Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eragon 04 - Das Erbe Der Macht

Eragon 04 - Das Erbe Der Macht

Titel: Eragon 04 - Das Erbe Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini , Michaela Link
Vom Netzwerk:
es bald enden, und das auf die denkbar abscheulichste und jämmerlichste Weise. Und das Schlimmste war, sie hatte nichts von dem erreicht, was sie zu erreichen gehofft hatte. Nicht im Krieg, nicht im Leben, nicht in der Liebe – keine Kinder. Das Einzige, was von ihr blieb, waren Schlachten und Leichen und ein langer Tross von Proviantwagen; geschickte Strategien, zu zahlreich, um sich daran zu erinnern; Treueeide und Gefolgschaften, die jetzt weniger wert waren als die Versprechen eines Possenreißers; und ein schwerfälliges, aufsässiges, allzu angreifbares Heer, das von einem Reiter angeführt wurde, der noch jünger war als sie selbst. Es schien ihr ein jämmerliches Andenken an ihren Namen zu sein. Und eine Erinnerung würde alles sein, was blieb. Sie war die letzte ihres Geschlechtes. Mit ihr würde ihre Familie aussterben.
    Der Gedanke quälte sie und sie haderte mit sich, dass sie keine Kinder geboren hatte, als sie es gekonnt hätte.
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie und sah das Gesicht ihres Vaters vor sich.
    Dann riss sie sich zusammen und schob ihre Verzweiflung beiseite. Das Einzige, worüber sie in dieser Lage noch die Kontrolle hatte, war sie selbst. Und ihre Selbstbeherrschung würde sie nicht für das fragwürdige Vergnügen aufgeben, in Zweifeln, Ängsten und Reue zu schwelgen. Solange sie Herr über ihre Gedanken blieb, war sie nicht gänzlich hilflos. Es war die denkbar kleinste Freiheit – die des eigenen Geistes –, aber sie war dankbar dafür und das Wissen, dass sie ihr vielleicht bald entrissen werden würde, bestärkte sie noch darin, diese Freiheit zu nutzen.
    Auf jeden Fall hatte sie noch eine letzte Pflicht zu erfüllen: dem Verhör standzuhalten. Zu diesem Zweck würde sie die volle Kontrolle über sich brauchen. Anderenfalls würde sie schnell brechen.
    Sie verlangsamte ihre Atmung und konzentrierte sich auf das stete Fließen der Luft durch Rachen und Nase, dann ließ sie diese Empfindung alle anderen überlagern. Als sie sich hinreichend ruhig fühlte, machte sie sich daran, zu entscheiden, an welche Dinge sie denken konnte, ohne etwas zu verraten. So viele Themen waren gefährlich – gefährlich für sie, gefährlich für die Varden, gefährlich für ihre Verbündeten oder gefährlich für Eragon und Saphira. Sie beschäftigte sich nicht mit den Dingen, die sie meiden wollte, denn das hätte ihren Feinden womöglich auf der Stelle die Informationen verschafft, die sie wollten. Stattdessen wählte sie eine Handvoll Gedanken und Erinnerungen aus, die ihr harmlos erschienen, und bemühte sich, den Rest zu ignorieren – bemühte sich, sich selbst davon zu überzeugen, dass alles, was sie war und was sie ausmachte, nur aus diesen wenigen Erinnerungen bestand.
    Im Wesentlichen versuchte sie, sich eine neue und schlichtere Identität zu erschaffen, um, wenn man ihr Fragen nach diesem oder jenem stellte, mit absoluter Aufrichtigkeit Unwissenheit vorschützen zu können. Es war eine gefährliche Technik, und damit sie funktionierte, musste sie an ihre eigene Täuschung glauben. Sollte sie jemals befreit werden, würde es vielleicht schwierig sein, ihr wahres Ich wiederzufinden.
    Andererseits konnte sie nicht auf Rettung oder Befreiung hoffen. Alles, was sie zu hoffen wagte, war, die Pläne ihrer Peiniger zu vereiteln.
    Gokukara, gib mir die Kraft, die vor mir liegenden Prüfungen zu ertragen. Wache über deine kleine Eule, und sollte ich sterben, bring mich sicher fort von diesem Ort … bring mich sicher in das Land meines Vaters.
    Sie ließ den Blick durch den gekachelten Raum schweifen, soweit ihr das möglich war, und musterte Wände und Decke genauer. Sie vermutete, dass sie in Urû’baen war. Es war nur logisch, dass Murtagh und Dorn sie dorthingebracht hatten, und es würde das an den Stil der Elfen erinnernde Aussehen des Raums erklären. Die Elfen hatten einen großen Teil Urû’baens erbaut, der Stadt, die sie damals Ilirea nannten. Sie wusste nur nicht mehr, ob das vor dem Krieg mit den Drachen gewesen war – vor langer, langer Zeit – oder erst nachdem Urû’baen die Hauptstadt des Königreichs Broddring geworden war und die Reiter sich dort offiziell niedergelassen hatten.
    Ihr Vater hatte ihr davon erzählt. Sie selbst hatte die Stadt nie gesehen.
    Sie konnte natürlich auch ganz woanders sein: vielleicht auf einem von Galbatorix’ Landgütern. Und der Raum existierte vielleicht nicht einmal so, wie sie ihn wahrnahm. Ein geschickter Magier konnte alles

Weitere Kostenlose Bücher