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ePub: Juniper Berry

ePub: Juniper Berry

Titel: ePub: Juniper Berry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.P. Kozlowsky
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nach ungefähr einem Kilometer das Haus ihrer nächsten Nachbarn erreichte.
    Das Haus war genauso riesig wie ihr eigenes und auf der Vorderseite schienen sich die gleichen tumultartigen Szenen abzuspielen. Junipers erster Gedanke war, dass sich vor dem Tor ebenfalls lauter Fans versammelt haben mussten, die es auf Autogramme und Fotos abgesehen hatten. Dann überlegte sie, ob sie sich vielleicht eine Weile unter die Leute mischen sollte, um zu schauen, wie es sich anfühlte. Sie wollte ihre Welt von außen betrachten. Vielleicht würde aus dieser Perspektive alles gar nicht so schlimm aussehen,vielleicht würde alles einen Sinn ergeben. Schließlich kam ihr ein noch düsterer Gedanke, eine Idee, von der sie nie gedacht hätte, dass sie sie eines Tages in Erwägung ziehen würde. Was, wenn sie einfach alles hinter sich lassen und als ein anderer Mensch durch dieses Tor hinausgehen würde? Vielleicht könnte sie ihr Aussehen, ihr Verhalten und ihren Namen ändern, sich selbst neu erfinden, sodass sich alles, was sie vorher gewesen war, einfach in Luft auflöste. Ihren Eltern war sie sowieso egal, sie würden sie bestimmt nicht vermissen. Sie könnte Freunde finden und noch einmal ganz von vorne anfangen.
    Sie ging um das Haus herum und sah tatsächlich eine Menschenmenge. Aber es waren keine Fans, sondern ein Haufen Kinder in ihrem Alter, die sich in einem Kreis versammelt hatten. Was machten sie da? Ein Spiel , dachte Juniper. Sie spielen ein Spiel! Sie rannte auf die Kinder zu, und kein Tor sperrte sie ein oder aus, keine Eltern riefen sie zurück.
    Die Kinder standen eng beieinander, und Juniper musste ein bisschen drängeln, um etwas sehen zu können . Jetzt könnte ich mein Periskop gut gebrauchen , dachte sie und bedauerte, die Nachbildung eines Original-Sehrohrs aus dem Ersten Weltkrieg zu Hause im Schrank gelassen zu haben. Doch als sie genauer darüber nachdachte, kam sie zu dem Schluss, dass es sie nur davon abgehalten hätte, sich der Gruppe zu nähern. Jetzt hatte sie die Chance, all diese Jungen und Mädchen kennenzulernen, die in einem anderen Leben ihre Freunde hätten sein können. Sie konnte ihre Witze hören und in ihr Lachen einstimmen. Sie konnte all das tun, was ein normales Mädchen bestimmt tat: den neuesten Klatsch und Tratsch weiterverbreiten, sich Modetipps geben lassen. Sie stand inmitten dieser Kinder und konnte kaum glauben, wie wunderbar es sich anfühlte.
    Doch als sie sich ganz nach vorn geschoben hatte, sah sie, was sich im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit befand. Im Kreis standen zwei Jungen mit erhobenen Fäusten. Eines der Kinder begann rhythmisch zu rufen und die anderen fielen ein: »Kämpft! Kämpft! Kämpft!« Fäuste reckten sich im Takt in die Luft, es wurde mit den Füßen gestampft. Sogar die Mädchen forderten grölend den Beginn des Kampfes. Juniper suchte die Menge nach Giles ab, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. Das wunderte sie auch nicht weiter, denn er würde sich bestimmt nicht in der Nähe einer solchen rasenden Horde aufhalten.
    Der Kampf interessierte Juniper nicht im Geringsten, und er war vorbei, bevor er überhaupt richtig angefangen hatte. Überraschenderweise lag der größere der beiden Jungen auf dem Boden und hielt sich seine blutende Nase.
    Der kleinere Junge reckte triumphierend die Arme in die Luft, und die Menge brüllte: »Giles! Giles! Giles!«
    Juniper starrte in die Mitte des Kreises. Sie konnte es nicht glauben. Der kleinere Junge war Giles! Alles in ihr sehnte sich danach, zwischen den Kindern hindurchzulaufen und ihn mit einer Umarmung zu begrüßen, doch als Juniper genauer hinsah, zögerte sie. Sie wusste sofort, dass etwas anders war.
    Giles strahlte über das ganze Gesicht und ließ dabei seine Zähne aufblitzen. Die dichten Haare, die unordentlich von seinem Kopf abgestanden hatten, waren säuberlich abrasiert worden, sodass nur dunkle Stoppeln und eine dünne Narbe am Hinterkopf zurückgeblieben waren. Seine Kleider saßen besser und seine Schuhe glänzten. Anders als bei ihrem ersten Treffen stand er jetzt kerzengerade, hatte den Kopf herausfordernd in die Höhe gereckt und blickte selbstsicher in die Runde. Juniper bemerkte seine leeren Augen. Sie sehen schon ein bisschen aus wie Moms Augen , dachte sie. Und wie Dads.
    Ungläubig wich Juniper zurück und versteckte sich am Rand der Gruppe. Sie beobachtete, wie die anderen Kindern Giles umringten und ihm zu seinem Sieg gratulierten. Zwei Mädchen strichen ihm mit den Händen

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