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Eragon 04 - Das Erbe Der Macht

Eragon 04 - Das Erbe Der Macht

Titel: Eragon 04 - Das Erbe Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini , Michaela Link
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über ihre Stirn und zog ihn fest genug, um ihren Kopf zu fixieren, aber nicht so fest, dass es ihr Schmerzen bereitete.
    Sie erwartete, dass er weggehen und sein Mittagessen verzehren würde – oder sein Abendessen oder welche Mahlzeit auch immer an der Reihe war. Aber stattdessen griff er nach der Platte, trug sie zu ihr hinüber und bot ihr ein Glas mit Wasser gemischten Wein an.
    Es war schwer, im Liegen zu schlucken, daher nahm sie ganz kleine Schlucke von der Flüssigkeit aus dem silbernen Kelch, den er ihr an die Lippen drückte. Trotzdem war es ein herrlich wohltuendes Gefühl, wie der verwässerte Wein ihre trockene Kehle hinunterrann.
    Als der Kelch leer war, stellte der Mann ihn beiseite, schnitt Scheiben von dem Brot und dem Käse ab und hielt sie ihr hin.
    »Wie …«, begann sie, da ihre Stimme ihr nun endlich gehorchte. »Wie heißt du?«
    Der Mann sah sie ohne jede Gefühlsregung an. Seine knollenförmige Stirn glänzte im Licht der flammenlosen Laterne wie poliertes Elfenbein.
    Er hielt ihr wieder das Brot und den Käse hin.
    »Wer bist du? … Ist das hier Urû’baen? Bist du ein Gefangener wie ich? Wir könnten uns gegenseitig helfen, du und ich. Galbatorix ist nicht allwissend. Zusammen könnten wir einen Weg finden, zu entkommen. Es erscheint vielleicht unmöglich, aber das ist es nicht, das verspreche ich.« Sie sprach mit leiser, ruhiger Stimme weiter und hoffte, irgendetwas zu sagen, was entweder das Mitgefühl des Mannes erregen oder seinen Eigennutz ansprechen würde.
    Sie wusste, dass sie überzeugend sein konnte – lange Stunden des Verhandelns für die Varden hatten das zu ihrer Genugtuung immer wieder bewiesen –, aber ihre Worte schienen keine Wirkung auf den Mann zu haben. Bis auf seinen Atem hätte er genauso gut tot sein können, wie er da mit dem Brot und dem Käse vor ihr stand. Sie fragte sich, ob er vielleicht taub war, aber er hatte ja bemerkt, dass sie versucht hatte, um Wasser zu bitten. Daher verwarf sie diesen Gedanken wieder.
    Sie redete, bis sie jedes Argument und jede Bitte ausgereizt hatte, die ihr einfiel. Als sie schließlich einen Moment still war und über andere mögliche Vorgehensweisen nachdachte, hielt der Mann ihr Brot und Käse an die Lippen. Wütend sandte sie ihm die stumme Botschaft, das Essen wegzunehmen, aber seine Hand bewegte sich nicht mehr und er starrte sie weiter mit dem gleichen leeren, unbeteiligten Blick an.
    Es kribbelte in ihrem Nacken, als sie begriff, dass sein Verhalten kein Ausdruck von Zuneigung war; sie bedeutete ihm wirklich nichts. Sie hätte es verstanden, wenn er sie gehasst hätte oder wenn er ein perverses Vergnügen daran gefunden hätte, sie zu foltern, oder wenn er ein Sklave gewesen wäre, der widerstrebend Galbatorix’ Befehle ausführte. Aber nichts von alledem schien der Wahrheit zu entsprechen. Vielmehr war er gleichgültig, ohne den geringsten Funken von Mitgefühl. Er würde sie, da hatte sie keine Zweifel, genauso bereitwillig töten, wie er sich jetzt um sie kümmerte, und mit der gleichen Anteilnahme, mit der man vielleicht eine Ameise zerquetschte.
    Während sie sich im Stillen dafür verfluchte, nachgeben zu müssen, öffnete sie den Mund und ließ zu, dass er ihr Brot und Käsestücke auf die Zunge legte, obwohl sie ihn am liebsten in die Finger gebissen hätte.
    Er fütterte sie. Wie ein Kind. Mit der Hand. Er legte ihr jedes Bröckchen so vorsichtig in den Mund, als wäre es eine hohle Glaskugel, die bei jeder plötzlichen Bewegung zersplittern konnte.
    Ein tiefes Gefühl der Verachtung stieg in ihr auf. Von der Anführerin der größten Allianz in der Geschichte Alagaësias zu dem zu werden, was sie hier war … Nein, nein, nichts von alledem existierte. Sie war die Tochter ihres Vaters. Sie hatte in Surda im Staub und in der Hitze gelebt, unter den widerhallenden Rufen der Händler auf den belebten Marktstraßen. Das war alles. Sie hatte keinen Grund, hochmütig zu sein, keinen Grund, ihm ihren Absturz übel zu nehmen, den es gar nicht gegeben hatte.
    Nichtsdestoweniger hasste sie den Mann, der da so bedrohlich vor ihr stand. Sie hasste es, dass er darauf bestand, sie zu füttern, obwohl sie hätte selbst essen können. Sie hasste es, dass Galbatorix oder wer auch immer für ihre Gefangenschaft verantwortlich war, versuchte, ihr ihren Stolz und ihre Würde zu nehmen. Und sie hasste es, dass diese Person bis zu einem gewissen Grad Erfolg hatte.
    Sie würde den Mann töten, beschloss sie. Wenn sie nur noch eine

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