Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
»Also schön«, sagte er mit leiser Stimme. »Solange Ihr die Bedingungen unserer Abmachung erfüllt, werde ich Euch Galbatorix’ Thron nicht streitig machen … Majestät.«
Ein Schauder überlief Eragon, als er Orrin diese Worte sprechen hörte.
Mit ernster Miene trat Nasuada vor, bis sie in der Mitte des Raums stand. Dann schlug Orik mit dem Knauf von Volunds Stiel auf den Boden und verkündete: »Der König ist tot, lang lebe die Königin!«
»Der König ist tot, lang lebe die Königin!«, riefen Eragon, Arya, Däthedr und Grimrr. Die Werkatze zog die Lippen auseinander und fletschte ihre scharfen Zähne. Saphira stieß einen lauten, triumphierenden Ruf aus, der wie ein Hornsignal klang und weit über die im Dämmerlicht versinkende Stadt schallte. Auch von den Eldunarí ging Zustimmung aus.
Nasuada stand hoch aufgerichtet und stolz im schwindenden Licht und Tränen glänzten in ihren Augen. »Ich danke Euch«, sagte sie und sah einen jeden von ihnen fest an. Trotzdem schien sie mit den Gedanken woanders zu sein. Eine Traurigkeit ging von ihr aus, von der Eragon bezweifelte, dass die anderen sie bemerkten.
Und während sich die Nacht über das Land senkte, strahlte hoch über der Stadt die Spitze des Turms in einsamem Licht.
EINE PASSENDE GRABINSCHRIFT
N
ach ihrem Sieg in Urû’baen verstrichen die Monate für Eragon gleichzeitig schnell und langsam. Schnell, weil es für ihn und Saphira so viel zu tun gab und selten ein Tag verging, an dem sie bei Sonnenuntergang nicht erschöpft waren. Langsam, weil er nach wie vor kein wirkliches Ziel vor Augen hatte – trotz der vielen Aufgaben, die Königin Nasuada ihnen zuteilte. Es kam ihm vor, als trieben sie müßig auf dem Wasser dahin und warteten, dass etwas, irgendetwas, sie in die Hauptströmung zurückstieß.
Er und Saphira blieben nach Nasuadas Wahl zur Königin noch weitere vier Tage in Urû’baen und halfen den Varden, sich in der Stadt und im Umland einen festen Stand zu verschaffen. Zum einen befassten sie sich mit den Bewohnern der Stadt und beschwichtigten sie, wenn sie sich über irgendeine Tat der Varden ereiferten, zum anderen machten sie Jagd auf versprengte Trupps von Soldaten, die aus Urû’baen geflohen waren und im Umland marodierten, wo sie Reisende, Bauern und kleinere Güter ausraubten, um sich selbst zu ernähren. Er und Saphira beteiligten sich außerdem daran, das gewaltige Haupttor der Stadt wiederaufzubauen. Daneben wirkte er auf Nasuadas Bitte hin mehrere Zauber, die alle dem toten König noch immer ergebenen Diener daran hindern sollten, gegen Nasuada zu arbeiten. Die Zauber beschränkten sich auf die Stadt und das unmittelbare Umland, aber dennoch fühlten sich die Varden dadurch sehr viel sicherer.
Eragon bemerkte, dass die Varden, die Zwerge und selbst die Elfen ihn und Saphira anders behandelten als vor Galbatorix’ Tod. Sie begegneten ihnen mit mehr Respekt, insbesondere die Menschen, und sie betrachteten ihn und Saphira mit einer gewissen Scheu. Zuerst genoss er das Gefühl – während es Saphira vollkommen gleichgültig zu sein schien. Aber es begann ihn zu stören, als er merkte, dass viele Zwerge und Menschen – nur um ihm zu gefallen – immer das sagten, was er ihrer Meinung nach hören wollte, und nicht, was sie wirklich dachten. Das verunsicherte ihn und er konnte niemandem mehr trauen außer Roran, Arya, Nasuada, Orik, Horst und natürlich Saphira.
Arya sah er während jener Tage nur selten. Bei ihren wenigen Begegnungen wirkte sie in sich gekehrt, was ihre Art war, mit der Trauer fertig zu werden, wie er begriff. Sie hatten nie Gelegenheit, unter vier Augen miteinander zu reden, und er hatte ihr nur kurz und unbeholfen sein Mitgefühl ausdrücken können. Er hatte zwar den Eindruck, dass sie ihm für seine Worte dankbar war, aber das ließ sich schwer sagen.
Was Nasuada betraf, so schien sie viel von ihrem früheren Elan, ihrem Kampfgeist und ihrer Energie zurückgewonnen zu haben, nachdem sie nur eine einzige Nacht geschlafen hatte. Eragon bewunderte sie dafür. Sie stieg noch beträchtlich in seiner Achtung, als er ihren Bericht über ihr Martyrium in der Halle der Wahrsagerin hörte. Ebenso wie Murtagh in seiner Achtung stieg, den Nasuada danach mit keinem Wort mehr erwähnte. Sie beglückwünschte Eragon dazu, wie er die Varden während ihrer Abwesenheit geführt hatte – obwohl er beteuerte, dass er die meiste Zeit über gar nicht im Lager gewesen war. Und sie dankte ihm dafür, dass er sie so
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