Er ist wieder da
Mitarbeiter? Friedrich der Große etwa, der hatte einen Kurt Christoph Graf von Schwerin, einen General, der sich für sein Land vom Pferd hat schießen lassen, die Fahne noch in der Hand, oder einen Hans Karl von Winterfeldt. Der Mann ist 1757 unter tödlichen Säbelhieben zusammengebrochen, das waren noch Mitarbeiter! Aber Napoleon?
Da muss man sagen: Er hatte eine unglückliche Hand, und das ist noch höflich formuliert. Eine Vetternwirtschaft schlimmster Sorte, da stand die Verwandtschaft Schlange. Der schwachsinnige Bruder Joseph sitzt in Spanien, Bernadotte heiratet dessen Schwägerin, Jérôme kriegt Westfalen, die Schwestern werden in irgendwelchen italienischen Grafschaften versorgt, und dankt es ihm jemand? Der schlimmste Parasit war noch Louis, den er als König nach Holland gesetzt hat und der da nach Belieben an seiner eigenen Königskarriere feilte, als hätte er Holland selbst erobert. Mit solchen Mitarbeitern ist weder ein Krieg zu führen noch eine Welt zu regieren. Insofern habe ich stets größten Wert auf exzellente Mitarbeiter gelegt. Und diese in überwiegender Mehrheit auch gefunden.
Ich meine: Allein die Belagerung Leningrads!
Zwei Millionen Zivilisten eingeschlossen, ohne jede Lebensmittellieferung. Es gehört schon ein gewisses Pflichtbewusstsein dazu, da täglich auch noch tausend Bomben hineinzuwerfen, zum Beispiel auch und sogar gezielt auf die Lebensmittellager. Die Leute da, die waren zum Schluss so weit, die haben sich gegenseitig den Schädel eingeschlagen, nur um die Erde fressen zu dürfen, in die der verbrannte Zucker hineingeschmolzen war. Natürlich, diese Zivilisten waren rassisch nicht erhaltenswert, aber der einfache Soldat hätte sich doch leicht denken können: Diese armen, armen Leute! Zumal der Landser auch in vielen Fällen außergewöhnlich tierlieb ist.
Ich habe das selbst in den Schützengräben miterlebt, da sind Leute in das schlimmste Sperrfeuer gerannt, um ihre »Maunzi« zurückzuholen, oder die haben ihre wochenlang aufgesparten Rationen noch geradezu brüderlich mit einem zugelaufenen »Bello« geteilt. Da sieht man auch wieder, dass der Krieg im Menschen nicht nur die härtesten, sondern auch die weichsten, wärmsten Gefühle entfacht, dass der Kampf eben in vielfacher Hinsicht das Beste aus dem Menschen herausmeißelt. Als unbehauener Block geht der einfache Mann in die Schlacht, und heraus kommt er als einwandfreier Tierfreund mit dem unerbittlichen Willen, das Notwendige zu vollziehen. Und daran, dass diese einfachen Menschen, diese Hunderttausende von Soldaten und Katzenfreunden dann aber nicht sagen: »Lassen wir’s doch ruhiger angehen, schlimmstenfalls verhungern die Leningrader eben etwas langsamer«, sondern dass sie stattdessen sagen: »Nur munter hinein mit der Bombe! Der Führer wird sich bei seinem Befehl schon das Richtige gedacht haben!«, daran erkennt man eben, dass man die richtigen Mitarbeiter hatte.
Oder auch von Neuem hat, überlegte ich, während ich Fräulein Krömeier zusah, wie sie den Schluss meiner letzten Führerrede abtippte. Insgesamt war ich mit den Leistungen des Fräulein Krömeier sehr zufrieden. An ihrer Arbeit gab es überhaupt nichts auszusetzen, ihr Einsatz war vorbildlich, neuerdings stand sie mir sogar ganztags zur Verfügung. Lediglich das Aussehen war verbesserungswürdig. Nicht, dass sie nicht gepflegt gewirkt hätte, aber dieses aller Freundlichkeit zum Trotze doch recht düstere Auftreten, diese fast ein wenig todesnahe Bleichheit war einer so fröhlichen, lebensbejahenden Bewegung, wie sie der Nationalsozialismus unbestreitbar darstellt, wenig förderlich.
Andererseits muss ein Führer über derlei auch hinwegsehen können. Von Ribbentrop etwa war vom Aussehen her ein durch und durch repräsentabler Herrenmensch, ein vorbildliches Kinn, erstklassiges Genmaterial – doch letzten Endes war der Mann zeitlebens eine Wurst. Und damit ist dann auch niemandem gedient.
»Sehr schön, Fräulein Krömeier«, sagte ich, »ich denke, das war es für heute.«
»Ick druck Ihnen det noch rasch aus«, sagte sie. Sie tippte etwas in ihren Computer. Dann holte sie einen kleinen Spiegel aus ihrer Tasche, dazu ihren dunklen Lippenstift, um sich den Mund nachzuziehen. Dies schien mir eine passende Gelegenheit, das Thema anzusprechen.
»Was sagt denn da eigentlich Ihr Verlobter dazu?«
»Welcha Valobte? Wozu? Meen Führa!«
Der korrekte Einsatz der Führeransprache war noch immer verbesserungsfähig.
»Nun, Sie werden ja
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