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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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stille, tiefschwarze Finsternis verwandelt, durch die er mit atemberaubender Geschwindigkeit jagte. Der Computer hielt ihn auf Kurs und würde ihn automatisch abbremsen, sobald er sich der Yacht näherte. Die Sensoren würden ihn außerdem jedes unsichtbare Hindernis umschiffen lassen: Zum Beispiel war eine Begegnung mit schlafenden Walen nicht eben wünschenswert.
    In dieser Nacht kam Charlie schnell und ohne Umwege voran. Als er spürte, wie seine Geschwindigkeit sich verringerte, blickte er auf und sah durch sein Nachtsichtgerät den Schiffsrumpf unmittelbar vor sich. Zwei Schiffsschrauben, jede von einer Dreizehntausend-PS-Dieselmaschine angetrieben, pflügten durch das Wasser. Er wusste, dass die Yacht von den Kanaren aus in Richtung New York in See gestochen war und plante, am Leuchtturm des Ambrose-Kanals anzulegen. Obwohl sie in der Lage war, achtundzwanzig bis dreißig Knoten zu machen, konnte sie eine solche Distanz nur zurücklegen, wenn sie ihre Geschwindigkeit konstant zwischen zwölf und fünfzehn Knoten hielt. Als Charlie sie einholte, fuhr sie dreizehn Knoten.
    Er blieb unter Wasser und brachte das Dingi längsseits des Hecks. Während er näher kam, aktivierte er einen anderen Schalter, um einen Airbag aufzupumpen, der den Aufprall auf die Aluminiumhülle der Yacht dämpfen sollte. Aus dem Bug seines Bootes ließ er einen Stahlarm ausfahren, an dessen Spitze ein großer Saugnapf angebracht war, der das Dingi längsseits des Schiffes halten würde, bis Charlie es wieder brauchte. Erst dann schaltete er den Motor ab.
    Charlie streckte den Kopf aus dem Wasser und spähte vorsichtig um sich. Er stellte fest, dass nur eine Hand voll Kabinen erleuchtet war; es war drei Uhr morgens, und einige Mitglieder der achtköpfigen Mannschaft würden wahrscheinlich schlafen. Charlie wusste, dass der Besitzer der Yacht dafür bekannt war, bis spät in die Nacht zu arbeiten und Telefonate zu fuhren. Also nahm er an, dass er ihn noch wach vorfinden würde, zusammen mit allen, die für sein Wohlergehen sorgten.
    Soweit Charlie sehen konnte, regte sich an Bord keine Menschenseele. Das Geräusch der Schiffsmaschinen hatte jetzt, da er aus dem Wasser heraus war, einen anderen Ton angenommen: Ein entferntes, gedämpftes Brummen war anstelle des heftigen Pulsschlages getreten.
    Indem er zwei Saugnäpfe benutzte, ähnlich dem, mit dem er seinen Torpedoscooter unter Wasser gesichert hatte, begann Charlie den Schiffsrumpf hinaufzuklettern. Jeder Napf wurde mithilfe eines kleinen Ventils befestigt und gelöst; der Rest war reine Muskelkraft. Bei seinem Aufstieg hing sein ganzes Körpergewicht im Wechsel an einem seiner Arme.
    Als er die Reling erreichte, hielt er inne, um erneut zu überprüfen, dass er unbeobachtet war, dann ließ er die Saugnäpfe dort, wo sie sich gerade befanden, und schwang sich aufs Deck. Der genaue Grundriss der Yacht war ihm bekannt, ja, man hatte ihn sogar die Blaupausen des Schiffsbauers studieren lassen. Jede Einzelheit hatte er sich eingeprägt, sodass er nun genau wusste, wo er sich befand und wonach er suchen musste.
    Er bewegte sich schnell, seine schwarze Kleidung machte ihn beinahe unsichtbar. Nur die nassen Fußspuren, die er hinterließ, verrieten seine Anwesenheit, und sie würden bald verschwinden. Als er die Doppeltür erreichte, nach der er Ausschau gehalten hatte, ließ er seine Hand zur Hüfte gleiten und zog eine Automatik mit Schalldämpfer aus dem Halfter. Mit der anderen Hand drückte er eine Türhälfte leise auf und schlüpfte hindurch, wobei er den Raum dahinter sorgsam nach Anzeichen von Bewegung absuchte. Es gab keine.
    Vor ihm tauchte eine Treppe auf, die zehn Stufen tiefer auf einem Absatz endete, der sich in zwei weitere Treppenfluchten teilte, die beide unterhalb der ersten entlangführten. Charlie ging nach rechts und hastete durch den Gang in Richtung Bug. Die indirekte Beleuchtung spendete ein weiches, warmes Licht. Vor ihm lag eine Biegung, und er konnte sehen, dass das Licht dahinter heller schien. Das bedeutete, dass sich dort ein Leibwächter aufhielt, vielleicht auch zwei, beide unmittelbar vor der Luxuskabine des Mannes, den er suchte.
    Charlie blieb stehen, presste sich mit dem Rücken eng an die Wand und lauschte angestrengt. Das entfernte Pochen der Maschinen vibrierte durch jede Wand des Schiffes – fast unmerklich, doch laut genug, um leise Atemzüge oder Kleiderrascheln zu übertönen.
    Und dann hörte er es: das unverkennbare Knacken eines Gelenkes, als Beine

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