Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
»Wir müssen ihnen jetzt eine Antwort bieten, bevor Unruhen ausbrechen. Unsere Königin ist tot. König Orrin, Ihr seid verletzt. Ich bin mir sicher, dass unzählige Gerüchte die Runde machen. Es ist wichtig, dass wir sie im Keim ersticken, bevor sie Schaden anrichten können. Eine Verzögerung hätte verheerende Folgen. Wir dürfen nicht zulassen, dass jeder Fürst, der über ein paar Truppen verfügt, glaubt, er könne nun Herrscher seiner eigenen kleinen Monarchie werden. Wenn es so weit kommt, wird das Imperium in hundert einzelne Königreiche zerfallen. Keiner von uns will das. Ein Nachfolger muss gewählt werden – gewählt und benannt, so schwierig das auch sein mag.«
Den Blick immer noch aus dem Fenster gerichtet, bemerkte Grimrr: »Wer schwach ist, kann kein Rudel anführen.«
König Orrin lächelte abermals, aber sein Lächeln erreichte seine Augen nicht. »Und welche Rolle habt Ihr bei alledem vor, zu spielen, Arya, Lord Däthedr? Oder Ihr, König Orik? Oder Ihr, König Halbtatze? Wir sind dankbar für Eure Freundschaft und Eure Hilfe, aber das ist eine Frage, die Menschen entscheiden müssen, nicht Ihr. Wir regieren uns selbst und wir lassen nicht andere unsere Könige wählen.«
Nasuada rieb sich die vor der Brust verschränkten Arme und zu Eragons Überraschung sagte sie: »Ich stimme Euch zu. Das ist etwas, was wir allein entscheiden müssen.« Sie sah Arya und Däthedr an. »Sicher könnt Ihr das verstehen. Ihr würdet uns auch nicht gestatten, dabei mitzureden, wen Ihr zu Eurem neuen König oder Eurer neuen Königin ernennen sollt.« Sie sah Orik an. »Und auch die Clans hätten uns nicht gestattet, Euch als Hrothgars Nachfolger zu wählen.«
»Das stimmt«, erwiderte Orik. »Das hätten sie nicht getan.«
»Es ist natürlich an Euch, diese Entscheidung zu treffen«, erklärte Däthedr. »Wir würden uns nicht anmaßen, Euch vorzuschreiben, was Ihr tun oder nicht tun sollt. Aber haben wir uns als Eure Freunde und Verbündete nicht das Recht verdient, in einer so schwerwiegenden Angelegenheit unseren Rat anzubieten, zumal es uns alle betreffen wird? Was immer Ihr entscheidet, es wird weitreichende Folgen haben und Ihr tätet gut daran, Euch diese Folgen klarzumachen, bevor Ihr Eure Entscheidung trefft.«
Eragon war vollkommen klar, was diese Worte bedeuten sollten. Es war eine Drohung. Däthedr gab ihnen zu verstehen, dass es unangenehme Folgen haben würde, wenn sie eine Entscheidung trafen, die die Elfen missbilligten. Eragon widerstand der Versuchung, finster die Stirn zu runzeln. Die Haltung der Elfen war zu erwarten gewesen. Der Einsatz war hoch, und ein Fehler zu diesem Zeitpunkt würde zu jahrzehntelangen Problemen führen.
»Das … scheint mir vernünftig«, erwiderte Nasuada. Sie sah König Orrin an.
Orrin starrte in seinen Kelch, während er ihn langsam schwenkte und die Flüssigkeit darin kreisen ließ. »Und wie genau lautet Euer Rat, Lord Däthedr? Lasst es mich wissen. Ich bin überaus gespannt.«
Der Elf ließ sich Zeit mit der Antwort. In den warmen Strahlen der untergehenden Sonne schimmerte sein silbernes Haar wie ein schwacher Lichtkranz um seinen Kopf. »Wer immer die Krone tragen soll, muss die nötige Fähigkeit und Erfahrung haben, um von Beginn an erfolgreich zu herrschen. Es bleibt weder Zeit, jemanden in diese Aufgabe einzuführen, noch können wir uns die Fehler eines Anfängers leisten. Hinzu kommt, dass es jemand sein muss, der den moralischen Ansprüchen eines solch hohen Amtes gerecht wird. Er oder sie muss für die Krieger der Varden eine annehmbare Wahl sein und im besten Fall auch für die Bewohner des Imperiums. Und wenn möglich, sollte es jemand sein, den wir und eure anderen Verbündeten akzeptieren können.«
»Ihr grenzt unsere Wahl mit Euren Bedingungen stark ein«, bemerkte König Orrin.
»Sie entsprechen lediglich den Grundsätzen guter staatsmännischer Führung. Oder seht Ihr das anders?«
»Ich sehe da mehrere Möglichkeiten, die Ihr übersehen oder einfach außer Acht gelassen habt, vielleicht weil Ihr ihnen abgeneigt seid. Aber wie dem auch sei, fahrt fort.«
Däthedrs Augen wurden zu schmalen Schlitzen, aber seine Stimme blieb so ruhig wie zuvor. »Am nächstliegenden scheint es mir – und die Bevölkerung des Imperiums wird wahrscheinlich genau das erwarten –, sich für den zu entscheiden, der Galbatorix getötet hat. Das heißt, für Eragon.«
Die Atmosphäre im Raum war zum Zerreißen gespannt.
Alle sahen zu Eragon, selbst
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