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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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und entgegenkommend. Carl bedankte sich, dass sie Assad neulich so freundlich empfangen hatte. Dann fragte er, ob sie wohl in der Lage sei, via E-Mail einige Fotos anzuschauen, die er eingescannt hatte.
    »Jetzt gleich?«, fragte sie und erklärte ihm im nächsten Atemzug, warum das nicht so gut passte. »Ich habe gerade Pizza mit nach Hause gebracht. Ole hat sie am liebsten mit Salat, und wenn das Grünzeug erst im Käse versinkt, ist das nicht mehr so lecker.«
    Nach zwanzig Minuten rief sie zurück. Sie klang, als habe sie den letzten Bissen noch nicht ganz hinuntergeschluckt. »Haben Sie meine E-Mail geöffnet?«
    »Ja«, bestätigte sie und sagte, sie sähe sich gerade die drei Fotos an.
    »Klicken Sie auf das erste. Was sehen Sie?«
    »Das ist dieser Daniel Hale, von dem mir Ihr Assistent vor ein paar Tagen ein Foto gezeigt hat. Den hatte ich vorher noch nie gesehen.«
    »Dann öffnen Sie das zweite. Wie steht es damit?«
    »Wer ist das?«
    »Ja, das frage ich Sie. Er heißt Dennis Knudsen. Haben Sie ihn schon mal gesehen? Vielleicht ein paar Jahre älter als auf diesem Foto.«
    Sie lachte. »Jedenfalls nicht mit dieser idiotischen Kappe. Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihn noch nie gesehen habe. Er erinnert mich an meinen Cousin Gorm, aber Gorm ist mindestens doppelt so dick.«
    Das lag wohl in der Familie.
    »Und was ist mit dem dritten? Der Mann, den Sie dort sehen, unterhält sich mit Merete, kurz bevor sie verschwand. Das Foto wurde in Christiansborg aufgenommen. Man sieht den Mann zwar nur von hinten, aber sagt Ihnen das etwas? Kleidung, Haare, Haltung, Größe, Figur, was auch immer?«
    Es entstand eine vielversprechende Pause.
    »Ich bin mir nicht sicher. Wie Sie schon sagten, man sieht ihn eben nur von hinten. Aber vielleicht kenne ich ihn. Was dachten Sie denn, wo ich ihn schon mal gesehen haben könnte?«
    »Na ja, das sollten eigentlich Sie mir sagen.«
    Nun komm schon, Helle, dachte er. So viele Möglichkeiten sollte es doch nicht geben.
    »Ich weiß schon, dass Sie an den Mann denken, der den Brief abgeliefert hat. Ich hab ihn ja nur sehr kurz gesehen, und da hatte er ganz andere Sachen an, deshalb ist es nicht so leicht. Aber vieles stimmt überein, ich bin mir nur einfach nicht sicher.«
    »Dann solltest du auch nichts sagen, Schatz«, war im Hintergrund zu hören. Carl fiel es schwer, nicht laut und vernehmlich zu seufzen.
    »Okay«, sagte Carl. »Ich habe noch ein letztes Foto, das ich Ihnen gern schicken würde.« Er klickte auf die Mailbox. »Es ist angekommen«, sagte sie zehn Sekunden später. »Also, dann sagen Sie mal, was Sie sehen.«
    »Ich sehe ein Foto von dem Mann, der auf Foto Nummer zwei auch drauf war. Dennis Knudsen, hieß er nicht so? Hier ist er noch ein Junge, aber diesen komischen Gesichtsausdruck würde man ja überall wiedererkennen. Was für witzige Wangen. Ich bin sicher, dass er als Junge Gokart fuhr. Das hat mein Cousin Gorm auch gemacht.«
    Damals wog er aber wohl noch keine fünfhundert Kilo, hätte Carl gern eingeflochten. »Sehen Sie sich doch mal den Jungen hinter Dennis Knudsen an. Sagt Ihnen das Gesicht etwas?« Am anderen Ende wurde es ganz still. Sogar der Herr Gemahl hielt den Mund. Carl wartete ab. Hieß es nicht, Geduld sei die Tugend der Ermittler?
    »Also, das ist jetzt echt unheimlich«, kam schließlich von Helle Andersen. Ihre Stimme war plötzlich ganz leise geworden. »Das ist er. Ich bin mir wirklich sehr sicher, dass er es ist.«
    »Sie meinen, das ist der Mann, der bei Meretes Haus den Brief übergeben hat?«
    »Ja.« Wieder folgte eine längere Pause, als müsste sie zu dem Bild des Jungen erst noch zwanzig Jahre addieren. »Ist er es, den Sie suchen? Glauben Sie, dass er etwas mit Meretes Verschwinden zu tun hat? Muss ich Angst vor ihm haben?« Sie klang aufrichtig besorgt. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte sie sicher auch allen Grund dazu gehabt.
    »Es ist fünf Jahre her, insofern haben Sie nichts zu befürchten, Helle. Seien Sie ganz beruhigt.« Er hörte, wie sie seufzte. »Sie glauben also, es handelt sich um ein und dieselbe Person. Sind Sie sich da ganz sicher?«
    »Das muss er sein. Ja, vollkommen sicher. Er hat so charakteristische Augen, sehen Sie das nicht? Puh, da wird es mir gleich ganz anders.«
    Das liegt wohl eher an der Pizza, dachte Carl. Er bedankte sich, legte auf und lehnte sich zurück.
    Sein Blick fiel auf eines der farbigen Pressefotos von Merete Lynggaard, das oben auf der Akte lag. Im Augenblick fühlte

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