Epsilon
miteinander verbracht hätten. Es war eigentlich traurig, dass sie es erst jetzt taten, anlässlich Johns Tod.
Merkwürdig, dass ausgerechnet die tragischen Umstände die Annäherung von Vater und Tochter verstärkt hatten. Susan fragte sich allerdings, ob die Dinge je wieder Sinn machen würden.
Sie war mit Christopher für ein langes Wochenende nach Washington gefahren. Christopher lag schon im Bett, unter der Aufsicht von Mrs. Collier, der Haushälterin ihres Vaters. Susan und ihr Vater nahmen noch einen Drink zu sich, bevor sie zu einer Dinner-Party ganz in der Nähe aufbrechen wollten. Es war erst das zweite Mal seit Johns Tod, dass Susan Christopher alleine ließ. Er war beim ersten Mal nicht unruhig geworden und hatte auch keine Einwände erhoben, als sie ihn fragte, ob es ihm etwas ausmachte, wenn sie mal wieder ausginge. Es ist ein gutes Zeichen, dachte sie, dass er mit dem Tod seines Vaters so unverkrampft umgeht. Besser so, als dass er sich ängstlich an sie geklammert hätte.
Ihr Vater schenkte ihr ein Glas Chablis ein und goss dann eine exakt abgemessene Menge Wasser in seinen Whisky. Er nahm einen Schluck und genoss ihn so ausgiebig, als könne er dabei eine Antwort auf die Frage finden, die seine Tochter ihm gerade gestellt hatte.
»Ich glaube nicht, dass du etwas wegen diesem Samples unternehmen solltest«, sagte er schließlich, »es sei denn, er setzt sich wieder mit dir in Verbindung.«
»Und dann? Soll ich ihn dann verhaften lassen? Und verhören?«
»Ich fürchte, dafür hättest du keine ausreichenden Gründe. Immerhin hat er dich in keiner Weise bedroht.«
»Aber wenn an dem, was er gesagt hat, irgendetwas dran ist…«
»Langsam. Immer eins nach dem anderen.«
Sie sahen sich an. Genau das hatte er ihr auch gesagt, als er versucht hatte, ihr über den ersten Schock des schmerzlichen Verlustes hinwegzuhelfen. Immer eins nach dem anderen.
»Ja«, erwiderte sie, »du hast Recht. Ich werde warten, bis er sich wieder mit mir in Verbindung setzt.«
Sie verfielen in Schweigen. Amery blickte in das flackernde Feuer im Kamin.
»Hältst du es für möglich, dass die Ergebnisse deiner Arbeit in der Art und Weise missbraucht werden könnten, wie der Mann es andeutete?«, fragte er schließlich, ohne sie anzusehen.
»Ich habe darüber nachgedacht. Natürlich ist es möglich – in der Theorie. Aber das gilt für jeden Fortschritt in Medizin und Wissenschaft. Man muss das Risiko gegen die Verbesserungen und Vorteile abwägen, die man mit der Forschung erreichen kann. Letztendlich ist es die Aufgabe eines Wissenschaftlers, die Beschaffenheit der Welt zu erforschen, nicht aber moralische Wertungen abzugeben. Und ein Arzt sollte den Kranken jede nur erdenkliche Hilfe angedeihen lassen und ihnen keine Behandlung vorenthalten, nur weil er für einen möglichen späteren Missbrauch seiner Methoden verantwortlich gemacht werden könnte.«
»Niemand spricht hier von Schuld und Verantwortung. Menschen tun immer das, wozu sie fähig sind – das gilt in allen Bereichen, im Guten wie leider auch im Bösen.«
Sie saßen erneut eine Weile schweigend beisammen.
»Man müsste einige Probleme lösen, bevor man das, was ich tue, so anwenden könnte, wie Samples es behauptet hat.«
»Aber diese Probleme könnte man lösen?«
»Ja, im Prinzip schon. Ich kann mir einige Methoden vorstellen, Experimente, die man durchfuhren könnte.« Sie sah ihren Vater an. »Aber das sind keine Experimente, die eine zivilisierte Gesellschaft dulden würde.«
Amery Hyde runzelte die Stirn. Er zog ein blaues Taschentuch mit weißen Punkten hervor und wischte sich damit leise schniefend die Nase. Dann blickte er auf seine Uhr.
»Es wird Zeit, aufzubrechen«, sagte er.
Sie würden mit dem ehemaligen Außenminister zu Abend essen sowie mit dem Vorsitzenden des Außenpolitischen Ausschusses des Repräsentantenhauses, einem Mitglied der Stabschefs und einer Reihe von Redakteuren. Es war eine hochkarätige Gruppe, selbst für Washington, und die Gespräche würden mit Sicherheit interessant und unterhaltsam sein. Susan hatte sich auf diesen Abend gefreut, und sie wusste, dass es ihrem Vater ebenso ging. Nun jedoch kam es ihr vor, als hätte sie ihm und sich den Abend bereits verdorben.
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich hätte das Thema nicht jetzt anschneiden sollen. Aber ich wollte nicht darüber reden, solange Christopher noch in der Nähe war. Und am Telefon wollte ich es nicht…«
Er hob die Hand, um ihr Einhalt zu
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