ePub: Juniper Berry
Schrei einer Todesfee. »Wie edel, in der Tat! Aber ich habe noch nie jemanden getroffen, der mit dem zufrieden war, was er hatte. Selbst die Menschen, die am meisten verehrt und umschwärmt werden, haben noch Wünsche. Wenn du älter wirst, wirst du sehen, wie schnell die Welt einen fallen lässt. Sie kann dir ohne Weiteres einen Schlag verpassen, der dich zu Boden wirft. Sie kann grausam sein. Es gibt keinen leichten Weg durchs Leben. Keinen einzigen. Mit einer Ausnahme …«
Die Schatten malten Bilder an die Wände und Juniper starrte sie an. Ein Bild blitzte in ihrem Kopf auf, dieselbe Szene, die sie gerade in dem leeren Raum gesehen hatte. Sie war mit ihren Eltern zusammen und sie waren glücklich. Sie lachten gemeinsam, so wie die Familie, die sie früher gewesen waren. Plötzlich hatte sie einen dicken Kloß im Hals.
Juniper wandte den Blick ab und presste die Hände zusammen. »Es ist … es ist etwas ganz anderes als Giles’ Wunsch.«
»Das macht nichts. Du und Giles, ihr seid verschieden. Der Traum eines jeden Menschen ist sein eigenes, wunderbares Universum. Träume können wahr werden, aber nur für die Menschen, die wissen, wie man sie in Besitz nimmt. Darum passiert es so selten. Die meisten schaffen es nicht ohne Hilfe, sie brauchen ein wenig Unterstützung und Führung. Ich kann dir zeigen, wie es geht.«
Juniper wusste, dass es besser wäre, den Mund zu halten, aber die Versuchung hatte sich bereits eingeschlichen. Vielleicht würden ihre Eltern nie wieder die Menschen sein, an die sie sich erinnerte. Am Ende würde vielleicht nicht einmal ihr eigenes Leben so werden, wie sie es sich vorstellte. Sie war gerade elf Jahre alt, und schon jetzt lief nichts so, wie sie es sich wünschte. Keine Freunde, keine Familie. Sie wollte ihre Geschichten mit jemandem teilen. Sie wollte so fühlen, wie sie glaubte, dass ein Kind fühlen sollte. Nichts davon war bisher passiert, und woher sollte sie wissen, dass sich das jemals ändern würde?
Doch Skeksyls Versprechen, das war etwas Greifbares. Es war zu spät, um die Vergangenheit zu ändern, aber ihre Zukunft war ein unbeschriebenes Blatt. Es gab immer noch eine Chance, ihre Familie wieder zusammenzubringen. Sie wieder so werden zu lassen wie damals, als sie ihre Stücke aufgeführt hatten. Vielleicht war das jetzt diese Chance.
Also sagte sie: »Ich möchte Schriftstellerin werden.«
Skeksyl sprang auf. »Du wirst auf der ganzen Welt gelesen werden! Die Menschen werden deine Worte auswendig lernen und Kraft aus ihnen schöpfen! Dein Name wird unsterblich sein! Mein liebes Kind, du wirst die Welten, die Giles besucht, genauso klar und deutlich sehen wie er. Sie werden in deinem Kopf entstehen. Du wirst dieses eingeschlossene Universum zum Leben erwecken. Und, anders als bei Giles, können wir bei dir in jungen Jahren anfangen. Heute noch! Du könntest die jüngste Autorin werden, die je ein Drehbuch geschrieben hat, dein Name weithin sichtbar in Leuchtbuchstaben. Das können deine Eltern doch nicht ignorieren, oder?«
Die Schatten tanzten jetzt noch wilder. Skeksyl sah ihnen eine Weile zu. Als er sich wieder an Juniper wandte, lächelte er verständnisvoll. »Ein Familienunternehmen also. Du schreibst die Rollen für deine Mutter und deinen Vater, dann sind ihre nächsten Filmpreise dein Verdienst. Wie stolz deine Eltern auf dich sein werden! Eine echte Familie, unzertrennlich. Sie werden zu dir zurückkehren, weil du endlich so bist, wie sie dich immer haben wollten. Bald werden dich Menschen auf der ganzen Welt für das lieben, was du ihnen gibst. Und mit dieser Fähigkeit kannst du das Leben leben, das du begehrst. Du willst Schriftstellerin werden? Mit meiner Hilfe wirst du die größte Schriftstellerin, die je gelebt hat.«
Jetzt kannte Juniper die Wahrheit. Skeksyl gab ihren Eltern genau das, was sie wollten. Er erfüllte ihnen all ihre Träume. Juniper wusste, dass es für die beiden keinen Wegzurück gab. Aber nun hatte sie die Möglichkeit, Teil ihrer Welt zu werden, das Leben ihrer Eltern zu teilen.
Doch war das der Grund gewesen, weshalb sie hergekommen war? Sie konnte sich kaum noch daran erinnern.
Skeksyl legte seine Hände übereinander, als wollte er ihr Zittern unterdrücken. »Sind wir uns einig? Ist es das, was du willst? Sag es mir und ich werde es wahr werden lassen.«
Die Versuchung war groß. Es war alles, was sie immer gewollt hatte. Sie könnte wieder zu ihren Eltern gehören, und ihre Wünsche würden erfüllt werden, solange
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