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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Unfall nachgestellt hat, bei dem er so schwer verletzt wurde. Karen Mortensen, eine Sachbearbeiterin in Stevns, hat so etwas kurz vor dem Verschwinden von Merete Lynggaard beobachtet. Wussten Sie das?«
    Der Heimleiter nickte langsam und aß weiter. Carl sah auf den Teller. Offenbar sollten erst die letzten Bissen geschluckt werden, ehe der unbestrittene König von Egely sich dazu herabließ, sich einem aus dem Volk zuzuwenden.
    »Steht das auch in Uffes Krankenakte ?« Carl ließ nicht locker.
    Wieder nickte der Heimleiter und kaute langsam weiter. »Ist das seither wieder vorgekommen?«
    Hier zuckte er die Achseln.
    »Vorgekommen oder nicht vorgekommen?« Da schüttelte er den Kopf.
    »Ich möchte heute gern allein mit Uffe reden. Nur zehn oder fünfzehn Minuten. Lässt sich das einrichten?«
    Darauf kam keine Antwort.
    Also wartete Carl, bis der Heimleiter fertig war, sich mit der Stoffserviette den Mund und mit der Zunge die Zähne abgewischt hatte. Noch ein Schluck Eiswasser, dann richtete sich der Blick auf sein Gegenüber.
    »Nein, Sie können nicht mit Uffe allein sein«, lautete die Antwort.
    »Darf man fragen, aus welchem Grund?«
    Er sah Carl herablassend an. »Ist Ihre Profession nicht ziemlich weit von der unseren entfernt?« Er wartete Carls Antwort gar nicht ab. »Wir können nicht riskieren, dass Sie Uffe Lynggaard in der Entwicklung zurücksetzen, deshalb.«
    »Gibt es denn eine Entwicklung? Das ist mir neu.«
    Er merkte, wie ein Schatten über den Tisch fiel, und drehte sich zur Oberschwester um, die ihm freundlich zunickte und auf der Stelle Erinnerungen an eine bessere Behandlung weckte, als sie der Heimleiter zu geben vermochte.
    Sie sah ihren Chef selbstbewusst an. »Ich werde mich darum kümmern. Uffe und ich sollten jetzt sowieso einen Spaziergang machen. Herr Mørck kann uns begleiten.«
    Er ging zum ersten Mal neben Uffe Lynggaard und staunte, wie groß Uffe war. Lange schlaksige Gliedmaßen und eine Körperhaltung, die zeigte, dass er meist an einem Tisch saß.
    Die Oberschwester hatte ihn an der Hand gefasst, aber das war anscheinend nichts für ihn. Als sie bis zum Dickicht am Fjord gekommen waren, ließ er ihre Hand los und setzte sich. »Er schaut gern den Kormoranen zu, nicht wahr, Uffe?«, sagte sie und deutete hinüber zu der Kolonie der Vögel, die auf halb abgestorbenen, zugeschissenen Bäumen hockten.
    »Ich habe etwas mitgebracht, das ich Uffe gern zeigen würde«, sagte Carl.
    Uffe blickte hellwach die vier Playmobil-Figuren und das dazugehörige Auto an, die Carl aus einer Plastiktüte holte. Die Schwester war wachsweich, das hatte er schon beim ersten Mal gespürt, wenn auch vielleicht nicht ganz so kooperativ, wie er gehofft hatte.
    Sie legte die Hand auf das Krankenschwesterabzeichen, vermutlich um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen. »Ich kenne die Episode, die Karen Mortensen beschrieben hat. Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, das zu wiederholen.«
    »Warum?«
    »Sie wollen versuchen, den Unfall wiederzugeben, während er dabei zuschaut, nicht wahr? Sie hoffen, dass dadurch etwas in ihm erwacht?«
    »Ja.«
    Sie nickte. »Das dachte ich mir. Aber ganz ehrlich, ich weiß nicht recht.« Sie machte Anstalten aufzustehen, zögerte aber.
    Carl legte Uffe vorsichtig eine Hand auf die Schulter und hockte sich neben ihn. Uffes Augen glänzten selig im Widerschein der Wellen, und Carl konnte ihn verstehen. Wer wollte nicht gern in so einen schönen Frühlingstag verschwinden, klar und blau wie die Tage nur im März sein können.
    Dann stellte er das Playmobil-Auto vor Uffe ins Gras, nahm eine Figur nach der anderen und platzierte sie auf den Sitzen. Vater und Mutter nach vorn, Tochter und Sohn auf den Rücksitz.
    Die Krankenschwester folgte jeder seiner Bewegungen. Vielleicht musste er an einem anderen Tag wiederkommen und das Experiment wiederholen. Aber dieses Mal wollte er sie zumindest davon überzeugen, dass er ihr Vertrauen nicht missbrauchen würde. Dass er sie als Verbündete betrachtete.
    »Brrrrumm«, sagte er vorsichtig und ließ das Auto im Gras vor Uffe vor und zurück fahren. Carl lächelte Uffe zu und strich die Abdrücke vom Auto im Gras glatt. Das schien Uffe am meisten zu interessieren. Das flachgedrückte Gras, das sich wieder aufrichtete.
    »Jetzt fahren wir los, Uffe, mit Merete und Vater und Mutter. Oh, schau mal, da sind wir alle zusammen. Schau, da fahren wir durch den Wald. Schau nur, wie schön!«
    Er richtete seinen Blick auf die

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