Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
und dass sein Leben in Gefahr ist! Oder zumindest sein kleiner Finger! Und ich bin so wütend auf dich, dass ich im Moment fast finde, dass es dir recht geschehen würde, wenn sie hier oder da eine Scheibe von dir abschneiden!«
Edwin sieht mich wie erstarrt an. Ich sehe regelrecht, wie sich in seinem Kopf immer wieder der Film abspielt. Er hat gesehen, wie sie seinen Freund verstümmelt haben. Wie das wohl ist, wenn man zuschaut, wie jemand der Finger abgeschnitten wird?
»Das hier passiert wirklich, Emma«, sagt er.
»Ich weiß«, murmele ich. »Ich weiß, Edwin.«
Er beugt sich über den Tisch und fängt wieder an zu weinen.
»Hannes hat so geschrien«, schluchzt er. »Er hat so schrecklich geschrien …«
Mir ist schlecht.
Zuerst denke ich, dass es der Schock und die Angst sind, aber dann fällt mir ein, dass ich den ganzen Tag noch nichts gegessen habe. Ich gehe gerade in Gedanken durch, was der Kühlschrank an Essbarem zu bieten hat, als Markus zurückkommt.
»Ich bin’s«, sagt er, als er vor der Tür steht. »Normale Goldfische waren aus, dafür habe ich ein paar Schleierschwanz-Goldfische mitgebracht.«
Ich lasse ihn lachend herein. Der Essensduft aus der Hamburgertüte ist so wohltuend normal. Ich stecke die Nase in die Tüte und schnuppere.
»Mmh«, sage ich. »Komische Fische. Aber sie riechen gut!«
»Ich dachte, dass wir schließlich was essen müssen«, sagt Markus. »Und sich jetzt mit Edwin in der Stadt zu zeigen, wäre wohl nicht das Schlauste.«
»Was hat Leander gesagt?«
»Er will mit dem Typen reden, den er normalerweise anruft, wenn er Koks haben will. Aber er meint, dass über dem noch wer anders sitzt, ein Kerl namens Norin … Christoffer Norin, glaubt er. Lukas meint, man könnte ihnen vorschlagen, dass Edwin sich von seiner Strafe freikauft. Wie eine Art Bußgeld.«
»Wieso hat Leander eigentlich plötzlich von Edwin gekauft, wenn er sonst immer bei dem anderen kauft?«
»Weil Edwin den besseren Stoff hatte«, sagt Markus. »Lukas hat gesagt, man hätte gleich gemerkt, dass der Stoff reiner war. Die großen Jungs strecken ihren Koks mit Traubenzucker und Betäubungsmittel vom Zahnarzt und solchem Mist. Und Edwin ist geschäftstüchtig – letzten Freitag im Styx hat er allen, die was gekauft haben, seine Telefonnummer gegeben.«
Ich sehe Edwin an, der bestätigend nickt.
»Darum hat Leander gestern Abend dich angerufen, als er was für sich und seine Begleitung haben wollte?«, frage ich und Edwin nickt erneut.
»Mann, das war echt ein Schock, als ich Markus bei denen gesehen habe!«, sagt er.
»Ich war auch ziemlich verdutzt«, sagt Markus. »Aber ich wäre im Leben nicht darauf gekommen, dass du deine eigenen Geschäfte machst! Ich dachte, du wärst Kurier für irgendwen.«
»War ich auch, vorher«, sagt Edwin. »Die Bullen haben Hulth auf dem Kieker, darum hat er mich ein paarmal gebeten, Gänge für ihn zu übernehmen und das Zeug für ihn in der Stadt auszuliefern. Aber dafür gibt’s höchstens ein Trinkgeld. Und ab und zu eine Gratis-Line.«
»Und wer ist jetzt schon wieder Hulth?«, frage ich verwirrt.
»Der, von dem wir die ganze Zeit reden«, sagt Edwin. »Er ist der Meinung, dass seine Gang das Monopol im Styx hat. Und der hat Hannes den Finger abgeschnitten! Oder … nicht persönlich, das hat er Retro überlassen.«
»Retro?«
»So wird er genannt. Keine Ahnung, wie er richtig heißt. Er ist immer mit Hulth zusammen. Er und noch ein anderer, langer, blonder Typ, der Rosén heißt.«
»Die drei Männer, die ganz hinten an der Bar gesessen haben?«, fragt Markus erstaunt. »Die sind für den Koksverkauf im Styx zuständig?«
Edwin nickt. »Die sehen aus wie Geschäftsmänner, Börsenmakler oder so. Wie aus dem Ei gepellt. Armani, handgenähte Schuhe … alles vom Feinsten.«
Nachdem wir unsere Hamburger verdrückt haben, geht Edwin duschen.
Markus macht sich ernsthaft Sorgen.
»So ein Trottel«, sagt er. »Wie kommt er da bloß wieder raus?«
»Ich hab ja gesagt, dass das mit dem Kokain kein gutes Ende nimmt!«
»Ich konnte ja wohl kaum ahnen, dass dein Bruder anfängt, Geschäfte zu machen! Das hat nicht die Bohne mit meinen harmlosen Experimenten zu tun.«
»Wenn keiner das Scheißzeug kauft, kann es auch keiner verkaufen«, sage ich.
Markus zieht die Schultern hoch. »Okay, eins zu null für dich. Mir ist die Lust jedenfalls gehörig vergangen. Außerdem geht es einem am Morgen danach echt dreckig, wenn man wieder auf Normalgröße
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