Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
»Ich kann Euch nicht verzeihen … aber ich verstehe Euch.«
Woraufhin er nickte und davonstolperte und sie mit der Frage zurückließ, ob sie einen neuen Verbündeten gefunden hatte.
KLEINE REBELLIONEN
W
ährend Nasuada schwitzend und fröstelnd auf der Steinplatte lag und ihr ganzer Körper schmerzte, ertappte sie sich bei dem Wunsch, Murtagh möge zurückkommen, und sei es nur, um sie noch einmal von ihren schrecklichen Schmerzen zu erlösen.
Als die Tür zu dem achteckigen Raum endlich aufschwang, war sie unglaublich erleichtert, aber ihre Erleichterung verwandelte sich in bittere Enttäuschung, als sie die schlurfenden Schritte ihres Wärters hörte, der die Treppe herunterkam.
Wie er es schon einmal getan hatte, wusch der stämmige, aber schmalschultrige Mann ihre Wunden mit einem feuchten Tuch aus, dann verband er sie mit Leinenstreifen. Als er ihre Fesseln löste, damit sie zum Abort gehen konnte, stellte sie fest, dass sie zu schwach war für den Versuch, nach dem Messer auf dem Essenstablett zu greifen. Stattdessen begnügte sie sich damit, dem Mann für seine Hilfe zu danken, und machte ihm zum zweiten Mal ein Kompliment für seine Fingernägel, die noch mehr glänzten als zuvor und von denen er ganz offensichtlich wollte, dass sie sie sah, denn er hielt seine Hände ständig so, dass sie sie einfach sehen musste.
Nachdem er sie gefüttert hatte und wieder gegangen war, versuchte sie zu schlafen, aber ihre schmerzenden Wunden machten es ihr unmöglich, mehr als nur zu dösen.
Sie riss die Augen auf, als sie hörte, wie der Riegel von der Tür ihres Gefängnisses aufgeschoben wurde.
Nicht schon wieder!, dachte sie und Panik stieg in ihr auf. Nicht so bald! Ich kann nicht mehr … Ich bin nicht stark genug. Dann bezwang sie ihre Angst und sagte sich: So etwas darfst du nicht einmal denken, sonst glaubst du es schließlich noch. Doch obwohl sie in der Lage war, ihr Bewusstsein zu beherrschen, konnte sie ihr Herz nicht daran hindern, doppelt so schnell zu schlagen wie sonst.
Die Schritte einer einzigen Person hallten durch den Raum, dann erschien Murtagh am Rand ihres Gesichtsfelds. Er trug keine Maske und seine Miene war ernst.
Diesmal heilte er sie gleich, ohne zu warten. Die Erleichterung, die sie verspürte, als der Schmerz nachließ, war so groß, dass es an Ekstase grenzte. In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie ein so angenehmes Gefühl erfahren wie das Abebben dieser Qual.
Die Erleichterung entlockte ihr ein schwaches Keuchen. »Danke.«
Murtagh nickte. Dann ging er zur Wand hinüber und setzte sich an die gleiche Stelle wie beim letzten Mal.
Sie betrachtete ihn eine Weile. Die Haut an seinen Knöcheln war wieder glatt und unversehrt, und er wirkte nüchtern, wenn auch grimmig und schweigsam. Seine Kleider waren einmal prächtig gewesen, doch jetzt waren sie zerrissen, ausgefranst und geflickt, und sie entdeckte mehrere Risse an der Unterseite seiner Ärmel. Sie fragte sich, ob er gekämpft hatte.
»Weiß Galbatorix, wo Ihr seid?«, fragte sie schließlich.
»Vielleicht, aber ich bezweifle es. Er ist gerade mit seinen Lieblingskonkubinen beschäftigt. Entweder das oder er schläft. Es ist mitten in der Nacht. Außerdem habe ich einen Zauber gewirkt, damit uns niemand belauschen kann. Er könnte ihn brechen, wenn er wollte, aber ich würde es merken.«
»Was ist, wenn er es herausfindet?«
Murtagh zuckte die Achseln.
»Er wird es herausfinden, wisst Ihr. Sobald er mich mürbe gemacht hat.«
»Dann erlaubt es ihm nicht. Ihr seid stärker als ich. Ihr habt niemanden, den er bedrohen kann. Ihr könnt Euch ihm widersetzen, anders als ich … Die Varden sind im Eilmarsch auf dem Weg hierher, ebenso die Elfen von Norden. Wenn Ihr noch einige Tage länger durchhalten könnt, besteht eine Chance … besteht eine Chance, dass sie Euch vielleicht befreien können.«
»Aber Ihr glaubt es nicht, oder?«
Er zuckte abermals die Achseln.
»Dann helft mir, zu fliehen.«
Ein hartes, bellendes Lachen brach sich aus seiner Kehle Bahn. »Wie? Ohne Galbatorix’ Erlaubnis kann ich nicht viel mehr tun, als meine Stiefel anzuziehen.«
»Ihr könntet meine Fesseln lockern, und wenn Ihr geht, könntet Ihr vielleicht vergessen, die Tür abzuschließen.«
Seine Oberlippe verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. »Draußen sind zwei Männer postiert, dieser Raum ist mit Schutzzaubern belegt, um Galbatorix zu warnen, falls ein Gefangener ihn verlässt, und zwischen Eurem Gefängnis und dem
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