Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
Saphira und die Werkatze, und er konnte spüren, dass auch Umaroth und die anderen Eldunarí ihn genau beobachteten. Er erwiderte die prüfenden Blicke weder ängstlich noch verärgert. Dann sah er Nasuada forschend ins Gesicht, um einen Hinweis auf ihre Einstellung zu erhalten, aber er konnte ihr nicht ansehen, was sie dachte oder fühlte, nur dass sie die Lage sehr ernst nahm.
Er begriff, dass Däthedr recht hatte: Er konnte König werden. Und das beunruhigte ihn.
Einen Moment lang gestattete Eragon sich, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen. Es gab niemanden, der ihn daran hindern konnte, den Thron zu besteigen – niemanden außer Elva und vielleicht Murtagh. Aber er wusste jetzt, wie er Elvas Fähigkeiten entgegenwirken konnte, und Murtagh war nicht mehr da, um ihn herauszufordern. Saphira würde sich nicht dagegenstellen, ganz gleich, wie er sich entschied, das konnte er ihren Gedanken entnehmen. Und obwohl er Nasuadas Miene nicht deuten konnte, hatte er das eigenartige Gefühl, dass sie zum ersten Mal bereit wäre, beiseitezutreten und ihn das Kommando übernehmen zu lassen.
Was willst du?, fragte Saphira.
Eragon dachte darüber nach. Ich will … nützlich sein. Aber Macht und Herrschaft über andere – diese Dinge, nach denen Galbatorix strebte – interessieren mich wenig. In jedem Fall haben wir andere Pflichten.
Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die übrigen Anwesenden und erklärte: »Nein. Das wäre nicht richtig.«
König Orrin brummte und nahm noch einen Schluck von seinem Wein, während Arya, Däthedr und Nasuada erleichtert wirkten, wenn auch nur geringfügig. Genau wie sie schienen die Eldunarí erfreut über seine Entscheidung, obwohl sie sie nicht mit Worten kommentierten.
»Ich bin froh, Euch das sagen zu hören«, erwiderte Däthedr. »Zweifellos würdet Ihr einen großartigen Herrscher abgeben, aber ich denke, es wäre nicht gut für Euer Volk und auch nicht für die anderen Völker Alagaësias, wenn ein weiterer Drachenreiter den Thron besteigen würde.«
Arya gab Däthedr einen fast unmerklichen Wink. Der silberhaarige Elf trat ein wenig zurück und Arya fuhr an seiner statt fort: »Roran wäre eine andere naheliegende Wahl.«
»Roran!«, wiederholte Eragon ungläubig.
Arya musterte ihn. Ihr Blick war ernst und unerbittlich und ihre Augen leuchteten in dem von der Seite einfallenden Licht wie geschliffene Smaragde. »Seinen Taten ist es zu verdanken, dass die Varden Urû’baen erobert haben. Er ist der Held von Aroughs und von so vielen anderen Schlachten. Die Varden und die Bewohner des Imperiums würden ihm ohne Zögern folgen.«
»Er ist ein grober Kerl mit übersteigertem Selbstbewusstsein und ihm fehlt es an der nötigen Erfahrung«, wandte Orrin ein. Dann sah er mit leicht schuldbewusster Miene zu Eragon hinüber. »Auch wenn er ein guter Krieger ist.«
Arya klappte einmal ihre Augenlider auf und zu, wie eine Eule. »Ich glaube, wenn Ihr wolltet, könntet Ihr feststellen, dass seine Grobheit sehr davon abhängt, mit wem er es zu tun hat … Euer Majestät. Aber Ihr habt recht, Roran fehlt es an der nötigen Erfahrung. Damit bleiben nur noch zwei Kandidaten: Ihr, Nasuada, und Ihr, König Orrin.«
König Orrin rutschte in seinem tiefen Sessel hin und her und die Falten auf seiner Stirn vertieften sich, während Nasuadas Miene unverändert blieb.
»Ich nehme an«, sagte Orrin zu Nasuada, »dass Ihr Euren Anspruch geltend machen wollt.«
Sie reckte das Kinn vor. »Das werde ich.« Ihre Stimme war so ruhig wie unbewegtes Wasser.
»Dann kommen wir so nicht weiter, denn ich werde meinen Anspruch ebenfalls geltend machen. Und ich werde nicht nachgeben.« Orrin rollte den Stiel seines Weinkelchs zwischen den Fingern. »Ich sehe nur eine Möglichkeit, die Angelegenheit ohne Blutvergießen zu regeln: Ihr müsst auf Euren Anspruch verzichten. Sonst werdet Ihr am Ende alles zerstören, was wir heute gewonnen haben, und für das Chaos, das folgen wird, könnt Ihr dann niemand anderen verantwortlich machen als Euch selbst.«
»Ihr würdet Euch gegen Eure eigenen Verbündeten stellen, nur um Nasuada den Thron zu verweigern?«, fragte Arya.
König Orrin hatte es vielleicht nicht bemerkt, aber Eragon erkannte ihr kaltes, hartes Auftreten als das, was es war: die Bereitschaft, von einem Moment auf den anderen anzugreifen und zu töten.
»Nein«, erwiderte Orrin. »Ich würde mich gegen die Varden wenden, um meinen Thronanspruch durchzusetzen. Das ist ein
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