Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
nicht auf, bevor er nicht jede mögliche Alternative betrachtet hat. Am Ende fällt seine Wahl auf eine schwarze Leggins, eine lange Tunika in unterschiedlichen Rottönen und ein seidenschwarzes Top. Ich habe nur ein einziges Paar schwarze Schuhe mit hohen Absätzen, die ich jetzt mit einem Seufzer aus dem Schrank hervorkrame.
»Was soll ich mit dem Top?«, frage ich. »Unter der Tunika ist es doch eh nicht zu sehen.«
»Doch«, sagt Markus, »wenn ich sie ein wenig abändern darf.«
»Wie wenig ?«
Er hält die Tunika hoch und zeigt und demonstriert. Wenn ich ihn richtig verstehe, soll sie an mehreren Stellen aufgeschnitten werden, trotzdem beschließe ich, ihm freie Hand zu lassen.
Er nickt zufrieden. »Dann nehme ich sie mit nach Hause. Ich brauche meine Nähmaschine, sonst dauert das ewig. Morgen um acht wieder hier bei dir? Sag Edwin, dass er pünktlich kommen soll und alles mitbringt.«
Ich nicke brav und stelle erstaunt fest, dass meine Nervosität wie weggeblasen ist. Als Markus gegangen ist, ziehe ich mich aus und krieche ins Bett. Aber an Schlaf ist nicht zu denken.
Ich sehe immer wieder vor meinem inneren Auge, wie Ellinor es Adrian erzählt. Versuche, mir sein Gesicht vorzustellen, wenn sie es sagt, zu verstehen, was er denkt und fühlt. Wenn er sagt, dass er auf keinen Fall ein Kind haben will, macht Ellinor dann Schluss? Wäre das eine Lösung?
Nein, natürlich nicht. Es gibt keine Lösung. Nicht für mich. Markus hat recht. Das kann nichts werden, kann kein »glückliches« Ende geben.
Adrian und ich könnten nicht zusammen sein, ohne
im Scherbenhaufen der Vergangenheit zu waten, überschattet von den bösen, flatternden Vögeln der Gegenwart. Ich würde Ellinor verlieren. Und vermutlich die meisten meiner Freunde. Würde Markus mir erhalten bleiben?
Könnte ich Adrian nach alldem noch mögen und respektieren?
Die Antwort ist: Nein. Unsere Geschichte kann kein Happy End haben. Hier gibt es nur Schuld und Schmerz.
Die Ziffern des Radioweckers springen langsam um, die Minuten vergehen, die Nacht kommt angekrochen, legt sich wie eine dicke, erdrückende Decke auf mich. Mein Kissen ist nass von Tränen, obgleich kein Schluchzer über meine Lippen kommt. Sie laufen einfach nur, als hätte jemand den Hahn nicht richtig zugedreht.
Gegen halb sechs stehe ich im Badezimmer und kühle meine müden, geschwollenen und roten Augen mit kaltem Wasser. Vor mir liegt ein Freitag im Miranda. Ein arbeitsreicher, hektischer Tag mit aufgeklebtem Lächeln. Zähne zusammenbeißen und durch. Aber besser hart arbeiten, als sich in Tränen und Selbstmitleid zu suhlen.
Irgendwie schaffe ich es, mir meine ausgeblichene Jeans und ein dunkelblaues Baumwolloberteil anzuziehen, ein paar Schluck Tee zu trinken und durch die morgenkühle Luft ins Zentrum zum Miranda zu fahren. Sofi sieht auch erschöpft aus, als sie die Tassen neben der Kaffeemaschine stapelt. Mir schießt plötzlich durch den Kopf, dass wir Schwestern im Leid sind, dass wir im gleichen Boot sitzen und beide wie wahnsinnig rudern, obwohl unablässig Wasser eindringt. Ich nehme sie in den Arm.
»Wie geht es dir?«, frage ich.
»Nicht gut«, sagt sie. »Hast du mit ihm geredet?«
Ich streiche ihr über den Rücken. »Das ist keine gute Idee, Sofi. Nicht im Moment, jedenfalls. Tut mir leid. Versuch, einen Tag nach dem anderen zu überstehen und irgendwie zu überleben, bis du auf der anderen Seite rauskommst. Und irgendwann kommst du raus. Man glaubt es nicht, aber so ist es. Es bleibt einem ja gar nichts anderes übrig.«
Sie sieht mich verwundert an.
»Und wie geht’s dir, Emma?«, fragt sie.
Ich zucke mit den Schultern. »Wird schon wieder. Frag mich bitte nicht. Ich kann jedenfalls gut nachempfinden, wie du dich fühlst.«
Sie lächelt schwach. Dann nehmen wir uns noch einmal in den Arm und sie fragt tatsächlich nicht nach.
Kurz darauf beginnt der Freitagsstress, und obgleich weder Sofi noch ich sonderlich in Form sind, arbeiten wir gut zusammen. Da ist plötzlich eine Wärme zwischen uns, die schon lange nicht mehr da war.
Irgendwie vergeht auch dieser Tag, und als ich nach Hause fahre, bin ich so fertig, dass mir der Kopf rauscht. Ich falle aufs Bett und schlafe tief und fest, bis Edwin um kurz nach sieben an der Tür klingelt. Ich habe das Gefühl, als wären nur ein paar Minuten vergangen, dabei habe ich fast eine Stunde geschlafen. Verschlafen schließe ich auf und gähne ausgiebig, als er über meine Schwelle tritt.
»Hast du
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