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Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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»Gelalltes Gälisch, mein lieber Jochen, ist eindeutig ein Idiom minderer Verständlichkeit.«
    »Trotzdem haben sie alle ganz feierlich geguckt und keiner hat was gesagt.«
    »Das ist halt das Wunderbare, wenn du in deinem Job unersetzlich bist.«
    Ich gähnte. Das Pulver verließ mich und mein Bett rief.
    Albaner, Albaner, Albaner, warnte mich mein Unterbewusstes, doch manchmal ist man so groggy, dass man einfach abschaltet und sein Leben einem popeligen Kajütentürschloss anvertraut. Mit halb geschlossenen Augen schlurfte ich hinter Jochen her, willenlos der Anziehungskraft meiner Matratze ausgeliefert. Wir bogen um eine Ecke, und aus einer offen stehenden Kajütentür drang ein Geräusch, wie man es von einem Kater erwarten würde, den jemand ohne Betäubung um sein Glockenspiel zu bringen versucht. Jochen packte meinen Arm und seine stoppelige Haarpracht spreizte sich von seinem Schädelrund wie die Borsten von der Klobürste. >Schwertmörder an Bord und Waffenausgabe nur nach ausdrücklicher Anweisung des Kapitäns< war der Gedanke, der uns beide den Schritt verhalten ließ. Der Schrei war noch nicht ganz verhallt, da taumelte uns Ankje, die honigblonde Kellnerin der Piano-Bar, entgegen, die Baby-Blauen schreckgeweitet und mit wogendem, nur sparsam bedecktem Busen. Ihr auf dem Fuße folgte Fjodr Fjodorov-Tsarinski, der blaublütige und graumähnige Tastengott höchstpersönlich, denn es war natürlich seine Kabine, und sein Schrei war es auch gewesen, der so an feline Neutralisation gemahnt hatte.
    »Sehen Sie sich das an!«, forderte er, vor Wut schäumend und gestikulierend, und ich folgte pflichtschuldig seiner Aufforderung, während Kollege Fuchs nicht bewegt werden konnte, seinen Blick vom sparsam bedeckten Wogen der Honigblonden zu lösen.
    »Mein Gott«, entfuhr es mir schließlich, nach eingehender Betrachtung der Verwüstung. Fliegen summten über der Sackladung gebrauchter Artikel weiblicher Hygiene, Reste aus mindestens hundertfünfzig leeren Flaschen hatten den Teppich in ein alkoholgesättigtes Feuchtbiotop verwandelt.
    »Was gibt es doch für Schweine«, entrüstete ich mich kopfschüttelnd.
    »Ja, und jetzt? Ja, und jetzt?«, fragte Fjodorov-Tsarinski wieder und wieder, als erwarte er allen Ernstes, dass Jochen und ich die Sauerei beseitigten.
    »Sagen Sie mal«, fragte ich nachdenklich und förderte mit professionellem Gestus Block und Kuli zutage, während ich hinter mir mit halbem Ohr mitbekam, wie Jochen die Blonde auf ein Gläschen zu uns einzuladen versuchte, »haben Sie eigentlich Feinde hier an Bord?«
    Ich hatte den Schlüssel noch nicht in der Hand, als ein entmenschlichter Schrei an mein Ohr drang. Es konnte keinen Zweifel geben, er kam direkt aus unserer Kabine, diesmal. Jochen packte meinen Arm, und für eine Sekunde konnten wir einer dem anderen beim Erbleichen zusehen. >Albanischer Killer bei der Erledigung seines Auftrages und immer noch keine Waffenausgabe< war der Gedanke, der uns zögern ließ. Dann flog die Kabinentür auf und Scuzzi kam herausgestürzt, blass und taumelnd wie nach massivem Blutverlust, die Augen riesengroß in einer Fratze nackten Entsetzens.
    »Scuzzi«, sagte ich, besorgt und beschwichtigend, und er richtete seinen bis dahin panik-blinden Blick auf mich, schrie erneut und machte einen Satz zur Seite, der ihn um ein Haar über die Reling befördert hätte.
    »Hey, hey, hey«, murmelte ich, beschwichtigend und besorgt, und ging einen Schritt auf ihn zu.
    Er schrie. Hielt mir abwehrend eine Hand entgegen und deutete mit der anderen auf die Kabinentür, um die Jochen sich mittlerweile mit gebührender Vorsicht herumtastete.
    »Dadada, nanana, wawawa«, stammelte Scuzzi, sein normalerweise glatt zurückgegeltes Haar wild wie ein Teerbesen, und sein ausgestreckter Zeigefinger oszillierte am Ende eines heftig zitternden Arms. Jochen verschwand in der Kabine und Scuzzi und ich starrten ihm gebannt hinterher. Gleich darauf erschien er wieder in der Türöffnung, seine Miene relaxt, fast schon schläfrig.
    »War es das hier?«, fragte er Scuzzi und förderte den an den Haaren gehaltenen Stewardkopf zutage, und, ich schwöre, wenn ich Scuzzi nicht im letzten Augenblick an den Beinen gepackt hätte, er wäre rückwärts über Bord gehechtet. Schreiend.
    Von der Reling ein Deck über uns erkundigte sich eine Stimme, was denn los sei. Jochen zog sich hastig in den Schatten der Kabine zurück, und ich fasste Scuzzi freundschaftlich-fest um die Schultern und bugsierte

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