Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
als müssten wir Berge niederreißen und das Meer mit Blut füllen.«
Darauf wusste Eragon keine Antwort.
Sie standen da und sahen zum Fluss hinüber, der jenseits einer Reihe niedriger Weiden dahinströmte. Das Rascheln der Nesseln im Wind wurde lauter.
Dann sagte Eragon: »Wenn dir das Alleinsein zu viel wird, komm zu uns. An unserem Herd bist du immer willkommen, egal wo das sein wird.«
»Das machen wir. Versprochen.«
Zu Eragons Überraschung trat ein verräterischer Glanz in Murtaghs Augen, der aber gleich wieder verschwanden.
»Weißt du«, begann Murtagh, »ich hätte nie gedacht, dass du es schaffen würdest … Aber ich bin froh, dass du es geschafft hast.«
»Ich hatte Glück. Und ohne deine Hilfe wäre es nicht möglich gewesen.«
»Trotzdem … Hast du die Eldunarí in den Satteltaschen gefunden?«
Eragon nickte.
»Gut.«
Sollen wir es ihnen erzählen?, fragte Eragon Saphira und hoffte, dass sie zustimmen würde.
Sie dachte einen Moment nach. Ja, aber sag nicht, wo. Du erzählst es ihm und ich werde es Dorn erzählen.
Wie du meinst. An Murtagh gewandt, sagte Eragon: »Es gibt da noch etwas, was du wissen solltest.«
Murtagh warf ihm einen Seitenblick zu.
»Das Ei, das Galbatorix hatte – es ist nicht das einzige in Alagaësia. Es gibt noch mehr, und zwar sind sie dort versteckt, wo wir auch die Eldunarí gefunden haben, die wir mitgebracht haben.«
Murtagh sah ihn ungläubig an. Gleichzeitig warf Dorn den Hals zurück und stieß ein freudiges Brüllen aus, das einen Schwarm Schwalben aus den Zweigen eines nahen Baums aufschreckte.
»Wie viele gibt es noch?«
»Hunderte.«
Einen Moment lang verschlug es Murtagh die Sprache. Dann fragte er: »Was willst du mit ihnen machen?«
»Ich? Ich denke, Saphira und die Eldunarí werden in der Angelegenheit auch einiges mitzureden haben, aber wahrscheinlich werde ich einen sicheren Ort suchen, an dem die Drachen schlüpfen können. Und sich einen Reiter erwählen, wenn sie wollen.«
»Werdet ihr beide, du und Saphira, sie ausbilden?«
Eragon zuckte die Achseln. »Ich bin sicher, dass die Elfen uns dabei helfen werden. Und du könntest das auch, wenn du mitmachen willst.«
Murtagh legte den Kopf in den Nacken und atmete tief aus. »Die Drachen kehren zurück und die Reiter auch.« Er lachte leise. »Die Welt wird sich bald verändern.«
»Sie hat sich bereits verändert.«
»Stimmt. Also werdet ihr beiden die neuen Anführer der Drachenreiter, während Dorn und ich in der Wildnis leben werden.« Eragon versuchte, etwas zu sagen, um ihn zu trösten, aber Murtagh hielt ihn mit einem Blick davon ab. »Nein, das ist schon in Ordnung so. Du und Saphira, ihr gebt bessere Lehrer ab als wir beide.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.«
»Hm … aber versprich mir eines.«
»Was?«
»Wenn du sie unterrichtest – bring ihnen bei, keine Angst zu haben. Ein bisschen Angst schadet nicht. Aber wenn sie dein ständiger, übermächtiger Begleiter ist, verändert sie dich, und das macht es schwer, das zu tun, was man eigentlich für das Richtige hält.«
»Ich werde es versuchen.«
Eragon fiel auf, dass Saphira und Dorn nicht mehr miteinander redeten. Der rote Drache bewegte sich um sie herum, bis er auf Eragon herabschauen konnte. Mit einer Gedankenstimme, die überraschend melodisch war, sagte Dorn: Danke, dass du meinen Reiter nicht getötet hast, Eragon-Murtagh-Bruder.
»Ja, vielen Dank«, bemerkte Murtagh trocken.
»Ich bin froh, dass ich es nicht tun musste«, entgegnete Eragon und sah in Dorns glitzerndes blutrotes Auge.
Der Drache schnaubte, dann beugte er sich vor, berührte Eragons Kopf und klopfte mit seinen Schuppen auf Eragons Helm. Mögen der Wind und die Sonne immer in deinem Rücken stehen.
»Das wünsche ich dir auch.«
Auf einmal drückten große Wut, Trauer und widerstreitende Gefühle gegen Eragons Geist. Glaedrs Bewusstsein umfing ihn und offensichtlich auch den Geist von Murtagh und Dorn, denn sie spannten sich an wie vor einem Kampf. Eragon hatte ganz vergessen, dass Glaedr und die anderen Eldunarí – verborgen in ihrer unsichtbaren Falte im Raum – immer noch bei ihnen waren und zugehört hatten.
Ich wollte, ich könnte dir für das Gleiche danken, sagte Glaedr und seine Worte waren so bitter wie Galläpfel. Du hast meinen Körper getötet und du hast meinen Reiter getötet. Die Feststellung war klar und schlicht und deswegen umso schrecklicher.
Murtagh sagte etwas in Gedanken, aber Eragon wusste nicht, was, denn die
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