Er ist der Freund meiner Freundin: Roman (German Edition)
möglichen Namen und Telefonnummern bedruckt waren. Edwin und ich fanden das sehr lustig und dachten uns Geschichten zu den Figuren mit den neuen Nachnamen aus. Ich erinnere mich noch an Pikachu Gustavsson. Und an Charizard Blomgren. Die Klokarten erlangten in Edwins Vorschulklasse einen erstaunlich hohen Status. Pikachu Gustavsson etwa wurde gegen nicht weniger als drei normale Pokémonkarten getauscht. Bei der Erinnerung daran muss ich lachen. Ich frage Edwin, ob er sich auch noch daran erinnert. Das tut er und lächelt trotz der Tränen.
»Du bist echt völlig gaga!«, sagt er. »Wir haben grad einen Deal mit Hulth gemacht und du denkst an runtergespülte Pokémonkarten!«
Am Donnerstagvormittag ruft Ellinor mich an.
»Ich muss unbedingt mit dir reden«, sagt sie. »Allein. Es ist wichtig. Kannst du in der Mittagspause kurz weg?«
Meine Finger krampfen sich um das Handy und mein Magen verknotet sich.
Sie weiß es .
So muss es sein.
Eine andere Erklärung gibt es nicht.
Mein Bauch zieht sich zusammen, so dass ich mich auf der Glastheke abstützen muss. Noch ist es ruhig im Lokal. Ich war gerade dabei gewesen, den Brotvorrat aufzufüllen. Mein schlechtes Gewissen nimmt mich in einen Würgegriff, dass mir fast die Luft wegbleibt.
Warum hab ich das getan?
Wie konnte ich so unsäglich dumm sein?
Das musste ja irgendwann rauskommen. Wie hatte ich mir jemals etwas anderes einbilden können?
Komisch nur, dass sie gar nicht sauer klingt.
Ihre Stimme ist angespannt. Aufgeregt vielleicht, aber nicht sauer.
Vielleicht will sie von mir hören, dass es nicht wahr ist. Weil sie es nicht wahrhaben will. Und gleich werde ich ihr bestätigen, dass alles selbstverständlich nur eine gemeine Lüge ist, ein böser Traum.
»Bist du noch da?«, fragt sie.
»Ja«, presse ich hervor. Meine Stimmbänder fühlen sich an, wie mit Schmiergelpapier bearbeitet.
»Kannst du in der Mittagspause kurz weg? Wir könnten uns im Park treffen, beim alten Pavillon.«
Na klar. Ausgerechnet dort! Sie weiß es. Keine Frage.
»Ich … wir … ich meine …«, stammele ich. »Ich kann erst nach der Mittagspause, wenn es hier wieder etwas ruhiger wird.«
Ellinor lacht. »Stimmt, ich habe ganz vergessen, dass du ja sozusagen die Mittagspause bist! Okay, welche Zeit? Zwei Uhr?«
»Das … dürfte gehen.«
»Du bist ein Schatz, Emma. Bis dann!«
Ich starre verdutzt auf mein Handy, nachdem wir aufgelegt haben, als stände dort eine Erklärung. Du bist ein Schatz???
Was für einen Grund könnte es noch geben, dass Ellinor unbedingt mit mir reden will? Mit mir allein? Vielleicht hat sie ja rausgefunden, dass Adrian fremdgegangen ist, hat aber keine Ahnung, mit wem. Vielleicht ist sie heute Nacht aufgewacht und hat festgestellt, dass er weg war, oder er hatte noch Nadeln und Blätter im Haar, als er nach Hause gekommen ist, oder er hat nach einer anderen Frau gerochen, nach Sex. Glücklicherweise habe ich kein Parfüm, das ich ständig benutze, keinen bestimmten Duft, an dem man mich erkennen könnte. Soweit ich weiß, bin ich auch für Ellinor die beste Freundin. Da ist es nur natürlich, dass sie sich an mich wendet, wenn sie merkt, dass ihr Freund eine andere trifft.
Vielleicht hat sie ihn ja in die Enge getrieben und er ist zusammengebrochen und hat alles gebeichtet? Aber dann hätte sie garantiert auch rausgekriegt, wer die andere ist, und selbst wenn sie die Neuigkeit mit unglaublich großem Verständnis aufgenommen haben sollte, würde sie kaum sagen, dass ich ein Schatz bin.
Die Stunden ziehen sich in die Länge. Einerseits will ich nicht, dass es zwei Uhr wird, andererseits möchte ich endlich Gewissheit, bevor ich völlig verrückt werde.
Als der Mittagsansturm losgeht, bin ich kurz vor dem Durchdrehen und empfinde es als richtig angenehm, mich ganz auf die Bestellungen und das Geschirrabräumen konzentrieren zu können. Sofi und ich rasen hin und her, Karim steht an der Kasse und schwups, ist es Viertel vor zwei.
Draußen ist es warm, obwohl der Himmel von dunklen Wolken bedeckt ist. Ich fahre zum Videbergspark und sehe Ellinor schon von Weitem am Flussufer unterhalb des Pavillons. Ihre Elfenhaare sind weiß vor dem sattgrünen Hintergrund. Sie trägt ein dunkellila Baumwollkleid. Meine Freundin Ellinor, wie konnte ich ihr das nur antun? Mein Herz pocht wie wild und in meinem Bauch rumort es. Aber Ellinor lächelt, als sie mich sieht. Lächelt und winkt mir zu. Weiß sie vielleicht doch nichts? Kann es sein, dass es um
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