Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
nächsten Morgen weckte.
Während er in die Gesichter der Männer blickte, die ihm zuhörten, musste Eragon sich einfach fragen, wer von ihnen möglicherweise Galbatorix’ Diener war. Bei dem Gedanken war ihm nicht wohl und er ertappte sich dabei, dass er auf Schritte hinter sich lauschte, wenn er sich von einem Feuer zum nächsten bewegte.
Schließlich, als er glaubte, dass er mit genug Kriegern gesprochen hatte, um dafür zu sorgen, dass die Information Galbatorix erreichten, ließ er die Feuer hinter sich und ging zu einem ganz bestimmten Zelt, das ein wenig abseits von den anderen am Südrand des Lagers stand.
Er klopfte an den Mittelpfosten: einmal, zweimal, dreimal. Es kam keine Antwort, also klopfte er noch einmal, diesmal lauter und länger.
Einen Moment später hörte er ein schläfriges Stöhnen und das Rascheln einer Decke. Er wartete geduldig, bis eine kleine Hand die Eingangsklappe beiseitezog und das Hexenkind Elva zum Vorschein kam. Sie trug ein dunkles Gewand, das ihr viel zu groß war, und im schwachen Licht einer Fackel in der Nähe konnte er ein Stirnrunzeln auf ihrem scharf geschnittenen kleinen Gesicht erkennen.
»Was willst du, Eragon?«, fragte sie.
»Weißt du das nicht schon?«
Die Falte zwischen ihren Brauen vertiefte sich. »Nein, ich weiß es nicht. Nur dass du etwas dringend genug willst, um mich mitten in der Nacht zu wecken, was selbst ein Idiot erkennen könnte. Was gibt es? Ich bekomme ohnehin schon zu wenig Schlaf, also hoffe ich für dich, dass es wichtig ist.«
»Das ist es.«
Er redete einige Minuten lang ohne Unterbrechung, beschrieb seinen Plan und fügte dann hinzu: »Ohne dich wird es nicht funktionieren. Du bist der Punkt, um den sich alles dreht.«
Sie stieß ein hässliches Lachen aus. »Welche Ironie! Der mächtige Krieger verlässt sich auf ein Kind, um den zu töten, den er nicht töten kann.«
»Wirst du mir helfen?«
Das Mädchen senkte den Blick und scharrte mit den nackten Füßen über den Boden.
»Wenn du es tust, könnte all das …«, er deutete auf das Lager und die Stadt dahinter, »… viel früher zu Ende sein, und dann musst du nicht mehr gar so viel Schmerzen ertragen …«
»Ich werde dir helfen.« Sie stampfte mit dem Fuß auf und funkelte Eragon an. »Du brauchst mich nicht zu überreden. Ich wollte euch sowieso unterstützen. Ich habe nicht die Absicht, zuzulassen, dass Galbatorix die Varden vernichtet, nur weil ich dich nicht leiden kann. So wichtig bist du nun auch wieder nicht, Eragon. Außerdem habe ich Nasuada ein Versprechen gegeben und ich habe vor, es zu halten.« Sie legte den Kopf schief. »Da ist etwas, das du mir nicht erzählst. Etwas, von dem du fürchtest, dass Galbatorix es herausfinden könnte, bevor wir angreifen. Es geht um …«
Das Geräusch klirrender Ketten unterbrach sie.
Für einen Moment war Eragon verwirrt. Dann begriff er, dass das Geräusch aus der Stadt kam.
Er legte eine Hand auf sein Schwert. »Mach dich bereit«, sagte er zu Elva. »Wir müssen vielleicht gleich aufbrechen.«
Ohne Widerspruch drehte das Mädchen sich um und verschwand im Zelt.
Eragon sandte seinen Geist zu Saphira aus. Hörst du das?
Ja.
Wenn es sein muss, treffen wir dich an der Straße.
Das Klirren hielt noch kurze Zeit an, dann erklang ein gewaltiges Donnern, gefolgt von Stille.
Eragon lauschte angespannt, hörte aber nichts mehr. Er wollte gerade einen Zauber wirken, um die Empfindlichkeit seiner Ohren zu verstärken, als ein dumpfer Schlag ertönte, begleitet von einem scharfen Klirren.
Dann noch einem …
Und noch einem …
Ein Schauder des Entsetzens lief Eragon über den Rücken. Das war unverkennbar ein Drache, der seine Pranken aufsetzte. Aber was für ein Drache, wenn man seine Schritte aus einer Entfernung von mehr als einer Meile hören konnte!
Shruikan, dachte er und sein Magen zog sich vor Grauen zusammen.
Überall im Lager erklangen Alarmhörner und Menschen, Zwerge und Urgals entzündeten Fackeln, während die Armee blitzartig auf die Beine kam.
Eragon bedachte Elva mit einem Seitenblick, als sie aus dem Zelt geeilt kam, gefolgt von der alten Greta. Das Mädchen hatte ein kurzes rotes Wams übergestreift, über dem sie ein Kettenhemd trug, das haargenau passte.
Die Schritte in Urû’baen erstarben. Der dunkle, massige Leib des Drachen blendete die meisten der Laternen und Wachlichter der Stadt aus.
Wie groß ist er?, fragte Eragon sich entsetzt. Größer als Glaedr, so viel stand fest. So groß wie
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