Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
sei Dank ist das Licht im Flur gedimmt, so dass es niemand auffällt, als es wieder klingelt und Ellinor aus der Küche geeilt kommt, um zu öffnen.
Ein langes, dunkelhaariges Mädchen mit Baskenmütze, lila Pulli und schwarzen Jeans tritt ein. Sie wirft ihre Tasche zwischen die Schuhe auf den Boden und legt die Baskenmütze auf die Hutablage, ehe sie Ellinor umarmt.
»Hallo, Becka«, sagt Ellinor. »Willkommen!«
Adrian streckt sich und schnappt seine Lederjacke, zieht sie an und drängt sich seitwärts an mir vorbei in den Flur. Eine Sekunde ist er mir so nah, dass ich seinen Duft spüre, dann liegt seine Hand auf der Türklinke und er nickt uns zu.
»Dann viel Spaß«, sagt er.
Ellinor küsst ihn hastig auf den Mund und gleich darauf höre ich seine leiser werdenden Schritte im Treppenhaus. Er hat nicht den Fahrstuhl genommen.
Tilde hat sich im Laufe einer Woche total verändert, sie hält sich aufrechter, ihr Lidstrich ist markanter, sie nimmt plötzlich viel mehr Platz ein. Sie sagt »ich und Fredde«, als wären sie schon seit Ewigkeiten zusammen. Rosie freut sich, als sie sieht, dass ich die Kette mit dem Aquamarin trage, die ich von ihr bekommen habe.
Ich erkundige mich neugierig nach dem Mädchen, mit dem ich Arman im Miranda gesehen habe, worauf Rosie den Kopf schüttelt.
»Daraus wird wohl nichts. Arman schwirrt wie eine Hummel von Blüte zu Blüte. Und Julia bedeutet gratis Kino, das war’s dann aber auch schon, glaube ich.«
Ellinor schenkt mir Wein ein, und ich trinke ein paar kalte, leicht perlende Schlucke und versuche, Adrian aus meinem Kopf zu verbannen. Was nicht so einfach ist in diesem Raum, in dem so viel verrät, dass er hier wohnt, und ich ertappe mich dabei, dass ich nach eben diesen Dingen Ausschau halte, während ich versuche, mich am Gespräch zu beteiligen.
Aus der Küche duftet es fantastisch. Ellinor ist wirklich eine hervorragende Köchin. Sie experimentiert leidenschaftlich mit frischen Kräutern, Limetten und roter und grüner Currypaste. Für sie sind Zitronengras, Koriander und Sternanis selbstverständliche Zutaten. In ihrer Kühlschranktür findet man drei verschiedene Geschmacksrichtungen Sambal und mindestens fünf Flaschen Soja, in ihrer Speisekammer stehen Klebreismehl, Kokosmilch, Palmzucker, mehrere Reissorten und Nudeln.
Vera Sjölin ist klein und pummelig und hat dunkle, zottige Haare. Sie kommt mit zwanzig Minuten Verspätung, was sie damit kompensiert, dass sie alle umarmt und sich direkt in die Unterhaltung stürzt. Wir setzen uns um den Esstisch, den Ellinor mit blauweißen Reisschalen und Stäbchen gedeckt hat.
»Die Gäste zum Essen mit Stäbchen zu zwingen, ist ein souveräner Eisbrecher, wenn sich nicht alle kennen«, sagt Ellinor fröhlich.
»Sag mal, hast du den ganzen Tag in der Küche gestanden?«, fragt Tilde und nimmt sich noch eine Portion Reis.
»Mindestens die ganze Woche!«, sagt Rosie und beißt einen widerspenstigen Scampo in zwei Teile.
Ellinor lächelt zufrieden, während wir genießen, und als wir ihr gerade verkünden wollen, dass wir pappsatt sind, serviert sie leckere, in Kokosraspel gerollte Klebreiskugeln mit einem Kern aus karamellisiertem Palmzucker.
Nach dieser hemmungslosen Völlerei liegen wir auf Sofa und Sessel verteilt, nippen heißen Espresso und genießen es, nicht hübsch und sexy sein zu müssen. Stattdessen sind wir klug und erfindungsreich und entwerfen immer geistreichere Lösungen für die großen Weltprobleme, bis das Gespräch sich plötzlich auf das abwesende andere Geschlecht einschießt. Irgendwann spricht Tilde endlich den für alle so aufwühlenden Wortwechsel zwischen Ellinor und Adrian bei meinem Einweihungsfest an.
»Kannst du dir vorstellen, was das für ein Schock war!«, sagt sie. »Ihr streitet euch sonst nie !«
»Natürlich streiten wir uns«, sagt Ellinor. »Aber wir finden, dass das niemanden außer uns was angeht.«
Tilde sieht aus, als hätte Ellinor ihr auf die Finger gehauen.
»Ich will mich natürlich nicht in eure Angelegenheiten einmischen. Aber wir haben uns echt Sorgen gemacht. Ich meine, wenn du und Adrian es nicht auf die Reihe kriegt, wer dann! Da kann man ja gleich aufgeben. Ihr seid sozusagen das perfekte Paar.«
Meine Ohren breiten sich wie Fledermausflügel aus, um jeden Tonfall, ja, die winzigste Änderung in Ellinors Stimme mitzubekommen, als sie jetzt antwortet.
Krümel vom Tisch der Reichen, denke ich. Durch sie habe ich Kontakt zu ihm. Das ist erlaubt, wird von mir
Weitere Kostenlose Bücher