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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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fragte ich. »Wie heißt denn du?«
    »Ich«, sagte der Knirps, »ich bin der Reinhard.« Es war wirklich ein herziger Bub.
    »Wie alt bist denn du?«, wollte ich wissen. Er hob zögerlich eine Hand hinter dem Rücken hervor und zeigte drei Finger, bevor er zögernd einen vierten hinzufügte. Hinreißend.
    »Ich kannte mal einen Reinhard«, sagte ich und fuhr ihm sanft über den Kopf, »der hat in Prag gewohnt. Das ist eine sehr schöne Stadt.«
    »Hast du den gemocht?«, fragte der Knirps.
    »Den habe ich sogar sehr gemocht«, sagte ich, »das war ein ganz braver Mann! Der hat dafür gesorgt, dass ganz viele böse Menschen Leuten wie dir und mir nichts mehr tun können.«
    »Wie viele?«, fragte der Bub, der sichtlich zutraulicher wurde.
    »Ganz viele! Tausende! Ein ganz braver, tapferer Mann!«
    »Hat der die eingesperrt?«
    »Ja«, nickte ich, »auch.«
    »Dann gab’s bestimmt eins hintendrauf«, lachte der wunderbare Lausbub und nahm die andere Hand hinter dem Rücken hervor. Er hielt mir eine »Bild«-Zeitung hin.
    »Hast du mir die mitgebracht?«, fragte ich ihn.
    Er nickte. »Von der Mama! Die sitzt da drüben«, und dabei zeigte er auf einen entfernteren Tisch im Saale. Dann griff er in die Hosentasche und zog einen Filzstift hervor. »Ich soll fragen, ob du da ein Auto draufmalst.«
    »Ein Auto«, lachte ich, »bist du sicher? Oder hat die Mama nicht eher von einem Autogramm gesprochen?«
    Der Bub legte seine niedliche Stirne in Falten und dachte angestrengt nach. Dann sah er mich betrübt an: »Weiß ich nimmer. Malst du mir ein Auto?«
    »Sollen wir die Mama mal fragen?« Und damit stand ich auf, nahm den kleinen Mann an der Hand und brachte ihn zu seiner Mutter zurück. Ich signierte ihr die Zeitung und malte dem Buben auch noch ein schönes Automobil auf einen Zettel, einen prachtvollen Maybach mit zwölf Zylindern. Als ich wieder zu meinem Platz zurückging, läutete das Telefon. Es war die Dame Bellini.
    »Sie machen das gut«, sagte sie.
    »Ich mag Kinder«, sagte ich, »ich konnte ja nie eine eigene Familie gründen. Und hören Sie endlich auf, mich zu beobachten!«
    »Wieso Kinder«, fragte die Dame Bellini hörbar verwundert, »nein, ich meine: Sie argumentieren gut, Sie sind schlagfertig. Sie sind so gut, dass Herr Sensenbrink und ich dachten, wir könnten denen gleich ein Interview anbieten. Denen von ›Bild‹!«
    Ich dachte kurz nach, dann sagte ich: »Das machen wir nicht. Ich denke, wir kommen so öfter auf die Titelseite. Und das Interview kriegen sie, wenn wir es wünschen. Zu unseren Konditionen.«

xx.
    I ch täusche mich nicht oft. Ich täusche mich im Gegenteile sogar sehr selten. Es ist dies einer der Vorteile, wenn man sich erst mit einer abgeschlossenen Lebenserfahrung in das politische Leben hineinbegibt, und ich sage bewusst: abgeschlossen. Denn es gibt ja dieser Tage so viele sogenannte Politiker, die vielleicht eine Viertelstunde hinter eine Ladentheke gestanden sind oder einmal im Vorbeigehen durch die offene Türe einer Werkhalle geblickt haben und die nun glauben, sie wüssten, wie das wahre Leben aussieht. Ich denke da nur einmal rein beispielshalber an diesen liberalen Asiatenminister. Der Mann hat seine Arztausbildung abgebrochen, um sich auf seine Karriere als Politikwürstchen zu konzentrieren, da kann man doch nun wirklich nur fragen: Und wozu? Ja, wenn er stattdessen gesagt hätte, er konzentriere sich zunächst auf seinen Arztabschluss, um dann zehn oder zwanzig Jahre als Arzt zu arbeiten, fünfzig, sechzig Stunden die Woche, um hernach, geschult durch die harte Realität, sich allmählich eine Meinung zu bilden und diese zu einem Weltbilde zu verfestigen, damit er dann anschließend guten Gewissens eine sinnvolle politische Arbeit beginnen könne, so wäre wohl noch unter günstigen Umständen ein Schuh daraus geworden. Aber natürlich ist dieses Bürschlein eines von dieser neueren, übelsten Sorte, die sich denkt, erst gehen wir in die Politik, und die Ahnung verfertigt sich wohl irgendwie unterwegs. Und so sieht das dann ja auch aus: Da wird heute dem Finanzjudentum das Wort geredet und morgen dem jüdischen Bolschewismus hinterhergelaufen, und so kommt dieses Jüngelchen letzten Endes auch daher: Wie der Klassentölpel, der immer dem Bus hinterherrennt. Ich kann nur sagen: Pfui! Hätte er besser gewartet, bis er die ersten Fronterfahrungen hinter sich hat, die Arbeitslosigkeit, das Männerheim in Wien, die Ablehnung durch diese professoralen Trottel der

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