Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
Markus zieht die Tür hinter uns zu.
»Edwin, was zum Teufel treibst du eigentlich?«, frage ich.
Sein panischer Blick irrt durch die Wohnung, bleibt eine Sekunde unruhig an Markus hängen, ehe er mich ansieht.
»Sie haben Hannes geschnappt«, sagt er. »Sie haben Hannes geschnappt und ihm den kleinen Finger abgeschnitten! Verstehst du? Wie in einem verdammten Film! Wir sollen ihnen Geld zahlen, haben sie gesagt. Ich auch! Emma, ich kann nicht nach Hause, da suchen sie zuerst!«
»Wovon redest du? Bist du völlig übergeschnappt?«
Ich blicke hilfesuchend zu Markus und stelle fest, dass er plötzlich noch blasser als sonst aussieht.
»Verdammt, Edwin«, sagt er. »Du bist gar nicht der Kurier … Du warst da und hast auf eigene Rechnung verkauft!«
Edwin zögert kurz, dann nickt er.
»Du Vollidiot!«, platzt Markus heraus.
»Wieso, ich konnte ja nicht wissen, dass …«
»So was checkt man verdammt noch mal vorher ab!«
Ich schaue verwirrt vom einen zum anderen. »Kann mich bitte mal jemand aufklären?«
Keiner von beiden antwortet. Markus geht ans Fenster und schaut runter auf die Straße.
»Woher weißt du, dass dir niemand hierher gefolgt ist? Ist dir klar, in welche Gefahr du Emma bringst?«
Edwin schüttelt den Kopf. Ich sehe, dass er Tränen in den Augen hat. »Nein, Scheiße … nein, mich hat keiner verfolgt, da bin ich ganz sicher!«
»Idiot«, sagt Markus noch einmal. »Verdammter Idiot!«
Sein ernstes Gesicht scheucht die Angst in mir auf, und ich bin verdutzt, wie schrill meine Stimme klingt, als ich schreie, dass sie endlich sagen sollen, was los ist.
Markus sieht Edwin auffordernd an und Edwin blinzelt unglücklich und schluckt ein paarmal.
»Hannes und ich haben ein paar Sachen in einem Nachtclub verkauft und …«
» Kokain «, erklärt Markus. »Du hast Kokain im Styx verkauft!«
»Okay, ja … Hannes und ich haben das zusammen gemacht, aber dann hat sich rausgestellt, dass das sozusagen das Revier von dem Typen ist, von dem Leander normalerweise sein Zeug bezieht, und der ist der Meinung, dass nur er und seine Leute dort verkaufen dürfen. Letzten Freitag sind ein paar Typen zu uns gekommen und haben gesagt … das wir uns dort fernhalten sollen, aber …«
»…du hast gestern trotzdem wieder im Styx verkauft«, sagt Markus. »Wie bescheuert kann man eigentlich sein?«
»Die haben verdammt noch mal kein Recht, über uns zu bestimmen!«, fährt Edwin ihn an. »Im Styx gibt es jede Menge Leute, die Koks kaufen wollen! Die Kunden reichen für alle!«
»Das spielt keine Rolle, begreifst du das nicht?«, faucht Markus.
Edwin fängt an zu schluchzen. »Die … die haben Hannes den kleinen Finger abgeschnitten! Verstehst du? Sie haben ihm den Finger abgeschnitten! «
»Wer ist eigentlich dieser Hannes?«, frage ich. »Und wo ist er jetzt?«
Edwin zuckt mit den Schultern. »Das … das weiß ich nicht. Ich bin abgehauen. Sie sind hinter mir her, aber ich bin ihnen entwischt. Scheiße, die hatten das Gleiche mit mir vor!«
Er sackt auf einen Stuhl, zieht die Nase hoch und wischt sich mit den Händen übers Gesicht.
»Ich habe mich im Park versteckt«, sagt er. »Da, wo der Fluss zum Villenviertel abbiegt, in dem Waldstück …«
Ich merke erst jetzt, wie fleckig und verknittert seine Klamotten sind. Und überhaupt sieht er ziemlich zerrupft und schmutzig aus.
»Wann war das?«, fragt Markus.
»Letzte Nacht«, antwortet Edwin. »Ich weiß nicht, wie viel Uhr es war, so gegen drei vielleicht.«
»Wir müssen die Polizei anrufen!«, sage ich.
Markus und Edwin starren mich an.
»Das ist ganz bestimmt das absolut Letzte, was wir tun sollten!«, sagt Markus. »Wir haben es hier mit Typen zu tun, die man besser nicht bei der Polizei anzeigt, wenn einem das Leben lieb ist!«
Meine Gedanken fahren Achterbahn. Passiert das hier gerade wirklich oder ist alles nur ein böser Albtraum? Kann es wirklich sein, dass mein kleiner Bruder sich mit ein paar lebensgefährlichen Drogendealern angelegt hat? Und dass er jetzt hier sitzt, mitten in meinem Leben, in meiner Wohnung, während ein paar blutrünstige Typen die Stadt nach ihm durchkämmen?
»Und … was können wir da tun?«, frage ich, und meine Stimme ist dünn und kratzig vor Verzweiflung, die in mir wächst.
»Ich muss nachdenken«, sagt Markus. »Und Leander anrufen.«
Er sieht Edwin an. »Wo hast du das Kokain her?«
»Hannes hat das Zeug in Spanien gekauft. Den Kontakt hat er im letzten Herbst geknüpft, als er mit
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