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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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zugestöpselt und mich angeblickt. »Gordius ist ein alter Freund von mir, und er ist kein schlechterer Mensch, nur weil er die Akademie nicht geschaffthat. Wo kämen wir da hin, wenn es nur Zauberer Erster Klasse gäbe? Es würde für uns kleine Händler den Ruin bedeuten, jawohl, das würde es. Diese Schnösel bestellen ihren Nachschub nur aus Pompignacs Katalog. Völlig überteuert und von miserabler Qualität! Aber es steht ja überall das Zeichen von Pompignac drauf, und das kann der alte Tucker natürlich nicht bieten! Angeber sind sie, allesamt. Da ist mir ein Gordius um ein Vielfaches lieber, auch wenn seine magischen Kräfte nicht so stark sind.«
    Tucker hatte sich in Rage geredet, wie so oft, wenn das Gespräch auf Pompignac kam. Der Pariser Unternehmer hatte in den letzten Jahren fast alle kleinen Zauberbedarfs-Lieferanten aus dem Geschäft gedrängt. Tucker war einer der wenigen übrig gebliebenen freien Händler, und das nur, weil es noch ein paar alte Zauberer wie Gordius gab, die sich von Pompignacs geschickten Werbekampagnen nicht beeindrucken ließen.
    Ich musste an diese Szene denken, während Gordius mich stumm betrachtete. Ich spürte einen merkwürdigen Druck in der Magengegend. Ich hatte zwar damit gerechnet, dass früher oder später so etwas passieren würde, aber die Vorstellung, den Alten tatsächlich zu verlassen (und damit auch das Dorf, das in den vergangenen acht Jahren zu meiner Heimat geworden war), schnürte mir die Kehle zusammen.
    »Und wie soll ich diesen Lehrmeister finden?«, presste ich hervor.
    »Heute Abend findet in Paris der alljährliche Ball der Zauberer statt. Gemäß der Tradition suchen sich aufstrebende Zauberlehrlinge dort einen neuen Meister.« Gordius zog einenlänglichen Briefumschlag aus dem Jackett und hielt ihn mir hin. »Dies ist ein Empfehlungsschreiben. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob es dir viel nützen wird, aber es beweist immerhin, dass du eine achtjährige Ausbildung bei mir absolviert hast.«
    Heute Abend schon? Hieß das, ich musste Gordius noch an diesem Tag verlassen? Ich stützte mich an seinem Stuhl ab, denn für einen Moment wurde mir ganz schwindlig. Warum hatte er mir das nicht früher gesagt? Sollte meine Zeit bei ihm wirklich so plötzlich zu Ende gehen? Gerade jetzt, da Johanna und ich das erste Mal miteinander geknutscht hatten und sie mir mehr in Aussicht gestellt hatte!
    »Kann ich nicht noch ein paar Tage bleiben?«, fragte ich. Meine Stimme klang so kläglich, wie ich mich fühlte. Der Tag, der so freundlich begonnen hatte, hing auf einmal voller dunkler Wolken. Alles, was ich bislang über Paris gehört hatte (und das war nicht viel), ließ mir die Stadt nicht besonders verlockend erscheinen. Sie war groß, laut, schmutzig, geschäftig, eng und voll und damit genau das Gegenteil von dem Leben hier im Dorf, wo jeder jeden kannte und alles unaufgeregt seinen Gang ging. Ich sah mich schon verloren durch die Straßenschluchten der Großstadt irren, in der ich keinen Menschen kannte.
    Gordius bemerkte meine Beklemmung. Er lächelte traurig. »Wenn du hierbleibst, würdest du ein ganzes Jahr verlieren und es viel schwerer haben, einen neuen Meister zu finden. Ich habe mit Tucker gesprochen. Er bringt dich zum Bahnhof. Er wird dich noch heute Vormittag am Dorfplatz abholen.«
    Mit zitternden Fingern nahm ich den Brief entgegen. Kaum war seine Hand frei, fuhr sie erneut in die Jackentasche, umeinen weiteren Umschlag hervorzuziehen. »Hier drin findest du deine Bahnfahrkarte und ein wenig Reisegeld. Und jetzt solltest du dich beeilen und deine Sachen zusammenpacken.«
    Eine halbe Stunde später stand ich wieder im Garten, die Tasche neben mir. Das Packen hatte nicht allzu viel Zeit in Anspruch genommen, denn außer ein paar Büchern über elementare Magie, zwei Hosen, zwei Hemden, etwas Unterwäsche und einigen Socken besaß ich nichts. Arm war ich zu Gordius gekommen und arm würde ich von ihm gehen.
    Der Alte saß noch immer da, wo ich ihn verlassen hatte, und sah den Spatzen zu, die sich soeben um einen fetten Wurm balgten. Ich räusperte mich. Gordius schüttelte seinen Kopf, als erwache er aus einem Traum, und drehte sich zu mir um.
    »Abmarschbereit, was?«, rief er. »Wacker, wacker. Und nur kleines Gepäck, so wie es sich für einen echten Zauberer ziemt. Nun denn, die Stunde des Abschieds ist gekommen.«
    Er erhob sich mühselig von seinem Stuhl und kam zu mir. Ich bemerkte, wie seine Augen feucht wurden, und auch mir war nicht

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