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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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vorgelesen, zumindest so lange, bis sie bemerkt hatte, dass Lucy aus Angst vor der Herzkönigin Albträume bekam. Es gab so vieles, was Lucy vergessen oder verdrängt hatte! So als wenn sie zugleich mit den noch immer schmerzlichen Erinnerungen auch die schönen unterdrücken müsste. Sie sah zum Turm hinüber und dann auf das Wasser. Sie wusste, dass Aidan recht hatte. Der Regen würde wieder mit atemberaubender Heftigkeit herabprasseln, wie in der biblischen Geschichte der Sintflut. Die Meerespegel würden ansteigen und die zerklüfteten Ränder der neu entstandenen Küstenlinien verschlingen. Flüsse würden über die Ufer treten und die Seen würden anschwellen und schließlich das Land überfluten. Etwas Großes und Verheerendes stand unmittelbar bevor, das spürte Lucy. Heuschrecken vielleicht.
    »Wo wohnst du?«, wollte Lucy wissen und versuchte sich den Schauder zwischen den Schulterblättern wegzuschütteln.
    Aidan wandte sich ihr zu. Mit einer Hand fuhr er sich durch das störrische Haar, bis es in alle Richtungen abstand.Das spöttische Grinsen war verschwunden. Er deutete in die Dunkelheit. »Siehst du das da?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er fasste sie an der Schulter und drehte sie ein paar Grad nach Osten. Hinter der Senke, in der sich ihr Camp befand, ragte eine schmale Silhouette in die Luft auf. Lucy erinnerte sich an die Marmorsäule im ägyptischen Stil, die man dort aufgestellt hatte, so fehl am Platze wie ein Kamel. Nordöstlich davon lagen eine Erhebung und eine Reihe von Schluchten. Ein gigantisches Erdbeben hatte dort die Asphaltplatten einer großen Straße verschoben, hatte sie einbrechen lassen und wieder in die Höhe gezogen wie ein breites graues Band.
    Aidan deutete mit dem Finger in die Richtung und Lucy folgte ihm mit ihren Augen. »Siehst du das Plateau? Wenn du von dort aus drei bis vier Meilen geradeaus läufst, kommst du zu den Kanälen. Der Weg ist ein bisschen unbequem ...« Mit etwas Mühe konnte Lucy die schmalen Silhouetten der Hängebrücken erkennen, die sich wie ein Geäst über die Schluchten der Betonadern zogen, und Ansammlungen von Pfahlbauten, die wie Büschel fremdartiger Blumen am Abhang standen.
    »Das da«, sagte er, während er mit seinem Finger die Luft durchbohrte, »das ist Hell Gate – das Höllentor.« Er klang gleichzeitig stolz und verlegen. »Vor der Flut gehörte das Lager zu Wards Island.«
    »Und wieso dieser Name?«, fragte sie. Sie fand, es klang ziemlich theatralisch.
    »Weil wir ihn passend fanden.«
    »Klingt ja richtig anheimelnd«, meinte sie spöttisch.
    Plötzlich heulte jenseits des Wäldchens ein Hund auf. Die Meute unter dem Baum sprang auf und bellte heiser. Das Heulen erklang erneut – ein langes, eindringliches Jaulen, das sich wie ein Signal anhörte. Die Meute lief aufgeregt umher, rempelte einander an, schnappte in die Luft und wühlte mit ihren kräftigen Pfoten den bemoosten Untergrund auf. Lucy verfolgte, wie die Hunde ziellos umherrannten und die Gruppe auseinanderbrach, wie sie sich dabei aber niemals mehr als ein paar Schritte vom Baum entfernten. Irgendetwas hatte sie wieder angestachelt. Lucy spürte Aidans Blick auf sich und drehte den Kopf.
    »Du kannst dich nicht wie eine Maus in deinem Loch verstecken.«
    Sie sah ihn wütend an. »Ich verstecke mich überhaupt nicht«, fauchte sie. »Ich will einfach nur überleben. Und ich komme sehr gut allein klar.«
    Er wandte seinen Blick abrupt ab. Sie spürte, dass er angespannt war.
    »Das sind keine verwilderten Hunde«, sagte er. »Das sind Jagdhunde.«
    »Aha. Und was jagen sie?«
    »Mich wohl nicht. Sie sind erst mit dir zusammen aufgetaucht. Es sind Spürhunde. Sie suchen etwas.«
    Lucy fühlte ihren Unterkiefer herunterklappen. »Was willst du damit sagen?« Ihre Stimme war ein Krächzen. »Was suchen sie?«
    »Keine Ahnung.« Aidan runzelte die Stirn. »Aber irgendetwas macht sie ganz verrückt. Ich habe sie schon öfter beobachtet. Sie kommen von der Anstalt. Ich habe sie schon überall gesehen, auf dem Great Hill, auf dem Cliff, in Hell Gate. Sie laufen herum und stöbern Leute auf, die sich verstecken. Und dann kommen die Sweeper.«
    Lucy blinzelte. Sie war verwirrt. Wieder hatte sie die Hand am Messer, aber es fühlte sich irgendwie komisch an; als wollten ihre Finger es nicht ordentlich greifen.
    »Dann halten sie uns hier also nur fest ...«
    »Bis die Sweeper kommen.«
    »Woher wussten die Hunde denn ...?«
    Er zuckte die Schultern. »Sie werden dich wohl gerochen

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