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Er liebt mich, er liebt mich nicht - Gibson, R: Er liebt mich, er liebt mich nicht - Daisy's Back in Town

Er liebt mich, er liebt mich nicht - Gibson, R: Er liebt mich, er liebt mich nicht - Daisy's Back in Town

Titel: Er liebt mich, er liebt mich nicht - Gibson, R: Er liebt mich, er liebt mich nicht - Daisy's Back in Town Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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wollte nichts empfinden, weder für Steven noch für sie. Er wollte, dass es ihn nicht im Geringsten interessierte.
    Eine Frage hatte er allerdings. »Wie lange hat er noch gelebt, nachdem er akzeptiert hatte, dass er sterben muss?«
    »Acht oder neun Monate.«
    So etwas hatte er vermutet. Steven hatte immer gewollt, dass jemand »als Erster ging« – ob es nun darum ging, Daisy zu sagen, dass ihre Haarschleife hässlich war, von einem Dach zu springen oder mit faulen Tomaten nach Autos zu werfen. Als Jugendlicher hatte es Jack nie gestört, doch das war lange her. »Dann hätte er immer noch Zeit gehabt, herzukommen und mit mir zu reden. Es war nicht nötig, dich zu schicken.«
    Sie stieß ein freudloses Lachen aus. »Offenbar hast du noch nie einen Menschen gesehen, der eine radikale Krebsbehandlung hinter sich gebracht hat, sonst würdest du so etwas nicht sagen.« Sie ließ eine Hand sinken, und Tränen schimmerten in ihren Augen, als sie zu Jack aufblickte. »Du hättest ihn nicht wieder erkannt, Jack.« Eine Träne löste sich aus ihren Wimpern und kullerte über ihre Wange. Jack ballte die Fäuste, um sich davon abzuhalten, die Hand auszustrecken und sie zärtlich abzuwischen. »Gegen
Ende«, fuhr sie fort, »wusste er nicht einmal mehr, wie man Schnürsenkel bindet. Trotzdem hat er darauf bestanden, sich jeden Tag richtig anzuziehen, als wäre es wichtig. Also habe ich ihm die Schnürsenkel gebunden, jeden Tag …, als ob es wichtig gewesen wäre. Und das war es, denn es hat ihm einen Rest von Würde bewahrt, glaube ich. Das Gefühl, ein Erwachsener zu sein. Ein Mann.«
    Etwas in Jacks Herzen regte sich, und das Atmen fiel ihm schwer. »Hör auf, Daisy.«
    »Jack …«
    »Nein.« Er wusste, dass sie erst aufhören würde, wenn sie ihm das Herz zerrissen hatte. Wie früher. Aber das würde er nicht zulassen. Nicht noch einmal. Um nichts in der Welt. »Ich will nichts mehr hören.« Er empfand Mitleid mit Steven. Heftiger, als er es vor zwei Minuten für möglich gehalten hätte, doch er wollte nicht zulassen, dass sie ihn in Stücke riss.
    »Ich hatte nicht vorgehabt, jetzt darüber zu reden.« Sie wischte sich die Träne ab. »Bitte, triff dich später mit mir, und hör mich an.«
    »Das Einzige, was ich von dir hören möchte, Daisy Monroe, ist ›Auf Wiedersehen‹«, erwiderte er und ging. Er kehrte zurück ins Restaurant und erklärte Billy und Rhonda, dass er gehe. Ausnahmsweise war er dankbar für die Tanzbären und ihre laute, nervtötende Musik, die jegliche Frage unterband. Er gab seinen Nichten Geld für Spielmarken und verabschiedete sich. Auf dem Weg nach draußen sah er Daisy nicht mehr, doch er hielt auch nicht nach ihr Ausschau.
    Er holte tief Luft und strebte auf den Ausgang zu. Vermutlich würde er erst wieder normal atmen können, wenn er zu Hause war. Sich in seinem Haus einigeln konnte. Den Erinnerungen an Daisy, Steven und sich selbst die Tür vor
der Nase zuschlug. Doch die Erinnerungen ließen sich nicht so einfach abschütteln. Er ließ sich auf den Klavierschemel seiner Mutter sinken und stützte die Hände auf die Knie.
    Er hatte Steven beinahe genauso viele Jahre lang gehasst, wie er ihn wie einen Bruder geliebt hatte. Doch selbst in seinem ersten aufwallenden Zorn hatte er Steven niemals den Tod gewünscht. Nicht ernsthaft. Vielleicht war die Vorstellung, Steven sei für immer fort, am Anfang verlockend gewesen, doch er hatte ihm nie gewünscht, so zu sterben, wie Daisy es geschildert hatte. Nicht so. Nicht einmal damals, als sein Zorn noch hell loderte.
    Im Grunde hatte er ihm niemals den Tod gewünscht, denn letzten Endes konnte er Steven verstehen. Ihm war klar, dass er Steven genauso betrogen hatte wie Steven ihn.
    Steven hatte ihm damals erzählt, dass Daisy am Abend vor diesem verdammten Schulball in der Oberstufe so gemein versetzt worden war. Gemeinsam hatten sie beschlossen, dass Jack sie einladen sollte, weil Steven bereits mit einem Mädchen verabredet war. Damals war ihnen diese Lösung so einfach erschienen. Jack sollte Daisy einladen, damit sie sich nicht den ganzen Abend lang die Augen ausweinte. Keine große Sache, aber sie hatte ihrer aller Leben verändert.
    Seine einzige Erinnerung an den Ball selbst bestand darin, dass er sich bemüht hatte, sie so wenig wie möglich zu berühren. Allerdings erinnerte er sich noch sehr genau daran, wie er auf Daisys Veranda gestanden und sie angesehen hatte. Er hatte sie so sehr begehrt, dass es schmerzte, und hatte sich

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