Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
den alten Kummer ruhen lassen?«
Soll ich sie auffressen?, fragte Saphira.
Noch nicht.
Birgit ignorierte ihn und hielt den Blick starr auf Roran gerichtet.
»Mutter«, sagte Nolfavrell und zupfte an ihren Röcken, aber sie hörte nicht auf ihn.
Nasuada trat zu ihnen. »Ich kenne dich«, sagte sie zu Birgit. »Du hast während des Krieges zusammen mit den Männern gekämpft.«
»Ja, Euer Majestät.«
»Was für einen Streit hast du mit Roran? Er hat sich bei mehr als einer Gelegenheit als ein großartiger und wertvoller Krieger erwiesen, und ich wäre sehr verstimmt, wenn ich ihn verlieren müsste.«
»Er und seine Familie waren dafür verantwortlich, dass die Soldaten meinen Mann getötet haben.« Sie sah Nasuada einen Moment lang an. »Die Ra’zac haben ihn gefressen, Majestät. Sie haben ihn gefressen und sie haben das Mark aus seinen Knochen gesogen. Das kann ich nicht vergeben und dafür wird Roran bezahlen.«
»Es war nicht Rorans Schuld«, wandte Nasuada ein. »Es ist unangemessen und ich verbiete es.«
»Doch, es ist angemessen«, widersprach Eragon, auch wenn er es ungern tat. »Unserer Sitte nach hat sie das Recht, einen Blutzoll von jedem zu verlangen, der für Quimbys Tod verantwortlich ist.«
»Aber es war nicht Rorans Schuld!«, rief Katrina aus.
»Doch, das war es«, sagte Roran mit leiser Stimme. »Ich hätte mich den Soldaten ausliefern können. Ich hätte sie fortlocken können. Oder ich hätte angreifen können. Aber all das habe ich nicht getan. Ich habe mich dafür entschieden, mich zu verstecken, und deshalb ist Quimby gestorben.« Er sah Nasuada an. »Diese Angelegenheit müssen wir unter uns ausmachen, Majestät. Es ist eine Frage der Ehre, so wie die Probe der Langen Messer es für Euch war.«
Nasuada runzelte die Stirn und sah zu Eragon hinüber. Er nickte, woraufhin sie widerstrebend zurücktrat.
»Was bietest du mir an, Hammerfaust?«, fragte Birgit.
»Eragon und ich haben die Ra’zac im Helgrind getötet«, antwortete Roran. »Ist das nicht genug?«
Birgit schüttelte den Kopf. Ihre Entschlossenheit geriet keinen Moment ins Wanken. »Nein.«
Roran stand vor ihr und die Muskeln in seinem Hals spannten sich. »Willst du das wirklich, Birgit?«
»Ja.«
»Dann werde ich meine Schuld begleichen.«
Während Roran sprach, begann Katrina zu wimmern und warf sich zwischen ihn und Birgit, ihre Tochter noch immer in den Armen. »Das lasse ich nicht zu! Du kannst ihn nicht haben! Nicht jetzt! Nicht nach allem, was wir durchgemacht haben!«
Birgits Blick blieb versteinert und sie machte keine Anstalten, nachzugeben. Genauso wenig zeigte Roran eine Regung, als er Katrina an der Taille fasste und sie ohne sichtbare Anstrengung zur Seite hob. »Halte sie fest, ja?«, bat er Eragon kühl.
»Roran …«
Sein Cousin warf ihm einen leeren Blick zu, dann drehte er sich wieder zu Birgit um.
Eragon fasste Katrina an den Schultern, um sie daran zu hindern, sich vor Roran zu werfen, und wechselte einen hilflosen Blick mit Arya. Sie schaute vielsagend auf ihr Schwert, doch er schüttelte den Kopf.
»Lass mich los! Lass los!«, schrie Katrina. In ihren Armen begann das Baby zu weinen.
Ohne den Blick auch nur einen Moment von Birgit abzuwenden, löste Roran seinen Gürtel und ließ ihn zu Boden fallen, zusammen mit seinem Dolch und seinem Hammer, den einer der Varden kurz nach Galbatorix’ Tod in den Straßen von Ilirea gefunden hatte. Dann öffnete Roran sein Wams und entblößte seine behaarte Brust.
»Eragon, entferne meine Schutzzauber«, verlangte er.
»Ich …«
»Entferne sie!«
»Roran, nein!«, schrie Katrina. »Verteidige dich.«
Er ist wahnsinnig, dachte Eragon, aber er wagte es nicht, sich einzumischen. Wenn er Birgit aufhielt, würde er Schande über Roran bringen und die Bewohner des Palancar-Tals würden jeden Respekt vor seinem Cousin verlieren. Und Roran würde lieber sterben, als das zuzulassen, das wusste Eragon.
Trotzdem hatte Eragon nicht vor, einfach zuzusehen, wie Birgit Roran tötete. Sie sollte ihren Preis haben, aber nicht mehr. Während er leise in der alten Sprache sprach – damit niemand die Worte hören konnte, die er benutzte –, tat er, worum Roran ihn gebeten hatte. Aber er belegte seinen Cousin auch mit drei neuen Zaubern: einen, um zu verhindern, dass das Rückgrat in seinem Hals durchtrennt wurde; einen, um zu verhindern, dass sein Schädel gebrochen wurde; und einen, um seine Organe zu schützen. Von allem anderen war Eragon zuversichtlich,
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