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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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aus?«
    Â»Hm«, überlegte Tom laut. »Ich glaube, wir haben
einiges zu bereden.«

    Lavendel.
    Alles roch nach Lavendel.
    Alisha hatte ihr kleines Bauernhaus über und über
damit ausgestattet. An allen Wänden oder Balken hingen frische oder getrocknete
Sträuße der lila-blauen Blumen. Im Innern war es angenehm kühl, die dicken
Mauern aus sandfarbenem Bruchstein hielten die sengende Hitze erfolgreich
draußen und die Lavendelblüten erfüllten den Raum mit angenehmer Frische.
    Alles war mit rustikalen,
aber sehr liebevoll gestalteten Holzmöbeln eingerichtet. Doch neben den Blumen selbst zeugten auch die Farben
von Bildern, Wandschmuck oder Teppichen von Alishas Vorliebe für Lavendel. Lara
war sich sicher, dass – sollte sie Alisha einmal in einem anderen Umfeld
begegnen – der Mechanikerin trotzdem noch dieser unvergleichlich beschwingende
Duft anhaften würde.
    Es gab Tee – wie so häufig, wenn es in und um und über
Ravinia etwas zu bereden gab. Darjeeling. Selbstverständlich mit einigen
Lavendelblüten als Zugabe in der Mischung.
    Patrick hielt sich vornehm
im Hintergrund. Es war komisch, denn immerhin hörte auch er Laras Geschichte
zum ersten Mal. Davon, wie sie im Herzen Edinburghs aufgewachsen war, allein
großgezogen von einem tapferen Henry McLane. Davon, wie sie die Bekanntschaft
von Baltasar Quibbes gemacht hatte und von ihren Begegnungen mit allerlei
seltsamen, magischen, guten wie bösen Menschen und Wesen. Und schließlich
erzählte sie auch in aller Ruhe von Roland Winter. Davon, wie seine Komplizen
und Helfer nur darauf gewartet hatten, dass jemand wie Lara in ihre Reichweite
geriet.
    Alisha wirkte nachdenklich, als sie Toms und Laras
Schilderungen hörte.
    Â»Es hatte ja so kommen müssen«, sagte sie dann mit
gerunzelter Stirn.
    Â»Ja?«
    Tom schien nicht ganz zu verstehen.
    Sie blickte hoch und ihre Augen waren sehr ernst.
    Â»Ja«, sie nickte. »Ich war eingeweiht in den Plan,
doch ich wollte nicht mitmischen. Abgesehen davon hätte ich die Uhr, die die
Zeit schneller vergehen lässt, wohl kaum besser hinbekommen, als sie letztlich
war.«
    Â»Stattdessen bist du seit all den Jahren hier«,
stellte Lara fest. »Aber warum?«
    Alisha seufzte und wischte sich eine Strähne ihres
Haars aus dem Gesicht.
    Â»Hier habe ich meine Ruhe, Kind. Nach dem Tod deiner
Mutter und dem ganzen Aufsehen um Roland Winter habe ich beschlossen, dass
Ravinia nicht mehr der richtige Ort für mich ist.«
    Â»Nicht mehr ?«
    Â»Nicht mehr. Genau!«, bekräftigte sie. »Wenn man jung
ist und einen Platz in der Welt sucht, um seine Träume ausleben zu können, ist
Ravinia ein wunderbarer Ort. Oder zumindest war er es für mich. Aber in dem
Augenblick, in dem wir – die wir über besondere Gaben und Talente verfügen – beginnen,
uns damit ernsthaft Schaden zuzufügen oder gar gegeneinander zu kämpfen, bin
ich fehl am Platze. Es geht nicht darum, dass man keinen Streit miteinander
haben darf. Das ist normal, alle Menschen streiten. Aber sobald es nur noch um
das ekelhafte Streben nach Macht geht, gerät etwas aus dem Lot. Mich hat das alles
zu sehr berührt, Kind. Ich habe Ravinia sehr gern gehabt. Aber für mich ist es
nach der Sache mit Roland Winter ein Ort des Leids geworden.«
    Lara verstand. Auch diese alte Meisterin war
verbittert. Wenn auch anders als Baltasar, Keiko Ito oder gar Elisabeth Joel.
Nun gut, ganz so alt war Alisha sicher nicht – zumindest schien es nicht so.
Vielleicht war sie sechzig oder ein paar Jahre älter.
    Â»Aber wenn du nichts von Gewalt hältst«, wollte Lara
wissen, »warum dann dieses Motorrad-Ungeheuer draußen?«
    Â»Hey, hey«, lachte Alisha auf. »Das ist meine 47er WL . Oder Brutus, wie ich ihn zu nennen pflege. Er ist ein
völlig zahmer Riese. Aber er ist gut darin, Leute zu erschrecken, oder?«
    Sie zwinkerte Lara verschwörerisch zu.
    Â»Brutus also?«, vergewisserte Patrick sich skeptisch.
    Â»Korrekt.«
    Â»Dann ist das Äffchen King Kong?«
    Â»Wieder richtig, junger Mann. Auch so ein Versuch von
mir. Aber ich hab ihn richtig gern.«
    Â»Halt, halt, halt, Moment!«, fuhr Lara dazwischen.
»Soll das etwa heißen, der Affe ist nicht echt?«
    Sie fixierte das wendige Tierchen, das seit einer
halben Stunde kopfüber von der Wohnzimmerlampe baumelte.
    Â»Was heißt hier nicht echt

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