
ihre Finger herauslugten.
    Geschlagen hatten sie sich zurückgeschleppt, den
ganzen weiten Weg von den tiefsten Höhlen hinauf in das Herz von Epicordia. Die
meiste Zeit über hatten sie geschwiegen. Auch Tom, ihr tapferer, tapferer
Meister Tom Truska hatte keinen Ton von sich gegeben. So häufig hatte Lara ihn
verstohlen angeblickt und beobachtet, wie er alle paar Schritte das Gesicht vor
Schmerzen verzogen hatte, wenn die Schnitte auf seinem Rücken ihn bei einer
Bewegung gepeinigt hatten. Ab und an hatten Francesco und Geneva ihn gestützt,
doch den größten Teil des Weges hatte Tom ohne Hilfe zurückgelegt.
    Aus irgendeinem Grund jedoch hatte sie ihrerseits
keine vorwurfsvollen Blicke von ihm geerntet.
Wenn sich ihre Blicke trafen, dann waren Toms zumeist erfüllt gewesen
von einer stummen, nachdenklichen Traurigkeit.
    Vorwürfe hatte es von Geneva gehagelt, die Lara
zunächst nicht oft genug hatte vorhalten können, wie absolut dämlich und
bescheuert sie sich verhalten hatte.
    Und so etwas von einer Freundin zu hören, tat weh. So
furchtbar weh.
    Tom hatte ihr Einhalt geboten, sie beruhigt und ihr
trotz seiner nur notdürftig bandagierten Verletzungen eine Hand auf die
Schulter gelegt. Er hatte Lara in Schutz genommen vor der wütenden Tirade
Genevas, bis diese letztlich verstummt war. Warum er das getan hatte, blieb
Lara auch weiterhin ein Rätsel. Doch die darauffolgende Periode des verschämten
Schweigens war ihr ebenfalls wie eine Strafe vorgekommen.
    Warum hatte sie auch nicht abwarten können? Was war
los gewesen? Für einen winzigen Moment hatte es ausgesehen, als wäre es das
Einfachste auf der Welt, die Gottesanbeterin zu fangen. Übte denn mittlerweile
alles Mechanische eine derartige Anziehungskraft auf Lara aus, dass sie ihr
Misstrauen in den Wind schlug?
    Schließlich waren sie
wieder im Herzen Epicordias angekommen und von Dottore Lippi, einem
Alchemisten, versorgt worden, der zusammen mit Dottoressa Petrelli die
medizinische Versorgung Epicordias und des Mondvolkes innehatte. Sie führten so
etwas wie eine Praxis, nicht weit von der Villa der Bastianis. Urig wie diese,
strahlten auch die Behandlungszimmer Ruhe aus, selbst wenn die Wände über und
über mit Arzneien und medizinischem Gerät zugestellt waren. Auch hier gab es
einen magischen Spiegel, so wie Patrick Davenport einen besaß. Doch dieser
Spiegel zeigte einen Salon in irgendeinem alten Herrenhaus. Voll und übervoll
mit den Bücherregalen einer in die Jahre gekommenen Bibliothek. Lara dachte,
dass das Haus, zu dem die Bibliothek gehören mochte, sicherlich in der
Oberstadt von Ravinia stand, wusste es aber nicht mit Gewissheit. Immerhin war
auch sie verletzt, und so gab es Wichtigeres zu tun.
    Laut Lippi konnte Lara von echtem Glück sprechen, dass
es sich um einen zwar tiefen, aber ansonsten harmlosen Schnitt handelte. Nicht
auszudenken, was es für ihre Laufbahn als Schlüsselmacherin bedeutet hätte,
wären Sehnen, Knochen oder Gelenke in Mitleidenschaft gezogen worden.
    So hatte der Dottore mit dem dünnen grauen Haar die
Wunde unter lokaler Betäubung genäht und Lara angewiesen, alle paar Tage bei
einem seiner Kollegen außerhalb Epicordias vorstellig zu werden. Auch er
gehörte zum Mondvolk und so war er nur bedingt für die Idee empfänglich, dass
sich Menschen aus Ravinia in sein Reich verirrt hatten, obwohl er ihnen
gegenüber nicht offensiv unfreundlich war. Im Gegenteil, er wirkte eher ein
wenig nachsichtig.
    Toms

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