Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
Adrian.
Ich versuche, mir einen Überblick zu verschaffen. Was könnte man machen, dass der Raum schnell etwas wohnlicher wird?
»Du könntest vielleicht schon mal ein paar Bücher auspacken?«, schlage ich vor.
»Gern.«
Mit vereinten Kräften stellen wir die drei Bücherregale an die Wand, und Adrian macht sich daran, sie mit Büchern zu füllen. Währenddessen fummelt Markus mit geschickten Fingern die Ringe in die Gardinen. Er hat ein Händchen für alles, was mit Stoff zu tun hat. Möchte ich mal ein Teil geändert haben, erledigt er das in null Komma nichts.
»Und wie wird’s morgen?«, fragt Markus, als er die erste Gardinenbahn auf die schwarze Stange zieht.
Ich zucke mit den Schultern. »Wie immer, nehme ich an. Familienfeiern sind einfach ätzend.«
»Aber deine Mutter kommt auf alle Fälle?«
»Hm, ja. Obwohl mir lieber wäre, sie würde es bleiben lassen. Dann könnte ich erst mit Papa zu Hause feiern und später mit Mama und Edwin bei ihr. Das würde allen den Balanceakt auf dem schlaffen Seil ersparen.«
»Sag ihnen das!«
»Hab ich doch. Aber sie meinen, dass es ja wohl möglich sein müsste, wie erwachsene Menschen miteinander umzugehen. Mama zumindest. Und Papa tut immer brav, was sie sagt.«
Markus schüttelt den Kopf. »Das ist doch pervers, dass dein zwanzigster Geburtstag ein einziges langes Leiden sein soll.«
»Ach was, so schlimm wird’s schon nicht werden. Morgen Abend ist es überstanden.«
»Nichts ist jemals überstanden«, sagt Markus. »Alle Ereignisse bleiben, eingeritzt auf die Tafeln der Geschichte. Damit muss man dann forever leben.«
Ich lache. »Du denkst zu viel! Was passiert ist, ist passiert und vorbei. Darum gibt es in unserer Sprache etwas, das Präteritum heißt.«
»Das Präteritum sagt bloß etwas über die zeitliche Einordnung eines Ereignisses aus«, entgegnet Markus, wie aus der Pistole geschossen. »Zeit ist Bewegung. Die Vergangenheit ist sozusagen präsenter als die Gegenwart.«
Ellinor, die an der Küchenzeile steht, dreht sich um.
»Hört sofort auf damit, sonst geht das den ganzen Abend so weiter!«
Auf wundersame Weise gelingt es uns, die Wohnung noch vor sieben Uhr in einen gemütlichen Zustand zu versetzen. Die Umzugskartons, die noch nicht ausgepackt sind, hat Adrian in einer Ecke aufeinandergestapelt, und dass ich die Klamotten ziemlich nachlässig in den Schrank gestopft habe, sieht man von außen ja nicht. Ich geh runter zur Pizzeria an der Ecke und hole zwei Familienpizzen, die Ellinor in gleichmäßige Stücke schneidet. Adrian entkorkt den Wein und stellt die Gläser, die ich letzte Woche auf dem Flohmarkt erstanden habe, auf den Tisch. Markus und ich füllen den Salat in eine Schüssel um und sind gerade mit allem fertig, als Arman und Rosie an der Tür klingeln.
»Krass, habt ihr was weggeschafft!«, sagt Arman anerkennend.
Rosie öffnet ihr glänzendes, schwarzes Haar vor dem Spiegel im Flur. Wenn sie unterwegs ist, trägt sie grundsätzlich ein Kopftuch, aber sobald sie drinnen ist, legt sie es ab wie eine Jacke oder ein anderes Kleidungsstück.
Ich hab sie mal gefragt, wie sich das mit dem verträgt, was bei ihnen über die Frauen gesagt wird, dass sie Diamanten sind, die man nicht jedem X-Beliebigen zeigen möchte. »Aber ihr seid doch nicht irgendwer, ihr seid meine Freunde!«, hat sie darauf geantwortet. Und damit war das Thema abgehakt. Sie scheint sowieso ihre Religion in vielerlei Hinsicht an ihre Bedürfnisse anzupassen.
»Glückwunsch«, sagt Rosie, als sie den Raum betritt, und drückt mir ein kleines, in glänzend blaues Papier eingeschlagenes Päckchen mit weißem Band in die Hand.
Darin ist eine silberne Schlangenkette mit einem schimmernden Aquamarin als Anhänger.
»Wie deine Augen«, sagt sie. »Klarblau wie das Meer an einem Sommermorgen.«
Rosie versprüht gute Laune. Ich umarme sie fest.
»Superschön. Danke!«
»Die ist auch von mir«, bemerkt Arman.
»Noch nicht, Brüderlein!«, entgegnet Rosie. »Du schuldest mir noch das Geld.«
»Ja, ja, schrei es in die Welt hinaus«, brummelt Arman.
Tilde und Sofi haben auch Geschenke dabei. Einen blauen Kerzenhalter aus Glas und eine chinesische Teekanne, die Sofi in einem Secondhand-Laden gekauft hat. Kurz nach ihnen kommen Johan und Fredrik mit einem gruselig glitzernden, knallbunt verzierten Wecker.
»Wir dachten, du könntest jetzt einen ordentlichen Wecker gebrauchen, wenn dein Vater dich morgens nicht mehr aus den Federn schmeißt«, grinst
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