Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
getragen hatte, aber trotzdem unverkennbar. Der Winkel von Broms Wangenknochen, die Falte zwischen seinen Augenbrauen, die Wölbung seiner Oberlippe; all diese Dinge erkannte Eragon wieder. Broms Hakennase hatte er jedoch nicht geerbt. Die Nase hatte er von seiner Mutter.
Eragon sah Brom an und atmete schwer, während seine Augen wieder feucht wurden. »Es ist erledigt«, sagte er leise. »Ich habe es geschafft … Wir haben es geschafft. Galbatorix ist tot, Nasuada sitzt auf dem Thron und Saphira und ich sind beide unversehrt. Das würde dich freuen, nicht wahr, alter Fuchs?« Er lachte kurz auf und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Noch dazu gibt es auf Vroengard Dracheneier. Eier! Die Drachen werden nicht aussterben. Und Saphira und ich werden sie großziehen. Das hast du nicht vorhergesehen, was?« Er lachte wieder und war gleichzeitig albern und traurig gestimmt. »Ich frage mich, was du von all dem halten würdest. Du bist derselbe wie eh und je, aber wir sind es nicht. Würdest du uns überhaupt erkennen?«
Natürlich würde er das, sagte Saphira. Du bist sein Sohn. Sie berührte ihn mit der Schnauze. Außerdem hat sich dein Gesicht nicht so sehr verändert, dass er dich für jemand anderen halten würde, auch wenn dein Geruch sich verändert hat.
»Ach ja?«
Du riechst jetzt mehr wie ein Elf … Jedenfalls würde er mich wohl kaum für Shruikan oder Glaedr halten, was?
»Nein.«
Eragon schniefte und stieß sich von dem Grab ab. Brom sah so lebensecht aus in dem Diamanten und sein Anblick brachte ihn auf eine Idee: eine verrückte, fast unmögliche Idee, die er beinah verworfen hätte. Aber sie weckte zu viele Gefühle in ihm, als dass er sie hätte ignorieren können. Er dachte an Umaroth und die Eldunarí, an all ihr gesammeltes Wissen und daran, was sie mit seinem Zauber in Urû’baen zuwege gebracht hatten – und ein Funke verzweifelter Hoffnung entzündete sich in seinem Herzen.
Sowohl an Saphira als auch an Umaroth gewandt, begann er zu sprechen: Brom war gerade erst gestorben, als wir ihn begraben haben. Saphira hat den Stein erst am folgenden Tag in einen Diamanten verwandelt, aber er lag schon die ganze Nacht ohne Luft in dem Steingrab. Umaroth, mit Eurer Stärke und Eurem Wissen, vielleicht … vielleicht könnten wir ihn immer noch heilen. Eragon zitterte, als litte er an einem Fieber. Damals wusste ich nicht, wie ich seine Wunde hätte heilen sollen, aber jetzt – jetzt denke ich, ich könnte es.
Es wäre schwieriger, als du es dir vorstellst, gab Umaroth zu bedenken.
Ja, aber Ihr könntet es tun!, entgegnete Eragon. Ich habe erlebt, wie Ihr und Saphira mit Magie erstaunliche Dinge zuwege gebracht habt. Sicher ist es nichts, was Eure Kräfte übersteigt!
Du weißt, dass wir Magie nicht auf Kommando benutzen können, sagte Saphira.
Und selbst wenn wir Erfolg hätten, bemerkte Umaroth, könnte es immer noch sein, dass wir nicht in der Lage wären, Broms Geist so wiederherzustellen, wie er war. Der Geist ist etwas Kompliziertes und es könnte leicht passieren, dass Brom am Ende einen wirren Verstand oder eine andere Persönlichkeit hätte. Und was dann? Würdest du wollen, dass er so lebt? Würde er es wollen? Nein, es ist das Beste, ihn ruhen zu lassen, Eragon, und ihn mit deinen Gedanken und Taten zu ehren, wie du es bisher getan hast. Du wünschtest, es wäre anders. Das Gleiche wünschen sich alle, die jemanden verloren haben, der ihnen etwas bedeutet hat. Aber so ist der Lauf der Dinge. Brom lebt in deinen Erinnerungen, und wenn er der Mann war, den du uns dort gezeigt hast, wäre er damit zufrieden. Sei du ebenfalls damit zufrieden.
Aber …
Es war nicht Umaroth, der ihn unterbrach, sondern Valdr, der älteste der Eldunarí. Er überraschte Eragon, indem er nicht in Bildern oder Gefühlen sprach, sondern in Worten der alten Sprache – angestrengt, als sei ein jedes fremd für ihn. Und er sagte: Überlass die Toten der Erde. Sie sind nicht für uns bestimmt. Dann sprach er nicht weiter, aber Eragon spürte, dass große Traurigkeit und großes Mitgefühl von ihm ausgingen.
Eragon stieß einen langen Seufzer aus und schloss für einen Moment die Augen. Dann ließ er seine törichte Hoffnung fahren und akzeptierte einmal mehr die Tatsache, dass Brom nicht mehr da war.
»Weißt du«, sagte er zu Saphira. »Ich habe nicht gedacht, dass es so schwierig sein würde.«
Es wäre eigenartig, wenn es das nicht wäre. Er spürte, wie ihr warmer Atem das Haar auf seinem
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