Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
Vom Netzwerk:
Beifahrertür hinter sich zugezogen hatte,
setzten sie sich in Bewegung. Das Taxi hatte keine Klimaanlage. Wären die
Fenster des Wagens nicht heruntergelassen gewesen, wäre Lara vermutlich in dem
Mief erstickt.
    Sie fuhren durch die rumpeligen Straßen der Stadt,
drängelten sich beharrlich durch die Touristenmassen. Bald schon lag das kleine
Saint Tropez hinter ihnen und sie fuhren eine einsame, staubige Straße in das
ansteigende Gelände im Hinterland hinauf.
    Ihr Taxifahrer versuchte, Tom in ein Gespräch darüber
zu verwickeln, wie schön doch die Landschaft sei und wie gut die Luft – allerdings
hatte er den üblichen Erfolg, wenn es darauf ankam, Tom Truska auf
Small-Talk-Fähigkeiten zu testen.
    Dies alles passte überhaupt nicht in den Herbstregen,
der Laras Leben war. Sonne, Staubwolken, sommerliche Wärme und mediterrane
Meeresluft füllten alles um sie herum, und trotzdem fühlte sie sich wohl. Sie
war aufgeregt. Und außerdem tat es gut, einmal mehr mit Tom irgendwo auf der
Welt unterwegs zu sein.
    Während sie hinauf in die Berge fuhren, wurden die
Anzeichen von Zivilisation um sie herum immer seltener. Die Häuser wurden
blasser, den Straßen fehlte der Asphalt, sodass sie staubig und steinig wurden.
    Sie fuhren Richtung
Westen, während die Straße sie über einen Hügelkamm nach dem anderen führte.
Ein kleines Dorf mit einer Handvoll Häusern lag auf ihrem Weg. Es wirkte wie
eingeschlafen in der Mittagshitze, die durch die Fenster hereinwehte.
    Schließlich bedeutete Tom ihrem Fahrer, am Straßenrand
zu halten.
    Nachdem der Taxifahrer in einer Wolke aufwirbelnden
Staubs hinter der letzten Hügelkuppe und zwischen einer Gruppe verkrüppelt
wirkender Olivenbäume verschwunden war, setzten sie sich in Bewegung. Wie
üblich erklärte Tom nicht, wohin es ging.
    Einige Minuten lang gingen sie im Gänsemarsch am
Straßenrand entlang, obwohl Lara, wenn sie es recht bedachte, nicht wusste,
warum. Vielleicht war es ein Automatismus, denn hier war es so einsam, dass sie
sicher nicht Gefahr liefen, im dichten Verkehr überfahren zu werden.
    Hinter dem nächsten Hügelkamm lag eine seicht
abfallende Ebene, die über und über von Lavendel bedeckt war. Ein Meer von
Blüten in leuchtendem Lila überzog beinahe alles, bis hinunter ins nächste Tal,
während die Sonne darauf hinabstach. Es duftete ein wenig wie nach frischen
Kräutern. Der Geruch stieg einem in die Nase und schien sich irgendwo tief im
Gedächtnis einzunisten.
    Die Straße endete schließlich, nur so etwas wie ein
besserer Trampelpfad schlängelte sich durch die Myriaden von Lavendelfeldern hin zu einem kleinen Haus aus
sandfarbenem Bruchstein. Begleitet von einer Stromleitung auf einfachen hölzernen
Masten.
    Hier lebte Alisha Folders?
War sie auch eine aus jener melancholischen Generation alter Meister, die
irgendwann die Einsamkeit vorzogen?
    Tom schlug den Weg durch den Trampelpfad ein und
Patrick und Lara folgten ihm. Eine dezente Windböe ließ den Lavendel um sie
herum rascheln, während es sonst sehr still, aber heiß war.
    Bald schon erreichten sie den Hof des
Bruchsteinhäuschens und traten auf einen von blassem Schotter übersäten
Vorplatz. Rechts von ihnen lag ein kleiner Schuppen mit einem Wellblechdach und
darin stand ein bulliges Motorrad. Eine echte Harley, dachte Lara und musste
schmunzeln. Die Frau, die hier wohnte, wurde ihr sympathisch, ohne dass sie sie
je getroffen hatte.
    Etwas sprang Tom an. Der duckte sich instinktiv,
konnte aber nicht ausweichen. Ein Tier hüpfte auf seine Schulter und klammerte
sich fest.
    Â»Verdammt«, fluchte Tom und versuchte es
abzuschütteln, während sein Gesicht sich vor Schmerz verzerrte.
    Patrick eilte ihm zu Hilfe und schaffte es
tatsächlich, das Tier von dem Schlüsselmachermeister hinunterzuschubsen.
Geschickt landete das Wesen mit allen vieren auf dem Schotterboden und starrte
sie an. Erst jetzt konnten sie erkennen, dass es sich um ein Kapuzineräffchen
handelte, das nun den Kopf schief legte und sie aufmerksam musterte.
    Â»Hm«, brummte Tom nach dem ersten Schrecken und
klopfte sich den Staub von der Schulter.
    Â»Du magst generell keine Tiere in dieser
Größenordnung, was?«, fragte Lara und ging neben Tom in die Hocke, um das
Äffchen genauer in Augenschein zu nehmen.
    Der Angesprochene rieb sich die Schulter.
    Â»Wenn du diesmal bitte

Weitere Kostenlose Bücher