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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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gesetzt, ich hätte mir von Anfang an jegliche Einmischung verbeten, ich hätte unter vergleichbaren Umständen gleich nach dem ersten Auftritt mit der Einstellung jeder Arbeit für den Sender geantwortet, was hätten mich da Verträge interessiert. Aber jener Wizgür klammerte sich, wie es nicht anders zu erwarten war, verzweifelt an seine jämmerlichen Errungenschaften, an seinen fragwürdigen Ruhm, an seinen Sendeplatz, als wäre es eine Auszeichnung. Dieser Wizgür hätte niemals für seine Überzeugungen Rückschläge in Kauf genommen, er wäre nie in die Festungshaft gegangen.
    Andererseits: Welche Überzeugungen sollte er schon haben? Was hatte er außer einer fragwürdigen Herkunft aufzuweisen, außer sinnentleertem prahlerischem Geschwätz? Da hatte ich es natürlich einfacher, hinter mir stand ja immerhin die Zukunft Deutschlands. Ganz zu schweigen vom Eisernen Kreuz. Oder dem Verwundetenabzeichen, das belegte, dass ich für Deutschland auch schon mein Blut geopfert hatte. Was hingegen hatte jener Wizgür geopfert?
    Und da erwarte ich selbstverständlich nicht unbedingt das Verwundetenabzeichen in Gold. Wo soll er das herhaben, ohne einen Krieg? Und wenn er es gehabt hätte, wäre wiederum fraglich gewesen, ob er sich noch für seine Unterhaltungssendung geeignet hätte. Die Leute, die solche raren, hohen Verwundetenauszeichnungen tragen, von denen ist bei genauerer Betrachtung oft nicht mehr allzu viel übrig. Das liegt in der brutalen Natur der Dinge. Menschen, die fünfmal oder öfter an der Front verwundet wurden, von Bajonetten, Granaten, Gas, die haben Glasaugen oder künstliche Arme, oder der Mund ist schief zusammengewachsen, wenn überhaupt noch ein Unterkiefer da ist, das ist zugegebenermaßen nicht das Holz, aus dem uns das Schicksal die besten Humoristen schnitzt. Und so verständlich eine gewisse Bitterkeit in ihrer Situation auch sein mag, man muss hier als Führer auch einmal die andere Seite sehen. Da sitzen die Leute im Publikum in bester Stimmung, sie haben sich fein gemacht, sie möchten sich nach einem harten Arbeitstage in der Schrapnellfabrik oder in der Fliegerwerft einmal entspannen oder auch nach einem langen nächtlichen Bombardement, da habe ich schon Verständnis dafür, dass die Bevölkerung von einem guten Komödianten etwas anderes erwartet als zwei amputierte Unterschenkel. Da muss man dann in aller Deutlichkeit auch einmal sagen: Hier ist der sofortige tödliche Granatentreffer für alle wohl die bessere Lösung als ein Verwundetenabzeichen mit anschließender Verwendung als Spaßmacher an der Heimatfront.
    Insgesamt merkte man aber eben sofort, dass dieser Wizgür nicht nur keine Weltanschauung besaß, die es mit der nationalsozialistischen aufnehmen konnte, sondern dass er überhaupt keine hatte. Und ohne eine gefestigte Weltanschauung ist man in der modernen Unterhaltungsindustrie selbstverständlich ohne jede Chance und fernerhin auch ohne Daseinsberechtigung, das Weitere regelt dann die Geschichte.
    Oder die Einschaltquote.

xviii.
    D er Führer ist nichts ohne sein Volk. Das heißt natürlich, der Führer ist schon auch etwas ohne sein Volk, aber man sieht es dann nicht, was er ist. Das ist jedem gesund denkenden Menschen leicht begreiflich zu machen, denn das wäre ja, wie wenn man einen Mozart irgendwo hinsetzt, man gibt ihm aber kein Klavier – da merkt dann auch niemand, dass das ein Genie ist. Da hätte er nicht einmal als Wunderkind auftreten können, mit seiner Schwester. Gut, die hätte dann noch ihre Geige gehabt, aber nimmt man der auch die Geige weg, was hat man dann noch? Zwei Kinder, und die können allenfalls noch Verse im Salzburger Dialekt aufsagen oder dergleichen Allerweltslieblichkeiten, aber das will keiner sehen, das gibt es ja in jedem Wohnzimmer zur Weihnachtszeit. Des Führers Geige hingegen ist das Volk.
    Und seine Mitarbeiter.
    Natürlich kann man da schon den Einwand der Skeptiker erahnen, die neunmalklug daherschwatzen, man könne nicht zwei Geigen auf einmal spielen. Aber da sieht man auch wieder einmal, was solche Leute für einen Blick auf die Realität haben. Da kann nicht sein, was nicht sein darf. Wenn es aber doch so ist! Genau daran sind ja zahllose auch recht große Führer letzten Endes gescheitert! Man nehme Napoleon zum Beispiel, der Mann war ein Genie, gar keine Frage. Aber eben nur auf der militärischen »Geige«. Gescheitert ist er an den Mitarbeitern. Und da stellt sich die Frage, bei jedem Genie: Was wählt es für

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