Er sieht dich wenn du schläfst
an der Haustür. Sean O’Brien war offensichtlich
eingetroffen. Billy drückte auf den Türöffner und erwartete Sean
oben an der Treppe.
O’Brien wirkte sehr ernst. Er nickte, als Billy ihm Kaffee anbot, setzte sich zu ihnen an den Tisch und berichtete von dem
Brand.
»Wie schlimm ist es?«, fragte Nor.
»Wie es schlimmer nicht sein kann«, antwortete O’Brien.
»Hans Kramer ist im Krankenhaus. Er hat einen ziemlich
schweren Herzinfarkt erlitten, aber er kommt wohl durch.«
Nor sog hörbar die Luft ein. »O nein.«
»Sein Gebäude ist bis auf die Grundmauern abgebrannt«, fuhr
O’Brien fort. »Restlos. Da waren Experten am Werk.«
»Ist es denn tatsächlich Brandstiftung gewesen?«, fragte Nor
der Form halber, denn eigentlich kannte sie die Antwort bereits.
»Ja.«
»Und was passiert jetzt?«, fragte Billy.
»Die Männer vom FBI werden bald hier eintreffen. Sie müssen Ihre Aussagen aufnehmen. Ihre Aussagen belasten die Badgetts schwer. Wenn Kramer wieder einigermaßen auf den Beinen ist, werden wir seine Aussage einholen. Dann reicht die
Bundespolizei Klage ein. Da Sie mit angehört haben, wie Junior
die Brandstiftung in Auftrag gab, sieht es ganz so aus, als läge
diesmal wirklich etwas Stichhaltiges gegen sie vor. Aber ich
warne Sie, unter keinen Umständen darf jemand wissen, dass
Sie Zeugen gewesen sind.«
Billy und Nor wechselten einen Blick. »Ich glaube, wir wissen beide, was das zu bedeuten hat«, sagte Billy.
»Ich bestimmt«, meinte Dennis finster.
Sterling schüttelte den Kopf. Der Anwalt, dachte er. Charlie
Santoli, der Anwalt der Badgetts. Er hat Billy und Nor aus dem
Büro kommen sehen. Wissen die Badgetts das bereits?
A
m Montagmorgen ging Charlie Santoli um halb acht die Treppe hinunter in die Küche seines
Hauses in Little Neck auf Long Island. Marge, seine Frau, war
schon unten und machte das Frühstück.
Die Hände in die Hüften gestemmt und Sorgenfalten auf der
Stirn, schaute sie ihn durchdringend an. »Du siehst aus, als wärst
du eine Woche lang nicht ins Bett gekommen, Charlie«, sagte
sie geradeheraus.
Charlie hob eine Hand. »Marge, fang nicht schon wieder an.
Mir geht’s gut.«
Marge war eine attraktive, gut gebaute Frau mit kurzen, braunen Haaren, ein Farbton, den sie regelmäßigen Besuchen im
Schönheitssalon um die Ecke verdankte. Seit Jahren hatte sie
jeden Samstag einen festen Termin für Waschen, Legen und
Maniküre. Jeden vierten Samstag ließ sie sich eine Algenmaske
auflegen und die Haare färben.
Marge ließ sich durch nichts davon abhalten. Sie stand in dem
Ruf, sich sogar unter der Trockenhaube mit anderen Kundinnen
zu unterhalten. Das hieß natürlich, dass sie schreien musste, um
verstanden zu werden. Im Laufe der Zeit hatte Charlie erkannt,
dass Marge die Gabe des Quasselns von ihren irischen Vorfahren geerbt hatte. Stets wollte sie sowohl das erste als auch das
letzte Wort haben.
Jetzt musterte sie ihren Mann eingehend, betrachtete sein Gesicht und nahm die müden Linien um seine Augen wahr, die
schmalen Lippen, das leichte Muskelzucken in einer Wange. Dann
hob sie zu einer vertrauten Litanei an. »Du siehst schrecklich aus,
und alles nur, weil die beiden dich in den Wahnsinn treiben.«
Ein Summer ertönte. Marge drehte sich um und holte mit der
Hand, die in einem Kochhandschuh steckte, ein Tablett frisch
gebackener Maismuffins aus dem Ofen. »Hast du letzte Nacht
überhaupt geschlafen?«
Habe ich das?, fragte sich Charlie. Er hatte Kopfschmerzen,
Magenschmerzen und Sodbrennen. Er antwortete nur mit einem
Schulterzucken.
Gestern Abend, als er um neun Uhr nach Hause kam, war
Marge über ihn hergefallen, um Einzelheiten über die Party zu
erfahren, doch er hatte sich entschuldigt. »Marge, lass mir etwas
Zeit, es zu verdauen.«
Sie war ihm gnädig gewesen, denn zum Glück lief auf irgendeinem obskuren Kabelsender ein Weihnachtsklassiker, den sie
schon immer gemocht hatte. Marge hatte sich mit einer Schachtel Kleenex neben dem Sofa und einer Tasse Tee auf dem Tisch
fröhlich darauf vorbereitet, ordentlich abzuweinen.
Charlie war für diese Schonfrist ausgesprochen dankbar, hatte
sich einen starken Scotch gemacht und war hinter der Sonntagszeitung abgetaucht.
Marge hatte es beinahe umgebracht, die Badgett-Party zu verpassen, vor allem wegen der köstlichen Aussieht, Mama Badgett über
Satellit im Fernsehen zu sehen. Ihr Hinderungsgrund war ein schon
seit langem geplantes Treffen mit ihren Klassenkameradinnen von
der St. Mary’s
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