Epicordia
dunkelbraune, ja nahezu schwarze Augen und ebensolches
raspelkurz geschorenes Haar. Er mochte vielleicht Ende zwanzig sein und machte
einen gut durchtrainierten Eindruck.
Doch das half ihm wenig,
aber er machte sowieso keinerlei Anstalten, sich zu wehren, er wirkte lediglich
deprimiert. Resigniert traf es vielleicht sogar noch besser. Er lieà die
Schultern hängen und starrte an ihnen vorbei ins Leere. Tränen schwammen in
seinen Augen.
»Was zum Donnerwetter sollte das denn?
Reicht es nicht aus, unschuldige Leute zu entführen?«
Jacob Skinner hob bloà die Schultern und seufzte.
»Ich habe nie irgendwen entführt«, sprach er monoton
und mit tränenerstickter Stimme in das von Kerzen erleuchtete Halbdunkel
hinein.
»Nein?«
Träges Kopfschütteln.
»Nein«, seufzte der Akrobat in seiner engen
Lederkleidung ergeben. »Der dunkle Wahrsager hat das allein getan. Hinter
unserem Rücken. Er hat es ausgenutzt, dass Sarah und ich die Bewohner der Stadt
mit unseren Kunststücken unterhalten.«
Er blickte Lee und den anderen nacheinander
schwermütig in die Augen.
»Aber das nützt mir jetzt auch nichts mehr, hab ich
recht?«
»Sieht ganz so aus«, pflichtete Berrie ihm bei.
»Quatsch, Mann.«
Lee war erbost.
»Warum seid ihr in Jerusalem weggerannt, wenn ihr
angeblich unschuldig seid?«
Der Blick des Gefesselten blieb auf Lee haften.
Irgendwie wirkte er wie ein geprügeltes Raubtier. Zu müde, um sich noch länger
zur Wehr zu setzen.
»Ich denke, wir haben Panik bekommen.«
»Du denkst , ihr hättet Panik bekommen?«
Jacob nickte.
»So ist das Leben auf der StraÃe. Du hast ständig
Angst, jemand könnte sich dafür revanchieren wollen, dass du ihm vor Jahren mal
einen Korb mit Eiern gestohlen hast.«
Tom unterbrach die beiden. Ruhig, aber bestimmt, ganz
so, wie Tom Truska seine Autorität in die Waagschale warf, wenn es wirklich
nötig war.
»Schluss jetzt, Lee. Erzähl uns endlich, was du
weiÃt!«
Lee atmete hörbar aus. Er versuchte, sich zu
beherrschen, voller Zorn auf den Gaukler, dessen Fan er bis vor Kurzem gewesen
war.
Und dann berichtete er. Erzählte, was sonst nur Berrie
wusste. Davon, wie er am Nachmittag des Sommerfestes mit Falter
aneinandergeraten war und wie sie MaâHaraz aufgespürt hatten. Davon, wie er mit
den Skinners nach Jerusalem geflohen war und wie er sich dort mit MaâHaraz ein
Duell unter Wahrsagern geliefert hatte. Und schlieÃlich auch von der
nachtschwarzen Kugel.
»Deshalb bist du hier, stimmtâs?«, herrschte er nun
den Gefangenen an und man mochte meinen, dass die ein oder andere Träne der Wut
durch Lees Beherrschung sickerte.
Jacob Skinner nickte stumm.
»WeiÃt du auch, warum MaâHaraz sie wiederhaben will?«,
hakte Lee zornig nach.
»Bis eben wusste ich es nicht«, gestand sein
gefesseltes Gegenüber. »Aber jetzt ahne ich es.«
»Ja?«, mischte Alisha sich ein. »Was ist mit der Kugel?«
Lee druckste etwas herum,
verlegen vor seiner Meisterin Berrie.
»Na jaâ⦠die Kugel ist ein Experiment gewesenâ⦠ähââ¦
mit der Essenz von Albträumen, um genau zu sein.«
»Mit der Essenz von
Albträumen?«, fuhr Berrie von dem Hocker hoch, auf dem sie sich
zwischenzeitlich niedergelassen hatte. »Du hast mir erzählt, dass es
irgendwelche Albträume gewesen seien. Nicht, dass du sie destilliert hast.«
Tom schnitt ihr mit einer Geste das Wort ab.
»Das ist jetzt nicht wichtig«, mahnte er sie. »Was ist mit der Kugel?«
»Tja, ichâ⦠MaâHaraz hat sie mit Lichtgeistern
stimuliert. Und dann haben die Essenzen ihn angegriffen.
Der Inhalt der Kugel ist sozusagen ein Konzentrat von
Albträumen. Ziemlich gefährlich, das Zeug, und auch nicht einfach herzustellen.
Ichâ⦠ich hatte eine Ahnung, dass man es mit Lichtgeistern stimulieren kann.
Ich hab mich allerdings nicht getraut, es auszuprobieren. Gegen MaâHaraz war es
Notwehrâ⦠so eine Art verzweifelter Versuch. Der Kerl hätte mich sonst locker
umgebracht. Dass die Essenzen nach MaâHaraz schnappen und an ihm zerren, habe
ich nicht gewollt.
Aber solange wir die Essenzen nicht wieder mit
Lichtgeistern aus der Kugel hervorlocken, ist es relativ sicher und jeder kann
sehen, was sie enthält, indem er sie berührt.«
»Und was sieht man?«, selten
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